Musik-Alben im XXL-Format

Pack die Box voll mit CDs!

Herbert Grönemeyer bei einem Konzert 2015 in Baden-Baden
Herbert Grönemeyer bei einem Konzert 2015 in Baden-Baden © dpa / picture alliance / Uli Deck
Von Martin Böttcher · 30.12.2016
Dies war ein Jahr, in dem Boxen eine große Rolle spielten. Nicht Lautsprecherboxen oder der Faustkampf, sondern CD-Boxen, Vinyl-Boxen, Boxen in limitierter Auflage und natürlich Riesenboxen zum Gesamtwerk. Herbert Grönemeyer zum Beispiel gab "Alles", eine Deluxe Box mit 23 CDs.
Wie fängt man ihn am besten ein, den Fan? Herbert Grönemeyer, in Sachen Massenverkauf wahrlich kein Anfänger, weiß es am besten: der Fan will "alles"! Und so heißt sie auch, die große Super Deluxe Box, die uns der 60-Jährige 2016 bescherte: Alles! Alle seine Studioalben, seine ganze Karriere, eben einfach alles – für ein paar hundert Euro auf 23 CDs oder 25 Vinyl-Platten.
Das ist ja schön und gut, wird sich Bob Dylan da gedacht haben. Aber 23 CDs? Ein bisschen wenig! Bob Dylans Box "The 1966 Live Recordings" besteht denn auch aus eindrucksvollen 36 CDs. Wie der Name schon sagt: Mitschnitte von diversen Dylan-Konzerten, alle aus dem Jahr 1966.
Die naheliegende Frage: Wer soll das alles hören, 50 Jahre später? Darauf gibt es zumindest in Dylans Fall eine klare Antwort: Jeder, der noch mal seine Wandlung vom Folk- zum elektrifizierten Rocksänger nachvollziehen möchte, der genau ergründen will, wie Dylan damals seinem Publikum gegenübertrat, der hören will, wie dieses Publikum reagierte – von Sydney bis Stockholm, von Manchester bis Paris. Ein Dokument der viel beschworenen musikalischen Revolution, die Bob Dylan anzettelte.
Wir halten also fest: Der echte, der richtige Fan kommt um den Kauf solcher Box-Sets manchmal nicht herum. Streaming mag ja ganz nett sein, aber als wahrer Anhänger will man ja auch etwas in der Hand halten!

Die Reste von gestern

Was aber, wenn dieses Etwas mehr verspricht, als es hält? Nehmen wir eine andere Jubiläumsausgabe, die 2016 erschien: die "50th Anniversary Edition" des legendären Beach-Boys-Albums "Pet Sounds". Über 100 Tracks finden sich darauf − ein Vielfaches der ursprünglich 13 Songs. Jede Menge Alternativversionen, verworfene Lieder, Zwischenversionen finden sich auf der Jubiläumsausgabe – und das ist selbst für Beach-Boys-Fans schwerer Stoff, kaum zu verdauen. Wenn sie jetzt auch noch, wie von ihm gewünscht, auf der Einführungsparty von Donald Trump im Januar spielen, dann kann man die Beach Boys wohl ganz vergessen.
A propos Stoff, a propos Box, a propos vergessen. Der deutsche Rapper Shindy verärgerte 2016 einen Teil seiner Fans mit einem beigelegten Rucksack in seiner Limited Deluxe Box. Angeblich sehr "wertig", wie das Label verriet. Die Kommentare im Netz sprechen eine andere Sprache: von "Plastikbeutel" bis "damit würde ich nicht mal Pfandflaschen transportieren". Wenn schon Gimmick, dann also doch bitte was Besonderes!

111 Attacken und ein Bestseller

Welche Boxen also fand ich 2016 wirklich schön? Mein Liebling: "Action Time Vision". 111 PUNK-Songs auf vier CDs, aus der Anfangszeit vor 40 Jahren. Lieder, die damals in kleiner Auflage auf Vinylsingles erschienen sind und die zusammen mit dem begleitenden Büchlein die Geschichte dieser Musik erzählen. 111 kleine Attacken auf mein bürgerliches Leben.
Auch schön: Die John-Coltrane-Box "The Atlantic Years". Natürlich in Mono. Eignet sich super, um nachzuvollziehen, wie sich der Saxofonist langsam, aber bestimmt vom traditionellen Jazz löste.
Und als letzte Empfehlung von mir: den größten Player in Sachen Boxen 2016. Niemand verkaufte so viele wie er: Wolfgang Amadeus Mozart! Angeblich fand die neue Komplett-Edition mit 200 CDs mehr als eine Million Käufer! Nicht schlecht für einen, der nie selbst gesungen hat, der nicht in den sozialen Netzen unterwegs ist und auch keine Selfies veröffentlicht. Und der auch nicht 2016, sondern 1791 gestorben ist.
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