Musik seit 1990

Verlorene Stimmen und Klänge

06:55 Minuten
Semperoper in Dresden
Die Semperoper in Dresden: Im Osten wird westdeutsche Musik gespielt, andersrum passiert das eher selten. © imago images / Science Photo Library
Jakob Auenmüller im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 01.10.2020
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30 Jahre ist die Wiedervereinigung jetzt her. In westdeutschen Konzerthäusern ist immer noch kaum Musik aus dem Osten des Landes zu hören. Wie lässt sich das ändern?
Am 3. Oktober 1990 wurde der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland offiziell wirksam. Am Samstag feiern wir deshalb 30 Jahre Deutsche Einheit.

Es fehlen bundesweite Netzwerke

Doch ist es wirklich eine Einheit oder ist auch viel verloren gegangen? Mit der musikalischen Seite dieser Frage befasst sich der Musikwissenschaftler Jakob Auenmüller in seinem Buch "Getrennt vereint – Stimmen und Klänge der Nachwendezeit".
Er ist der Meinung, dass sich die kulturelle Identität Ostdeutschlands erst nach 1990 aufgebaut habe und dass diese Identität keine politische Repräsentation findet, da es das Konstrukt Ostdeutschland politisch ja überhaupt nicht gebe.
Dies führe zu einer nachweisbaren Unterrepräsentation ostdeutscher Musik in der Bundesrepublik. Diese werde zwar in den Spielplänen der neuen Bundesländer berücksichtigt, fände im Westen aber deutlich weniger statt. Diese Diskrepanz begründet Auenmüller so:
"Ich denke, dass in vielen Bereichen Kenntnisse fehlen. Dass das Repertoire bei denjenigen, die zum Beispiel Spielpläne gestalten, gar nicht wirklich bekannt ist, oder sich zumindest aus meiner Sicht zu wenig auseinandergesetzt wird. Und das liegt natürlich auch daran, dass beispielsweise ostdeutsche Komponisten und Künstler nicht auf gesamtdeutsche Netzwerke zurückgreifen können. Weil da natürlich nach 1990 unheimlich viel an Anlaufstellen und Bekanntheit weggebrochen ist."

Einfach drüber reden

Auenmüller hat eine Idee, wie man diese Unterrepräsentation lösen könnte:
"Wir könnten die Musik einfach gegenüberstellen, indem wir beispielsweise in Spielplänen Musik aus Ost- und Westdeutschland – auch gern etwas akzentuiert und eben mit genau einer Nennung dieses Hintergrunds – einfach einmal parallel betrachten und dort reinhören. So könnte man auf sehr unvoreingenommene Weise ins Gespräch kommen und sich austauschen.
(hte)
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