Museum der Woche
Der Name Hoffmann von Fallersleben ist vor allem mit dem "Lied der Deutschen" verbunden. Daran, dass er auch zahlreiche Kinderlieder textet und sich als Revolutionär verstand, erinnert das nach ihm benannte Museum in seinem Geburtsort Fallersleben bei Wolfsburg.
"Ich würde fast sagen, er war eine Art Schlagerdichter der damaligen Zeit, ein politischer Schlagerdichter wohlgemerkt."
Bettina Greffrath leitet das Museum seit Mitte der 90er Jahre. Schnell zieht sie mich in den zentralen Raum, in dem die roten Felsen von Helgoland als Großaufnahme an der Wand prangen. Auf der Insel schrieb Hoffmann von Fallersleben 1841 das "Lied der Deutschen". Die Wirkungsgeschichte unserer Nationalhymne wird auf Tafeln nachgezeichnet. Dokumente rufen jene obrigkeitsstaatlichen Machtverhältnisse wach, die Heinrich Heine, Friedrich Engels, Karl Marx und Ferdinand Lassalle in ihren Schriften attackierten. Mit allen stand Hoffmann im Austausch.
"Hoffmann selbst war ja kein Barrikadenkämpfer. Er kam typischerweise eigentlich immer zu spät, sah noch die Einschusslöcher von der Märzrevolution, aber er hat selbst gesagt: Meine Waffe ist das Lied, und das ist das Entscheidende. (...) Die Revolutionäre mit den wilden Bärten und den Säbeln, das war ihm doch alles sehr suspekt. Er glaubte eben wirklich, es muss über den Geist kommen ..."
1842 verlor Hoffmann wegen seiner "Unpolitischen Lieder", in denen er den Preußischen Staat verspottete, seine Professur in Breslau. Er war auf die Hilfe adliger Freunde angewiesen, die ihn aufnahmen und versteckten. Auch in Fallersleben konnte Hoffmann nicht bleiben. Über 500 Kinderlieder hat Hoffmann von Fallersleben geschrieben, für ihn eine "Art Überlebensmittel". Schumann und Mendelssohn-Bartholdy, Brahms, der enge Freund Liszt und andere berühmte Komponisten haben seine Texte vertont.
Schaut man aus den Fenstern des Museums, das einmal der Witwensitz einer welfischen Herzogin war, blickt man auf 400 Jahre alte Fachwerkhäuser und die Sankt Michaeliskirche. Hoffmanns Vater hatte ihren Bau einst als Bürgermeister betreut. Der idyllische Anblick bildet einen scharfen Kontrast zu der Wirklichkeit, an die wir in den kleinen Räumen des Museums erinnert werden: Briefe und Verordnungen belegen, wie bedrückend die politischen Kräfteverhältnisse Mitte des 19. Jahrhunderts waren.
Jüngere Besucher bleiben meist länger im Musikzimmer, wo sie Hoffmanns Kinderlieder hören können. Puppenhausartige Bauten informieren über Kinderarbeit im 19. Jahrhundert. An Hoffmann schätzt Bettina Greffrath -
"wie engagiert er in der Vormärz-Zeit war, was er alles auch geopfert hat, wie viel Zivilcourage er gezeigt hatte, denn seine Existenz hat er aufs Spiel gesetzt und sie im Grund verloren. Er hat ja zeitlebens seine Professur nicht wiederbekommen (...) und konnte auch sehr, sehr spät erst heiraten, eine Familie gründen, weil er wirtschaftlich überhaupt nicht abgesichert war, und all das ist etwas, was man heute sehr gut jungen Menschen vermitteln kann."
Mit 51 Jahren heiratete Hoffmann die Klavierlehrerin Ida zum Berge. Sie war seine Nichte und nur 18 Jahre alt. Idas Tagebuchaufzeichnungen belegen, wie unkonventionell ihr Mann sich für die damalige Zeit verhielt.
"Er hat zum Beispiel ihr sehr viel im Haushalt geholfen, da haben wir viele Zeugnisse, er hat ganze Festmahle zubereitet, und wenn die Frauen Waschtag hatten, war es für ihn selbstverständlich, dass er abends das Essen zubereitet hat, und er hat auch eine höllische Freude gehabt, sie zu verwöhnen und auf Händen zu tragen, die junge Frau."
Der seidene Brautschuh steht in einer Vitrine, der Taufbecher des einzigen überlebenden Sohnes Franz, Briefe, kleine Bildnisse. Ida Hoffmann starb 1860, nur 29 Jahre alt, nachdem sie ein totes Kind geboren hatte. Die Arbeit als Bibliothekar im nordrhein-westfälischen Corvey bot Hoffmann Halt. Als er im Januar 1874 starb, folgten seinem Sarg 4000 Menschen. Wie das Wesen Hoffmanns beschaffen war, zeigt sich für Bettina Greffrath auch in der Art, wie der Dichter mit seinem letzten Weihnachtsgeschenk verfuhr: einer großen Kiste mit kostbaren Lebensmitteln.
"Sofort setzt sich das Gehirn in Gang, und er überlegt, wen kann ich jetzt schnell alles einladen, damit wir diese Austern verzehren, die hielten ja damals noch nicht so sehr lange.. Er hat sich natürlich sehr wohl gefühlt, wenn man ihm zugeprostet hat und ihn hat hochleben lassen. Er war nicht uneitel, muss man sagen."
Mit seinem "Deutschlandlied" ist Hoffmann von Fallersleben in die Geschichte eingegangen. In seinem Geburtsort kann man bei einem Rundgang durch das ihm gewidmete Museum unangestrengt Wissenslücken schließen: Man entdeckt den gewundenen Lebensweg eines Dichters, der weit über politische und sprachliche Grenzen hinwegschaute.
In Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund stellt Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton jeden Freitag gegen 10:50 Uhr im "Profil" ein deutsches Regionalmuseum vor. In dieser Reihe wollen wir zeigen, dass auch und gerade die kleineren und mittleren Museen Deutschlands unerwartete Schätze haben, die es sicht lohnt, überregional bekannt zu machen und natürlich auch zu besuchen.
Bettina Greffrath leitet das Museum seit Mitte der 90er Jahre. Schnell zieht sie mich in den zentralen Raum, in dem die roten Felsen von Helgoland als Großaufnahme an der Wand prangen. Auf der Insel schrieb Hoffmann von Fallersleben 1841 das "Lied der Deutschen". Die Wirkungsgeschichte unserer Nationalhymne wird auf Tafeln nachgezeichnet. Dokumente rufen jene obrigkeitsstaatlichen Machtverhältnisse wach, die Heinrich Heine, Friedrich Engels, Karl Marx und Ferdinand Lassalle in ihren Schriften attackierten. Mit allen stand Hoffmann im Austausch.
"Hoffmann selbst war ja kein Barrikadenkämpfer. Er kam typischerweise eigentlich immer zu spät, sah noch die Einschusslöcher von der Märzrevolution, aber er hat selbst gesagt: Meine Waffe ist das Lied, und das ist das Entscheidende. (...) Die Revolutionäre mit den wilden Bärten und den Säbeln, das war ihm doch alles sehr suspekt. Er glaubte eben wirklich, es muss über den Geist kommen ..."
1842 verlor Hoffmann wegen seiner "Unpolitischen Lieder", in denen er den Preußischen Staat verspottete, seine Professur in Breslau. Er war auf die Hilfe adliger Freunde angewiesen, die ihn aufnahmen und versteckten. Auch in Fallersleben konnte Hoffmann nicht bleiben. Über 500 Kinderlieder hat Hoffmann von Fallersleben geschrieben, für ihn eine "Art Überlebensmittel". Schumann und Mendelssohn-Bartholdy, Brahms, der enge Freund Liszt und andere berühmte Komponisten haben seine Texte vertont.
Schaut man aus den Fenstern des Museums, das einmal der Witwensitz einer welfischen Herzogin war, blickt man auf 400 Jahre alte Fachwerkhäuser und die Sankt Michaeliskirche. Hoffmanns Vater hatte ihren Bau einst als Bürgermeister betreut. Der idyllische Anblick bildet einen scharfen Kontrast zu der Wirklichkeit, an die wir in den kleinen Räumen des Museums erinnert werden: Briefe und Verordnungen belegen, wie bedrückend die politischen Kräfteverhältnisse Mitte des 19. Jahrhunderts waren.
Jüngere Besucher bleiben meist länger im Musikzimmer, wo sie Hoffmanns Kinderlieder hören können. Puppenhausartige Bauten informieren über Kinderarbeit im 19. Jahrhundert. An Hoffmann schätzt Bettina Greffrath -
"wie engagiert er in der Vormärz-Zeit war, was er alles auch geopfert hat, wie viel Zivilcourage er gezeigt hatte, denn seine Existenz hat er aufs Spiel gesetzt und sie im Grund verloren. Er hat ja zeitlebens seine Professur nicht wiederbekommen (...) und konnte auch sehr, sehr spät erst heiraten, eine Familie gründen, weil er wirtschaftlich überhaupt nicht abgesichert war, und all das ist etwas, was man heute sehr gut jungen Menschen vermitteln kann."
Mit 51 Jahren heiratete Hoffmann die Klavierlehrerin Ida zum Berge. Sie war seine Nichte und nur 18 Jahre alt. Idas Tagebuchaufzeichnungen belegen, wie unkonventionell ihr Mann sich für die damalige Zeit verhielt.
"Er hat zum Beispiel ihr sehr viel im Haushalt geholfen, da haben wir viele Zeugnisse, er hat ganze Festmahle zubereitet, und wenn die Frauen Waschtag hatten, war es für ihn selbstverständlich, dass er abends das Essen zubereitet hat, und er hat auch eine höllische Freude gehabt, sie zu verwöhnen und auf Händen zu tragen, die junge Frau."
Der seidene Brautschuh steht in einer Vitrine, der Taufbecher des einzigen überlebenden Sohnes Franz, Briefe, kleine Bildnisse. Ida Hoffmann starb 1860, nur 29 Jahre alt, nachdem sie ein totes Kind geboren hatte. Die Arbeit als Bibliothekar im nordrhein-westfälischen Corvey bot Hoffmann Halt. Als er im Januar 1874 starb, folgten seinem Sarg 4000 Menschen. Wie das Wesen Hoffmanns beschaffen war, zeigt sich für Bettina Greffrath auch in der Art, wie der Dichter mit seinem letzten Weihnachtsgeschenk verfuhr: einer großen Kiste mit kostbaren Lebensmitteln.
"Sofort setzt sich das Gehirn in Gang, und er überlegt, wen kann ich jetzt schnell alles einladen, damit wir diese Austern verzehren, die hielten ja damals noch nicht so sehr lange.. Er hat sich natürlich sehr wohl gefühlt, wenn man ihm zugeprostet hat und ihn hat hochleben lassen. Er war nicht uneitel, muss man sagen."
Mit seinem "Deutschlandlied" ist Hoffmann von Fallersleben in die Geschichte eingegangen. In seinem Geburtsort kann man bei einem Rundgang durch das ihm gewidmete Museum unangestrengt Wissenslücken schließen: Man entdeckt den gewundenen Lebensweg eines Dichters, der weit über politische und sprachliche Grenzen hinwegschaute.
In Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund stellt Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton jeden Freitag gegen 10:50 Uhr im "Profil" ein deutsches Regionalmuseum vor. In dieser Reihe wollen wir zeigen, dass auch und gerade die kleineren und mittleren Museen Deutschlands unerwartete Schätze haben, die es sicht lohnt, überregional bekannt zu machen und natürlich auch zu besuchen.