Musik aus dem Fußballerherzen
Ihren ersten großen Erfolg hatten der Rapper Marabuh MC und sein Kollege Harmzinho zur Fußball-Europameisterschaft vor zwei Jahren. Jetzt haben sie einen neuen Fußballsong geschrieben – und der Bundestrainer ist Namenspate.
„An alle Gäste: Herzlich willkommen zum Fest der Feste. 32 Teams, doch gewinnen wird der Beste. Deutschland! Ich denke gern zurück an Rom. Back to the roots: Die Rückkehr auf den Thron.“
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Ein Land im Ausnahmezustand. Der WM-Titel der deutschen Nationalmannschaft bleibt zwar aus, aber für Marabuh MC und sein Musikprojekt Kunstrasen ist es der Einstieg in den Fußballrap.
„Wir sind Fußballfans, und wir sind Rapfans, und das ist halt die Verbindung, die letzten Endes dafür gesorgt hat, dass wir Fußballrap schreiben. Das ist auch nichts Konstruiertes, sondern das kommt direkt aus unserem Fußballerherzen, was wir da texten, oder überhaupt aus unserem Herzen heraus.“
Zwei Jahre später, zur Fußball-Europameisterschaft, starten sie einen neuen Anlauf:
„Jo, hier ist Harmzinho. Jo, hier ist Marabuh. Von Kunstrasen. Wir sind bereit für das Sommermärchen 2008.“
Während die Nationalmannschaft den Titelgewinn im Finale knapp verpasst, erobert Kunstrasen die Top 100 der deutschen Musikcharts. Verantwortlich für den unerwarteten Erfolg ist Jürgen Klinsmann persönlich. In einer SMS soll er den Song an Bundestrainer Joachim Löw geschickt haben. Der gibt ihn weiter an die Mannschaft – und von hier aus macht er die Runde.
„Das war so ein kleines Sommermärchen für uns. Wir waren damals Studenten, und ich meine, solche Bands wie Shaggy oder Grönemeyer, die kennen die Leute ja. Und wir haben da, irgendwie ähnlich wie Griechenland bei der EM 2004, die Außenseiterposition gehabt und haben die halt volle Kanne genutzt.“
Der erste große Zeitungsartikel steht eingerahmt neben dem Bett von Marabuh MC. Der Künstlername, den er sich als Rapper gegeben hat, ist eine Abwandlung seines bürgerlichen Namens: Lutz Harbaum. Das Studium hat er mittlerweile beendet, aber seine Lebensweise hat sich kaum verändert.
Er lebt in einem kleinen WG-Zimmer mitten in Kölns Szene-Viertel. Nur die braunen Haare, die am Ansatz langsam lichter werden, verraten, dass er auf die 30 zugeht. Manchmal denkt er darüber nach, sich eine eigene Wohnung zu suchen, aber im Moment ist der angehende Journalist beruflich zu viel unterwegs. Musik macht er in seiner Freizeit. Wobei er die Bezeichnung Hobby gerne vermeidet.
„Hobby klingt immer so ein bisschen nach Hobbykeller, und in Hobbykellern tüfteln immer so komische Professoren mit so langen Bärten rum. Also es ist schon mehr als ein Hobby. Man kann ja schon gucken, dass man sein Hobby ein bisschen professionalisiert. Da sind wir auch gerade dabei. Es ist also schon ein Hobby 2.0.“
Harmzinho, die andere Hälfte von Kunstrasen, kennt er noch aus Osnabrück, wo die beiden aufgewachsen sind. Die lila-weiße Fahne ihres Heimatvereins VfL Osnabrück schmückt die Wand neben Marabuhs Schreibtisch. Er hat selber lange Fußball gespielt, als Libero. Wie zum Beweis holt er ein altes Kinderfoto raus, auf dem er im Fußballtrikot in die Kamera lächelt. Keine Frage, was sein Traumberuf war:
„Ich wollte einfach Fußballer werden, weil Fußballer muss doch einfach geil sein. Da musst du hin, dachte ich früher mal. Aber in der Schule, da wird einem das dann immer ausgeredet. Jedem, dem man erzählt hat, dass man Fußballer werden wollte, der hat gesagt, ey was, ist doch Quatsch. Also von den Erwachsenen. Eigentlich wollte man dann immer nur noch mehr Fußballer werden.“
Woran die Karriere gescheitert ist? Wahrscheinlich an dem fehlenden Talent, gibt er nach einigem Nachdenken zu. Seit Kurzem kann er wegen einer Knieverletzung und trotz mehrerer Operationen, gar keinen Sport mehr machen. Seitdem sucht er den körperlichen Ausgleich in der Musik.
Mit Musik ist Marabuh MC aufgewachsen. Die Eltern sind beide Musiker: der Vater Dirigent. Die Mutter Geigenspielerin. Zehn Jahre lang hat der Rapper einmal die Woche Geigenunterricht gehabt, bis er sich irgendwann zu cool für das Instrument fand.
„Weil Geige ist ja auch so ein furchtbar unmännliches Instrument.“
Stattdessen hat er angefangen, als Marabuh MC zu rappen. Zuerst aus Protest gegen seine Eltern, die er lange Zeit an seiner neuen Musik nicht teilhaben lassen wollte. Rap war seine eigene Interpretation von pubertärer Opposition. Aber die Zeiten, in denen er sich mit anderen Rappern in spontanen Reimen gemessen hat, gebattlet, wie das in der Hip-Hop-Szene heißt, sind vorbei.
„Ich sehe mich jetzt weniger als Battle MC, als vielmehr als Rapper, der einfach was zu erzählen hat. Egal, ob das jetzt manchmal vielleicht aggressive Texte sind, oder manchmal auch harmonische Texte sein können. Ich erzähle einfach das, worauf ich Bock habe, und was ich denke, und das ist halt Fußball, und das ist Politik, und das sind halt lustige Geschichten.“
Im vergangenen Jahr hat der studierte Politikwissenschaftler, dessen Magisterarbeit über die Position Frankreichs zur deutschen Wiedervereinigung als Buch verlegt wurde, mit Kunstrasen einen Song zur Bundestagswahl gemacht. „Stimmenfunk“ heißt der Song, in dem sie versuchen, Leute, vor allem Erstwähler, dazu zu bringen, sich an der Wahl zu beteiligen.
Darin, mit seinem Hauptinstrument, seiner Stimme, Aufmerksamkeit zu wecken, sieht er seine Verantwortung als Rapper:
„Das ist ja auch das Ziel, dass du über den Katalysator Rapmusik Leute erreichst, Leute für etwas interessierst, das sie vielleicht vorher nicht so gefesselt hat. Wenn Leute sich nicht für Fußball interessieren, dann ist das noch verkraftbar, wenn Leute sich aber nicht für Politik interessieren, dann ist das ein schwerwiegendes gesellschaftliches Problem.“
Eine befreundete Lehrerin hat den Song im Unterricht gezeigt, und die Jugendlichen waren beeindruckt. Aber bis zur nächsten Bundestagswahl ist noch ein bisschen Zeit, und jetzt ist erstmal die Fußball-Weltmeisterschaft. Den passenden Song haben sie gerade zusammen mit der Hamburger Rockband Don Jonson aufgenommen. „Löw Parade“ ist der Name der Hymne. Ob es damit mit dem Titelgewinn klappt?
„Ich bin Riesen-Fußballfan. Ich hoffe, dass Deutschland den verdammten Titel holt, und ich bin ganz optimistisch.“
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Ein Land im Ausnahmezustand. Der WM-Titel der deutschen Nationalmannschaft bleibt zwar aus, aber für Marabuh MC und sein Musikprojekt Kunstrasen ist es der Einstieg in den Fußballrap.
„Wir sind Fußballfans, und wir sind Rapfans, und das ist halt die Verbindung, die letzten Endes dafür gesorgt hat, dass wir Fußballrap schreiben. Das ist auch nichts Konstruiertes, sondern das kommt direkt aus unserem Fußballerherzen, was wir da texten, oder überhaupt aus unserem Herzen heraus.“
Zwei Jahre später, zur Fußball-Europameisterschaft, starten sie einen neuen Anlauf:
„Jo, hier ist Harmzinho. Jo, hier ist Marabuh. Von Kunstrasen. Wir sind bereit für das Sommermärchen 2008.“
Während die Nationalmannschaft den Titelgewinn im Finale knapp verpasst, erobert Kunstrasen die Top 100 der deutschen Musikcharts. Verantwortlich für den unerwarteten Erfolg ist Jürgen Klinsmann persönlich. In einer SMS soll er den Song an Bundestrainer Joachim Löw geschickt haben. Der gibt ihn weiter an die Mannschaft – und von hier aus macht er die Runde.
„Das war so ein kleines Sommermärchen für uns. Wir waren damals Studenten, und ich meine, solche Bands wie Shaggy oder Grönemeyer, die kennen die Leute ja. Und wir haben da, irgendwie ähnlich wie Griechenland bei der EM 2004, die Außenseiterposition gehabt und haben die halt volle Kanne genutzt.“
Der erste große Zeitungsartikel steht eingerahmt neben dem Bett von Marabuh MC. Der Künstlername, den er sich als Rapper gegeben hat, ist eine Abwandlung seines bürgerlichen Namens: Lutz Harbaum. Das Studium hat er mittlerweile beendet, aber seine Lebensweise hat sich kaum verändert.
Er lebt in einem kleinen WG-Zimmer mitten in Kölns Szene-Viertel. Nur die braunen Haare, die am Ansatz langsam lichter werden, verraten, dass er auf die 30 zugeht. Manchmal denkt er darüber nach, sich eine eigene Wohnung zu suchen, aber im Moment ist der angehende Journalist beruflich zu viel unterwegs. Musik macht er in seiner Freizeit. Wobei er die Bezeichnung Hobby gerne vermeidet.
„Hobby klingt immer so ein bisschen nach Hobbykeller, und in Hobbykellern tüfteln immer so komische Professoren mit so langen Bärten rum. Also es ist schon mehr als ein Hobby. Man kann ja schon gucken, dass man sein Hobby ein bisschen professionalisiert. Da sind wir auch gerade dabei. Es ist also schon ein Hobby 2.0.“
Harmzinho, die andere Hälfte von Kunstrasen, kennt er noch aus Osnabrück, wo die beiden aufgewachsen sind. Die lila-weiße Fahne ihres Heimatvereins VfL Osnabrück schmückt die Wand neben Marabuhs Schreibtisch. Er hat selber lange Fußball gespielt, als Libero. Wie zum Beweis holt er ein altes Kinderfoto raus, auf dem er im Fußballtrikot in die Kamera lächelt. Keine Frage, was sein Traumberuf war:
„Ich wollte einfach Fußballer werden, weil Fußballer muss doch einfach geil sein. Da musst du hin, dachte ich früher mal. Aber in der Schule, da wird einem das dann immer ausgeredet. Jedem, dem man erzählt hat, dass man Fußballer werden wollte, der hat gesagt, ey was, ist doch Quatsch. Also von den Erwachsenen. Eigentlich wollte man dann immer nur noch mehr Fußballer werden.“
Woran die Karriere gescheitert ist? Wahrscheinlich an dem fehlenden Talent, gibt er nach einigem Nachdenken zu. Seit Kurzem kann er wegen einer Knieverletzung und trotz mehrerer Operationen, gar keinen Sport mehr machen. Seitdem sucht er den körperlichen Ausgleich in der Musik.
Mit Musik ist Marabuh MC aufgewachsen. Die Eltern sind beide Musiker: der Vater Dirigent. Die Mutter Geigenspielerin. Zehn Jahre lang hat der Rapper einmal die Woche Geigenunterricht gehabt, bis er sich irgendwann zu cool für das Instrument fand.
„Weil Geige ist ja auch so ein furchtbar unmännliches Instrument.“
Stattdessen hat er angefangen, als Marabuh MC zu rappen. Zuerst aus Protest gegen seine Eltern, die er lange Zeit an seiner neuen Musik nicht teilhaben lassen wollte. Rap war seine eigene Interpretation von pubertärer Opposition. Aber die Zeiten, in denen er sich mit anderen Rappern in spontanen Reimen gemessen hat, gebattlet, wie das in der Hip-Hop-Szene heißt, sind vorbei.
„Ich sehe mich jetzt weniger als Battle MC, als vielmehr als Rapper, der einfach was zu erzählen hat. Egal, ob das jetzt manchmal vielleicht aggressive Texte sind, oder manchmal auch harmonische Texte sein können. Ich erzähle einfach das, worauf ich Bock habe, und was ich denke, und das ist halt Fußball, und das ist Politik, und das sind halt lustige Geschichten.“
Im vergangenen Jahr hat der studierte Politikwissenschaftler, dessen Magisterarbeit über die Position Frankreichs zur deutschen Wiedervereinigung als Buch verlegt wurde, mit Kunstrasen einen Song zur Bundestagswahl gemacht. „Stimmenfunk“ heißt der Song, in dem sie versuchen, Leute, vor allem Erstwähler, dazu zu bringen, sich an der Wahl zu beteiligen.
Darin, mit seinem Hauptinstrument, seiner Stimme, Aufmerksamkeit zu wecken, sieht er seine Verantwortung als Rapper:
„Das ist ja auch das Ziel, dass du über den Katalysator Rapmusik Leute erreichst, Leute für etwas interessierst, das sie vielleicht vorher nicht so gefesselt hat. Wenn Leute sich nicht für Fußball interessieren, dann ist das noch verkraftbar, wenn Leute sich aber nicht für Politik interessieren, dann ist das ein schwerwiegendes gesellschaftliches Problem.“
Eine befreundete Lehrerin hat den Song im Unterricht gezeigt, und die Jugendlichen waren beeindruckt. Aber bis zur nächsten Bundestagswahl ist noch ein bisschen Zeit, und jetzt ist erstmal die Fußball-Weltmeisterschaft. Den passenden Song haben sie gerade zusammen mit der Hamburger Rockband Don Jonson aufgenommen. „Löw Parade“ ist der Name der Hymne. Ob es damit mit dem Titelgewinn klappt?
„Ich bin Riesen-Fußballfan. Ich hoffe, dass Deutschland den verdammten Titel holt, und ich bin ganz optimistisch.“