Müntefering: Staat darf Löhne nicht dauerhaft bezuschussen
Bundesarbeitsminister Franz Müntefering hat sich zurückhaltend zur Einführung eines Kombilohns geäußert. Im Deutschlandradio Kultur sagte der SPD-Politiker, der Staat dürfe nicht dauerhaft Zuschüsse zum Gehalt leisten. Außerdem müsse bei ehrlicher Arbeit ein Existenz sichernder Lohn bezahlt werden.
Sagenschneider: Guten Morgen Herr Müntefering. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, stehen Sie hier an der Seite der Union und sagen, 25 Milliarden und mehr sollen es auch nicht werden?
Müntefering: An der Seite der Bundesregierung. Das haben wir miteinander in den Koalitionsverhandlungen vereinbart und das muss jetzt auch gelten. Wir müssen ja natürlich auch daran denken, dass wir zwei Ziele im Blick behalten müssen: Wir müssen den Haushalt konsolidieren, wir müssen in eine Phase kommen, in der wir die entsprechenden Bedingungen auch wieder halten, die Schulden, die neu gemacht werden, reduziert werden können in den nächsten Jahren. Und wir müssen das zu wenige Geld, was wir haben, trotzdem einsetzen für Wachstum und für zusätzliche Impulse. Und da müssen wir eine vernünftige Balance halten. Deshalb 25 Milliarden, das ist die Grenze, die wir vereinbart haben.
Sagenschneider: Aber der Ordnungsrufe an die eigene Partei bedarf es da schon?
Müntefering: Och, das geht ja nicht nur um die eigene Partei. Wenn man sich anguckt, wer sich alles geäußert hat in den letzten Tagen und Wochen, da gibt es bei der Union auch einige, die noch was oben drauf haben möchten. Ich verstehe das inhaltlich auch. Das ist ja alles plausibel. Nur wir müssen gucken, dass wir beide Ziele im Blick behalten: Wachstum stützen und doch Haushalt konsolidieren.
Sagenschneider: Und so richtig geklärt ist ja noch nicht, wie der Kuchen, sprich diese 25 Milliarden, verteilt werden sollen auf die verschiedenen Projekte der unterschiedlichen Ressorts. An welchen Stellen wird es denn da noch Diskussionen geben?
Müntefering: Ja, es geht um die Ausgestaltung, da geht es ja dann letztlich drum, wenn die Gesetze gemacht werden im Deutschen Bundestag. Aber die Schwerpunkte, die sind schon geklärt. Also, das, was wir vorhaben im Bereich CO2, also energetische Gebäudesanierung, das ist schon ein dickes Paket. Nun weiß man ja nicht wie viel das genau kostet, weil es ist ja kein fester Betrag, den man gibt, sondern der wird angeboten. Und die Frage ist, wie viel Menschen nutzen das dann, wie viel Haushalte nutzen das dann? Das ist mit der Modernisierung im Haushalt und der Instandsetzung auch so. Wenn das alle nutzen, dann wird das teuer. Wenn es weniger tun, weniger. Und wir wollen natürlich viel. Insofern sind da natürlich viele Schätzwerte drin. Aber diese 25 Milliarden - das muss man vielleicht auch mal sagen -, das ist ja nur der Bundesanteil an dieser ganzen Sache. Die Länder tun was, die Kommunen tun was. Und von jedem Euro, den wir geben für zum Beispiel Instandhaltung, wird das Fünffache ja eingesetzt an Investitionsvolumen. Das heißt, das Ganze ist natürlich nicht nur ein 25-Milliarden-Paket Bundesmittel, sondern das ist das Mehrfache dessen, was insgesamt in der Wirtschaft mobilisiert wird. Insofern ist das auch eine Sache, die schon aussichtsreich ist.
Sagenschneider: Strittig ist noch die Frage um die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten. Hier haben wir einen Zwist zwischen Finanzminister Steinbrück, der meint, 1000 Euro sollten abzugsfähig sein, während Familienministerin von der Leyen eine Grenze von 1500 Euro ziehen will. Wie ist Ihre Haltung da?
Müntefering: Ja das ist zum Beispiel einer der Punkte, wo vonseiten der Union mehr Geld ausgegeben werden möchte als wir das jetzt auf unserer Seite glauben, das tun zu können. Das muss man dann jetzt diskutieren in Genshagen und dann werden wir da sicher einen vernünftigen Kompromiss finden. Die beiden genannten Minister haben ja auch schon miteinander gesprochen und sind sich da schon ganz nahe gekommen. Aber das ist so ein typischer Fall, wo man abschätzen muss, wie teuer wird es denn werden, was können wir uns denn dann leisten?
Sagenschneider: Ja das ist auch ein politisches Signal, wo man sich fragt, ob die SPD nicht aufpassen muss, dass ihr die Union den Rang in Sachen Familienpolitik nicht abläuft?
Müntefering: Nein. Ich finde, das, was wir tun, und was ja auch schon in unserem Wahlprogramm gestanden hat, da bin ich recht stolz darauf, dass wir das haben durchsetzen können, was haushaltsnahe Dienstleistungen insgesamt angeht, bei Kinderbetreuung, bei Pflege, was auch diese Instandhaltungsverbesserung und -vergünstigung angeht, das sind ja alles Dinge, die den Familien unmittelbar zugute kommen. Also ich glaube, da können wir uns schon sehen lassen. Das hat schon sehr viele Bezüge zu dem, was wir auch in unserem Wahlkampf schon gefordert hatten.
Sagenschneider: Ein Thema, über das in den letzten Tagen viel diskutiert worden ist, bei dem sich die große Koalition auch nicht einig ist, das ist die Debatte um die Kombilöhne, also staatliche Zuschüsse für den Niedriglohnsektor. Haben Sie eigentlich eine Erklärung dafür, Herr Müntefering, warum die CDU diesem Modell sehr viel mehr abgewinnen kann als die SPD das tut?
Müntefering: Es ist ganz sicher so in Deutschland, dass wir im unteren, im Niedriglohnbereich etwas tun müssen. Das ist mit der Tarifautonomie, also mit den Vereinbarungen, die die Tarifpartner - Gewerkschaften und Arbeitgeber - da tätigen, nicht mehr voll abgedeckt. Und insofern gibt es Handlungsbedarf an der Stelle. Aber wir haben vereinbart in den Koalitionsverhandlungen, darüber werden wir intensiver sprechen. Wir werden bei der Gelegenheit auch über gesetzlichen Mindestlohn sprechen, über Entsendegesetz, über all die Dinge sprechen. Ich bin nur der Meinung dabei - und meine Partei wohl insgesamt überwiegend -, es gibt ja verschiedene Sorten von Kombilöhnen längst heute schon. Das, was Sie im Bereich der Grundsicherung haben, ist ja auch eine Art Kombination. Das heißt, man muss jetzt zunächst mal untereinander definieren: Was ist eigentlich gemeint damit? Was nur nicht sein darf, ist, dass dauerhaft der Staat Lohnzuschüsse zahlt und damit die Lohnverpflichtungen der Unternehmen dauerhaft durch Steuern ersetzt. Das kann's nicht sein. Und das wäre auch nicht soziale Marktwirtschaft. Das wäre sehr viel eher Planwirtschaft. Und insofern sagen wir da an der Stelle: Vorsicht, nicht zulassen, dass da riesige Kosten entstehen dauerhaft, ohne dass wirklich das erreicht ist, was wir wollen, dass nämlich die Menschen, die ehrlich arbeiten, auch einen ehrlichen Lohn bekommen. Wer in Deutschland arbeitet, der soll auch davon sich und seine Familie ernähren können. Existenzsichernde Löhne, darum geht es.
Sagenschneider: Ja aber welche Lösung kann es da geben, wenn auf der einen Seite Frau Merkel sagt, Modellversuche bringen gar nichts oder in eingeschränkter Form; wenn, dann muss man es flächendeckend machen, erst dann kann man sehen, ob es zum Erfolg führt oder nicht; während die SPD ja nun sagt - also, wie Sie ja auch gerade gesagt haben, flächendeckend eben nicht, man muss sehr aufpassen?
Müntefering: Wir müssen eine Debatte führen und deshalb kann man auch jetzt noch nicht die Lösung bringen. Wir müssen eine Debatte führen um das Ziel. Um was geht es eigentlich? Möglichst viele sollen existenzsichernde Löhne haben. Möglichst viele sollen auch im unteren Bereich, im Niedriglohnbereich Arbeit haben. Die Arbeitsplätze sollen im Land bleiben. Diese Diskussion empfehle ich zu führen. Und wir werden dann in einigen Monaten oder Wochen auch so weit sein, dass wir sagen können, so machen wir einen Vorschlag. Man darf den Begriff des Kombilohns nicht zum Ziel erheben. Das ist ein Instrument, über das man reden muss, das wirkt oder das nicht wirkt. Das ist mit dem gesetzlichen Mindestlohn genauso. 17, 18 Länder in Europa, in der EU, haben gesetzliche Mindestlöhne. Auch das ist ein Instrument. Auch das spreche ich nicht heilig. Da kann man auch unterschiedlicher Meinung dazu sein. Aber wir müssen uns in unseren Entscheidungen an den Zielen orientieren und nicht an Instrumenten, die der eine oder andere dann wie eine Monstranz vor sich her trägt. Das bringt überhaupt nichts. Und der Kombilohn, der ist eine Möglichkeit. Aber er kann sehr teuer werden und er hat auch viele Nachteile. Und deshalb muss das nun alles abgewogen werden. Ich sage Ihnen aber voraus: Wir werden im Verlauf dieses Jahres da eine ordentliche Regelung hinbekommen.
Müntefering: An der Seite der Bundesregierung. Das haben wir miteinander in den Koalitionsverhandlungen vereinbart und das muss jetzt auch gelten. Wir müssen ja natürlich auch daran denken, dass wir zwei Ziele im Blick behalten müssen: Wir müssen den Haushalt konsolidieren, wir müssen in eine Phase kommen, in der wir die entsprechenden Bedingungen auch wieder halten, die Schulden, die neu gemacht werden, reduziert werden können in den nächsten Jahren. Und wir müssen das zu wenige Geld, was wir haben, trotzdem einsetzen für Wachstum und für zusätzliche Impulse. Und da müssen wir eine vernünftige Balance halten. Deshalb 25 Milliarden, das ist die Grenze, die wir vereinbart haben.
Sagenschneider: Aber der Ordnungsrufe an die eigene Partei bedarf es da schon?
Müntefering: Och, das geht ja nicht nur um die eigene Partei. Wenn man sich anguckt, wer sich alles geäußert hat in den letzten Tagen und Wochen, da gibt es bei der Union auch einige, die noch was oben drauf haben möchten. Ich verstehe das inhaltlich auch. Das ist ja alles plausibel. Nur wir müssen gucken, dass wir beide Ziele im Blick behalten: Wachstum stützen und doch Haushalt konsolidieren.
Sagenschneider: Und so richtig geklärt ist ja noch nicht, wie der Kuchen, sprich diese 25 Milliarden, verteilt werden sollen auf die verschiedenen Projekte der unterschiedlichen Ressorts. An welchen Stellen wird es denn da noch Diskussionen geben?
Müntefering: Ja, es geht um die Ausgestaltung, da geht es ja dann letztlich drum, wenn die Gesetze gemacht werden im Deutschen Bundestag. Aber die Schwerpunkte, die sind schon geklärt. Also, das, was wir vorhaben im Bereich CO2, also energetische Gebäudesanierung, das ist schon ein dickes Paket. Nun weiß man ja nicht wie viel das genau kostet, weil es ist ja kein fester Betrag, den man gibt, sondern der wird angeboten. Und die Frage ist, wie viel Menschen nutzen das dann, wie viel Haushalte nutzen das dann? Das ist mit der Modernisierung im Haushalt und der Instandsetzung auch so. Wenn das alle nutzen, dann wird das teuer. Wenn es weniger tun, weniger. Und wir wollen natürlich viel. Insofern sind da natürlich viele Schätzwerte drin. Aber diese 25 Milliarden - das muss man vielleicht auch mal sagen -, das ist ja nur der Bundesanteil an dieser ganzen Sache. Die Länder tun was, die Kommunen tun was. Und von jedem Euro, den wir geben für zum Beispiel Instandhaltung, wird das Fünffache ja eingesetzt an Investitionsvolumen. Das heißt, das Ganze ist natürlich nicht nur ein 25-Milliarden-Paket Bundesmittel, sondern das ist das Mehrfache dessen, was insgesamt in der Wirtschaft mobilisiert wird. Insofern ist das auch eine Sache, die schon aussichtsreich ist.
Sagenschneider: Strittig ist noch die Frage um die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten. Hier haben wir einen Zwist zwischen Finanzminister Steinbrück, der meint, 1000 Euro sollten abzugsfähig sein, während Familienministerin von der Leyen eine Grenze von 1500 Euro ziehen will. Wie ist Ihre Haltung da?
Müntefering: Ja das ist zum Beispiel einer der Punkte, wo vonseiten der Union mehr Geld ausgegeben werden möchte als wir das jetzt auf unserer Seite glauben, das tun zu können. Das muss man dann jetzt diskutieren in Genshagen und dann werden wir da sicher einen vernünftigen Kompromiss finden. Die beiden genannten Minister haben ja auch schon miteinander gesprochen und sind sich da schon ganz nahe gekommen. Aber das ist so ein typischer Fall, wo man abschätzen muss, wie teuer wird es denn werden, was können wir uns denn dann leisten?
Sagenschneider: Ja das ist auch ein politisches Signal, wo man sich fragt, ob die SPD nicht aufpassen muss, dass ihr die Union den Rang in Sachen Familienpolitik nicht abläuft?
Müntefering: Nein. Ich finde, das, was wir tun, und was ja auch schon in unserem Wahlprogramm gestanden hat, da bin ich recht stolz darauf, dass wir das haben durchsetzen können, was haushaltsnahe Dienstleistungen insgesamt angeht, bei Kinderbetreuung, bei Pflege, was auch diese Instandhaltungsverbesserung und -vergünstigung angeht, das sind ja alles Dinge, die den Familien unmittelbar zugute kommen. Also ich glaube, da können wir uns schon sehen lassen. Das hat schon sehr viele Bezüge zu dem, was wir auch in unserem Wahlkampf schon gefordert hatten.
Sagenschneider: Ein Thema, über das in den letzten Tagen viel diskutiert worden ist, bei dem sich die große Koalition auch nicht einig ist, das ist die Debatte um die Kombilöhne, also staatliche Zuschüsse für den Niedriglohnsektor. Haben Sie eigentlich eine Erklärung dafür, Herr Müntefering, warum die CDU diesem Modell sehr viel mehr abgewinnen kann als die SPD das tut?
Müntefering: Es ist ganz sicher so in Deutschland, dass wir im unteren, im Niedriglohnbereich etwas tun müssen. Das ist mit der Tarifautonomie, also mit den Vereinbarungen, die die Tarifpartner - Gewerkschaften und Arbeitgeber - da tätigen, nicht mehr voll abgedeckt. Und insofern gibt es Handlungsbedarf an der Stelle. Aber wir haben vereinbart in den Koalitionsverhandlungen, darüber werden wir intensiver sprechen. Wir werden bei der Gelegenheit auch über gesetzlichen Mindestlohn sprechen, über Entsendegesetz, über all die Dinge sprechen. Ich bin nur der Meinung dabei - und meine Partei wohl insgesamt überwiegend -, es gibt ja verschiedene Sorten von Kombilöhnen längst heute schon. Das, was Sie im Bereich der Grundsicherung haben, ist ja auch eine Art Kombination. Das heißt, man muss jetzt zunächst mal untereinander definieren: Was ist eigentlich gemeint damit? Was nur nicht sein darf, ist, dass dauerhaft der Staat Lohnzuschüsse zahlt und damit die Lohnverpflichtungen der Unternehmen dauerhaft durch Steuern ersetzt. Das kann's nicht sein. Und das wäre auch nicht soziale Marktwirtschaft. Das wäre sehr viel eher Planwirtschaft. Und insofern sagen wir da an der Stelle: Vorsicht, nicht zulassen, dass da riesige Kosten entstehen dauerhaft, ohne dass wirklich das erreicht ist, was wir wollen, dass nämlich die Menschen, die ehrlich arbeiten, auch einen ehrlichen Lohn bekommen. Wer in Deutschland arbeitet, der soll auch davon sich und seine Familie ernähren können. Existenzsichernde Löhne, darum geht es.
Sagenschneider: Ja aber welche Lösung kann es da geben, wenn auf der einen Seite Frau Merkel sagt, Modellversuche bringen gar nichts oder in eingeschränkter Form; wenn, dann muss man es flächendeckend machen, erst dann kann man sehen, ob es zum Erfolg führt oder nicht; während die SPD ja nun sagt - also, wie Sie ja auch gerade gesagt haben, flächendeckend eben nicht, man muss sehr aufpassen?
Müntefering: Wir müssen eine Debatte führen und deshalb kann man auch jetzt noch nicht die Lösung bringen. Wir müssen eine Debatte führen um das Ziel. Um was geht es eigentlich? Möglichst viele sollen existenzsichernde Löhne haben. Möglichst viele sollen auch im unteren Bereich, im Niedriglohnbereich Arbeit haben. Die Arbeitsplätze sollen im Land bleiben. Diese Diskussion empfehle ich zu führen. Und wir werden dann in einigen Monaten oder Wochen auch so weit sein, dass wir sagen können, so machen wir einen Vorschlag. Man darf den Begriff des Kombilohns nicht zum Ziel erheben. Das ist ein Instrument, über das man reden muss, das wirkt oder das nicht wirkt. Das ist mit dem gesetzlichen Mindestlohn genauso. 17, 18 Länder in Europa, in der EU, haben gesetzliche Mindestlöhne. Auch das ist ein Instrument. Auch das spreche ich nicht heilig. Da kann man auch unterschiedlicher Meinung dazu sein. Aber wir müssen uns in unseren Entscheidungen an den Zielen orientieren und nicht an Instrumenten, die der eine oder andere dann wie eine Monstranz vor sich her trägt. Das bringt überhaupt nichts. Und der Kombilohn, der ist eine Möglichkeit. Aber er kann sehr teuer werden und er hat auch viele Nachteile. Und deshalb muss das nun alles abgewogen werden. Ich sage Ihnen aber voraus: Wir werden im Verlauf dieses Jahres da eine ordentliche Regelung hinbekommen.