Multimediale App zur Erfolgsausstellung in London

David Bowie als Gesamtkunstwerk

Screenshots dreier Bilder aus der "David Bowie is real"-App auf einem Smartphone.
Sänger, Musiker, Künstler: David Bowie steht in der virtuellen Realität wieder auf. © Screenshot / davidbowieisreal.com
Carsten Probst im Gespräch mit Max Oppel · 09.01.2019
Kostüme, Fotos, handschriftliche Notizen: Die neue App "David Bowie Is" zeigt verschiedenste Erinnerungsstücke des Musikers. Sie basiert auf einer Ausstellung über Bowie, die im Londoner Victoria & Albert Museum zu sehen war.
Die Nutzer dieser App sollten des Englischen halbwegs mächtig sein, es gibt sie nämlich nicht auf Deutsch. Außerdem sollte man über ein Smartphone verfügen, das AR-(Augmented Reality)-fähig ist. Denn die App hat den Anspruch, die Erfolgsausstellung des Victoria & Albert Museums in London auch virtuell-räumlich ins heimische Wohnzimmer oder vielmehr auf eine heimische Tischoberfläche zu bringen.
Hat man den manchmal etwas langwierigen Kalibirierungsprozess der Smartphonekamera einmal geschafft, wird vor einem - quasi auf die Tischplatte - ein virtuelles Display projiziert, über das man Kapitel für Kapitel immer neue Zusammenstellungen von Ausstellungsstücken sehen kann: Bühnenkostüme, Plattencover, handschriftliche Notizen, Fotos, Videos von Auftritten.
Als Erzähler von Bowies Karrierestationen fungiert der britische Schauspieler Gary Oldman ("Die dunkelste Stunde"). Er führt den Besucher durch die verschiedenen Ausstellungsräume, in denen man sich die verschiedenen Objekte per Klick genauer ansehen oder anhören kann. Man kann auch Kapitel überspringen oder anhand eines Kapitelverzeichnisses beliebig hin- und her navigieren.
Wie die Ausstellung auch, versucht die App die Multimedialität der Schau aus der Person und der künstlerischen Vorgehensweise Bowies direkt abzuleiten. Bowie als Gesamtkunstwerk, bei dem die Musik, die Bühnenshows, die Entwürfe für sein Outfit und seine erfundenen Identitäten Hand in Hand gingen mit Einflüssen aus anderen Kulturen; mit seinen Exkursionen in die Schauspielerei, seinen fotografischen Inszenierungen, seinen künstlerischen Ambitionen.
Bestimmte Stationen seiner Karriere eignen sich für diese multimedialen Animationen besser als andere. Zu Space Oddity, Bowies erster Hit-Single, sind sowohl die handgeschriebenen Noten für das Arrangement zu sehen, sein Video zu dem Song, Ausschnitte von Zeitungsberichten über die ersten bemannten Weltraumflüge bis hin zur Mondlandung. Jedes einzelne Element kann man hervorholen und einzeln betrachten, und mitunter werden dazu noch weitere Erklärungen eingeblendet.

Bowies Ziggy-Stardust-Show als Höhepunkt

Ein Höhepunkt in Bowies Karriere wie auch in seiner multimedialen Selbstinszenierung ist zweifellos seine Ziggy-Stardust-Show, gerade was die Vereinigung von Bühnenshow, Outfit, künstlerischen Darstellungen und Musik anbelangt. Spätere Werkphasen von den 1980er- Jahren aufwärts werden weitaus weniger vielschichtig ausgeleuchtet.
Sinn macht eine solche App als Ergänzung zum klassischen Ausstellungsformat in jedem Fall bei jenen Ausstellungselementen, bei denen man normalerweise nicht so lange verharrt: Vitrinen mit Papierzeugnissen, Filmen oder Soundstationen.
Die App lädt in jedem Fall dazu ein, gerade diese Elemente ausgiebiger zu würdigen. Hier lässt sich anhand von ausgestellten Schriftstücken verfolgen, wie sich Bowies Handschrift im Verlauf der Jahrzehnte bis zu seinem Todesjahr verändert. Diese Mühe würde man sich in der Ausstellung womöglich nicht ohne weiteres machen.
Den Raumeindruck rund um die größeren Objekte, die Bühneninszenierungen und Outfits kann die App aber trotz aller Aumentend Reality nicht ersetzen, ebenso wenig eine Aufarbeitung von Hintergründen, wie in einem ordentlichen Ausstellungskatalog.
Überhaupt ist eine solche Ausstellung im Victoria & Albert Museum inmitten von dessen faszinierenden Sammlungen mitten in London, unweit der Stelle, wo das Plattencover von Ziggy Stardust aufgenommen wurde, ein ganz anderes Erlebnis als ein einsames Sit-in mit dem Smartphone am heimischen Wohnzimmertisch.

Die App kostet 8,99 Euro und ist in Apples App Store und im Android Marketplace erhältlich.

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