Musik und SprachMusik von Cornelius Schwehr

"schlafen, träumen, singen"

Der Freiburger Komponist Cornelius Schwehr
Cornelius Schwehr ersinnt Sprachlandschaften © Elisabeth Pedross
Vorgestellt von Carolin Naujocks · 28.11.2019
Kaum ein Komponist avancierter neuer Musik ist so sehr mit der Tradition verbunden wie Cornelius Schwehr. Aus der liebevollen Umarmung dessen, was uns die Tradition überliefert hat, entsteht bei ihm etwas ganz und gar Neues.
Cornelius Schwehr legt sehr viel Wert auf Konstruktionsprinzipien, vielleicht als Reflex auf seine intensive Beschäftigung mit Sprache und Literatur.
Das tritt nicht nur in den Stücken zu Objekten der Prinzhornsammlung zu Tage, jener ebenso berühmten wie berührenden Sammlung künstlerischer Arbeiten, die Insassen psychiatrischer Anstalten geschaffen haben, sondern auch in seiner SprachMusik bzw. Sprache als Musik, an der der Freiburger Komponist seit etwa zehn, fünfzehn Jahren experimentiert.
Darin versucht er, das Wort – als Einheit von Laut und Bedeutung – beim Laut und den Laut beim Wort zu nehmen. "Es geht darum", so Schwehr, "Sprachlandschaften zu ersinnen, die mit Hilfe der Wörter und unter Beachtung ihres Bedeutungsaspektes an diesen vorbei und über sie hinauskommen".

Musikalische Perspektivwechsel

Immer überblendet der im südbadischen Forchheim ansässige Komponist die Auseinandersetzung mit der Literatur, den Vorlagen, Zitaten und Ideen mit seinem eigenen Verhältnis zur Tradition.

Im Gegensatz zu einer ästhetischen Auffassung, die auf traditionelle expressive Topoi setzt, erhalten musikalische Gestalten bei Cornelius Schwehr ihre Bedeutung erst im Hinblick auf ihre Funktionen und ihre Geschichte. Bezogen auf die Struktur der Stücke heißt das, es werden immer mindestens zwei Bedeutungsebenen miteinander verknüpft. Dazu entwirft der Komponist musikalische Situationen, die verschiedene Kontextualisierungen zulassen, wobei sich das musikalische Geschehen der jeweiligen Wahrnehmungsebene entsprechend anders darstellen kann.

Denn Musik ist bei Cornelius Schwehr – so hat es Matthias Entreß formuliert – "kein ästhetisches Produkt, keine Ausdrucksdienstleistung, sondern praktizierte kritische Ethik. Er lenkt das Interesse darauf, was unter den gegebenen oder den entworfenen Bedingungen einer Komposition das Mögliche, das Richtige und das Folgerichtige ist: Die Musik kommt zu sich selber".

schlafen, träumen, singen (2001)
für fünf Stimmen nach Versen von Joseph von Eichendorff

dort, draußen (2011)
Sprachmusik

Wer ihnen ihres nicht tanzt, spottet der verabredeten Bewegung (1993)
für Streichtrio

ohne Ufer, eine Einladung (2005)
für acht Stimmen und Akkordeon

Schola Heidelberg
Leitung: Walter Nußbaum
Cornelius Schwehr, Stimme
trio recherche
Shizuyo Oka, Klarinette
Sven Thomas Kiebler, Klavier

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