Münchner Biennale für neues Musiktheater

Marko Nikodijević
Marko Nikodijević © Münchener Biennale
14.06.2014
Bei der Entstehung der Münchener Biennale hatte Hans Werner Henze wesentlichen Anteil: "Die ganze Geschichte begann mit der Anfrage des (Münchner) Kulturreferenten, ob ich Lust hätte, mir über die Ausgestaltung eines wie immer auch gearteten Münchner städtischen Musikfestes Gedanken zu machen. Ich schlug nach einiger Zeit vor, etwas einzurichten, was bisher gefehlt hat, und was es auch sonst an keinem Ort der Welt gibt und doch eine dringende Notwendigkeit wäre: nämlich einen Ort, an dem theaterinteressierte Komponisten der jungen Generation ihre Ideen in die Wirklichkeit umsetzen könnten."
So kam die Münchener Biennale ins Leben. 1988 fand das erste internationale Festival für neues Musiktheater statt. In diesem Jahr findet die Biennale unter dem Motto "Außer Kontrolle" vom 7. bis 23. Mai statt.
Claude Viviers Musik fasziniert und beschäftigt Marko Nikodijević seit Längerem. 2007 bis 2012 entstand – in typischen Stadien perfektionierender Überarbeitungen – das dreiteilige Ensemblestück "chambres des ténèbres". Mit seiner ersten Oper eröffnet der Komponist ein neues Stadium der Auseinandersetzung mit dem "Alter ego" seiner selbst.
Kunst und Leben griffen bei Vivier eng ineinander, nicht erst in der grausigen Todesnacht, sondern schon beim Entschluss, nicht Priester, sondern Komponist zu werden und sich als Suchender auf Weltreise zu begeben. Aus dieser Spannung heraus konzipierten Marko Nikodijević und Gunther Geltinger Musik und Libretto der Oper. Sie geht von den Werken aus, durch die sich Vivier mitteilte, sie ist weder biographisch noch dokumentarisch angelegt.
Den Rahmen bildet die Metrofahrt in der Nacht, in welcher der Komponist den jungen Prostituierten trifft, der ihn mit zahllosen Messerstichen töten wird. Von der Szene im Pariser Untergrund blendet die Oper zurück und voraus. Vorstellungen und Figuren aus Viviers Werken, aus seiner Oper "Kopernikus" und aus "Zipangu", treten in die Handlung ein, sie verwischen, wie in Viviers eigenem Musiktheater, die Grenzen zwischen Lebensdrang und künstlerischer Imagination.
Wie Vivier gab Gunther Geltinger seinem Libretto eine strenge, knappe Sprachform, die der Musik die Entfaltung der dramatischen Kräfte ermöglicht. In Nikodijevićs Partitur tauchen Passagen aus den "chambres des ténèbres" wieder auf, aber auch techno-inspirierte, harte, aus dem Rhythmus entfesselte Musik und ihre sphärischen Gegenbilder, Musik von immenser physischer Präsenz und Transzendenz, nahe Gewalt und lichter Traum.
Muffathalle München
Aufzeichnung vom 07.05.2014
Marko Nikodijević
"Vivier - Ein Nachtprotokoll"
Uraufführung
Libretto: Gunther Geltinger
Tim Severloh, Countertenor
Matthias Stier, Tenor
Malte Roesner, Bariton
Oleksandr Pushniak, Bariton
Rossen Krastev, Bass
Orchester des Staatstheaters Braunschweig
Leitung: Sebastian Beckedorf
nach Ende der Oper ca. 20:55 Uhr Nachrichten