Mozarts Singspiel "Zaide"

Wenn eine Sklavin ihre Liebe verweigert

Chen Rais als Zaide in W.A. Mozarts gleichnamigen Singspiel am Teatro dell'Opera di Roma im Oktober 2020
Chen Reiss als Zaide in Mozarts gleichnamigem Singspiel am Teatro dell'Opera di Roma im Oktober 2020. © Yasuko Kageyama/Tetro dell'Opera di Roma/EBU/RAI
Moderation: Volker Michael · 19.12.2020
Als jüngerer Mann hat sich Mozart schon einmal mit dem exotischen Haremsstoff beschäftigt, den er später zur "Entführung aus dem Serail" verarbeitete. Diese Vorstudie "Zaide" blieb unvollendet und ohne Happy End.
In einem Harem leben Sklavinnen und Sklaven – wenn ein Komponist deren Schicksal zum Thema einer Oper macht, dann muss das schon etwas mit seinem eigenen Leben zu tun haben. Bei Wolfgang Amadeus Mozart war das garantiert der Fall. Sein ernstes Singspiel "Zaide" komponierte er um 1780 und ließ es unvollendet liegen.
Chen Rais als Zaide in W.A. Mozarts gleichnamigen Singspiel am Teatro dell'Opera di Roma im Oktober 2020
Chen Rais als Zaide in W.A. Mozarts gleichnamigen Singspiel am Teatro dell'Opera di Roma im Oktober 2020 © Yasuko Kageyama/Teatro dell'Opera di Roma/EBU/RAI
Der Komponist, der sich selbst ein wenig versklavt fand in den Diensten des Salzburger Fürsterzbischofs, fand keinen überzeugenden Schluss für das Werk. Wird Sultan Soliman die ihm entflohenen und wieder gefangenen Sklaven Zaide und Gomatz begnadigen? Er liebt Zaide heiß und innig, doch Zaide erwidert diese Gefühle nicht - sie liebt ihren Leidensgenossen Gomatz.

Freiheit als wichtigstes Gut

In der "Entführung aus dem Serail" gibt es zwei Jahre später eine glückliche Lösung, doch die schien Mozart in der "Zaide" nicht logisch. Hier geht es tatsächlich um die Liebe zur Freiheit und die Unfähigkeit der Herrschenden, sich in die Lage ihrer "Untergebenen" hineinzuversetzen.
Das Werk ist nur fragmentarisch überliefert und wurde erst im 19. Jahrhundert uraufgeführt. Komplett fehlen die für ein Singspiel so wichtigen Zwischentexte. Verschiedene Dichter und Komponistinnen haben sich daran versucht, das Werk zu vollenden.
In der Opera di Roma wurde letzten Oktober die Version des Dichters Italo Calvino aufgeführt, mit dem legendären Schauspieler Remo Girone ("Allein gegen die Mafia") als charakterstarkem Erzähler.
Eine Szene aus W.A. Mozarts Singspiel "Zaide" am Teatro dell'Opera di Roma im Oktober 2020
Eine Szene aus W.A. Mozarts Singspiel "Zaide" am Teatro dell'Opera di Roma im Oktober 2020 © Yasuko Kageyama/Tetro dell'Opera di Roma/EBU/RAI
Daniele Gatti leitet in dieser liebevoll und detailgenau einstudierten Produktion das Orchester des Hauses. Die Vokalinterpreten sind hervorragend ausgewählt - Chen Reiss gibt die Zaide, Juan Francisco Gatell den Gomatz, Markus Werba den Allazim und Paul Nilon den Sultan.

Deutscher Gesang und italienischer Text

Gesungen und in den 'Melologen' deklamiert wird auf Deutsch. Die manchmal ironisch-versponnenen, dann wieder dramatisch aufgeladenen Zwischentexte sind auf Italienisch zu hören.
Maestro Daniele Gatti merkt dazu an: "Italo Calvinos Text verändert nicht die Reihenfolge der Arien oder ihren emotionalen Ausdruck. Er gibt ihnen nur einen theatralischen Rahmen, der sehr gut und bruchlos zur Musik passt."
Aufzeichnung vom 18. Oktober 2020 im Teatro dell'Opera in Rom
Wolfgang Amadeus Mozart
"Zaide" KV 344, unvollendetes Singspiel in zwei Akten
Libretto: Johann Andreas Schachtner, mit neuen Zwischentexten von Italo Calvino

Zaide - Chen Reiss, Sopran
Gomatz - Juan Francisco Gatell, Tenor
Allazim - Markus Werba, Bass
Sultan Soliman - Paul Nilon, Tenor
Osmin - Davide Giangregorio, Bass
Erster Sklave - Raffaele Feo, Tenor
Zweiter Sklave - Luca Cervoni, Tenor
Dritter Sklave - Domingo Pellicola, Tenor
Vierter Sklave - Rodrigo Ortiz, Tenor
Erzähler - Remo Girone
Chor und Orchester der Oper Rom
Leitung: Daniele Gatti

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