"Mütter und Töchter"

Gesehen von Hans-Ulrich Pönack · 27.04.2011
Karen wurde mit 14 schwanger und gab ihr Kind zur Adoption frei. Elizabeth hingegen will unabhängig bleiben und wird ausgerechnet von ihrem Chef geschwängert. Lucy hingegen ist unfruchtbar und will ein Kind adoptieren. Regisseur Rodrigo Garcia verbindet die drei Einzelschicksale zu einer Gesamtgeschichte.
Rodrigo Garcia, der 50-jährige Sohn des kolumbianischen Literatur-Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez ("Hundert Jahre Einsamkeit") fing als Lichtsetzer und Kamera-Assistent an, bevor er es mit ersten Independent-Filmen ("Gefühle, die man sieht ... "/2000; "Nine Lives", 2005 sowie "Passengers"/2007, mit Anne Hathaway + Patrick Wilson) probierte. Für den renommierten amerikanischen Produktions-TV-Kabelkanal HBO inszenierte er zahlreiche Episoden der auch bei uns populären Serie "Six Feed Under" (2001-2005).

"Gefühle, die man sieht" könnte auch "Mother and Child" (Originaltitel) betitelt sein. Drei Frauen im Los Angeles von heute, drei Schicksale, drei Geschichten, die zunächst "einzeln" ablaufen und sich dann zu einer Gesamtgeschichte zusammenfügen. 37 Jahre ist es her, dass die depressive Physiotherapeutin Karen (Annette Bening) im Alter von 14 Jahren schwanger wurde und ihr Kind zur Adoption freigab. Was zu ihrem Lebenstrauma werden sollte.

Die ambitionierte Karriere-Anwältin Elizabeth dagegen (Naomi Watts /zuletzt "Fair Game") verbietet sich strikt Bindung .Totale Unabhängigkeit lautet ihr konsequent praktiziertes Lebensmotto. Sowohl beruflich wie privat. Als sie bei einer namhaften Kanzlei eintritt, beginnt sie eine Affäre mit ihrem Chef Paul, einem Witwer mit erwachsenen Töchtern (Samuel L. Jackson,der herbe "Pulp Fiction"-Mann, einmal ganz anders, in vielen Gefühlsposen). Und wird schwanger.

Konditorei-Besitzerin Lucy (Kerry Washington; "Lakeview Terrace", 2008, mit Samuel L. Jackson) ist unfruchtbar und beschließt mit ihrem Mann, ein Kind zu adoptieren. In einer schwangeren Studentin finden sie bei der katholischen Adoptionsvermittlung auch eine abgabewillige Bald-Mutter, aber dann tauchen erhebliche Schwierigkeiten auf, in beiden Familien. Die emotionalen wie personellen Fäden beginnen sich interessant auszubreiten.

Die weibliche Seelenlage, gleich mehrfach, Östrogen pur, die fließenden Hormone, bei verschiedenen Generationen, und spannenden Charakteren, zwischen kratzbürstig, cool und irritiert, als modernes Gefühls-Drama, mit mehr Realitätsgeschmack als fiktionalem Süßholz. Einfühlsam wie psychologisch "stimmungsvoll" vermittelt dank der hervorragenden weiblichen Akteurinnen. Und eben ungewöhnlich charmant sanften männlichen Stichwortbegleitern wie Samuel L. Jackson und Jimmy Smits als Annette "Karen" Bening-Partner. Apropos Annette Bening: Die bislang dreifach "oscar"-nominierte 51-Jährige ("American Beauty"; "Being Julia" und zuletzt "The Kids Are Allright") brilliert erneut, diesmal in einem eher sperrigen Charakter-Part. Es wird höchste Zeit, sie einmal "offiziell" zu würdigen. Eine erstklassige Schauspielerin in einem reizvollen Frauenfilm.

USA/Spanien 2009. Regie: Rodrigo García. Darsteller: Naomi Watts, Annette Bening, Kerry Washington, Samuel L. Jackson, Jimmy Smits, u.a. FSK: ab 12. Länge: 126 Minuten

Filmhomepage "Mütter und Töchter"