Motorsportklub "Wölfe Wittstock"

Neustart in Polen

04:26 Minuten
Zwei Sport-Motorradfahrer auf der Rennbahn im Kopf-an-Kopf-Rennen.
Der Sport hat ihn immer schon fasziniert, sagt Steven Mauer, hier links im Bild beim Duell gegen Michael Härtel bei der Deutschen Junioren Meisterschaft in Wittstock 2016. © imago sportfotodienst / SPEEDDDPIX
Von Jörn Pissowotzki |
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Der Motorsportklub "Wölfe Wittstock" traut sich was: Ab August treten die Brandenburger Speedwayfahrer in der zweiten polnischen Liga an. Da ist Ehrgeiz gefragt: In Polen genießt Speedway einen ähnlichen Status wie in Deutschland der Fußball.
Bevor die Trainingsfahrt auf der Bahn beginnen kann, wird die Rennmaschine in der Box warm gefahren. An diesem Tag trainieren ein paar junge Nachwuchsfahrer im Stadion, aber auch einige aus dem Team, die bald in Polen starten werden. Und das alles unter den Augen von Vereinschef Frank Mauer:
"Die Stimmung, sage ich mal, ist eigentlich ganz gut im ganzen Team. Alle freuen sich drauf. Wir sind frohen Mutes, wenn es nächste Woche am Zweiten in Poznan losgeht."

In Polen dreht sich alles um Speedway

Die polnischen Ligen gelten neben denen in Schweden, Dänemark, Rußland, England und Tschechien als die stärksten Speedway-Ligen der Welt. Es gibt die Ekstraliga, die erste Liga - und die zweite, in die jetzt die Wittstocker einsteigen. Sie sehen das als Einstieg an. Vereinschef Frank Mauer schwärmt:
"In Polen ist alles anders: Das, was bei uns Fußball ist, das ist in Polen der Speedwaysport. So muss man das sehen. Das ist eine andere Welt. Da dreht sich wirklich alles um Speedway."

Die Medien stürzen sich auf die Wittstocker

Frank Mauer hat zusammen mit seinem Vater Fritz den Verein 2012 gegründet. Die Familie kommt aus Elstal bei Potsdam. Vater und Sohn sind zu DDR-Zeiten viel im nahen Wolfslake bei Rennen gewesen, 2012 hatten sie in Wittstock die Chance, vor Ort an der sanierungsbedürftigen Bahn etwas Neues zu machen. In der Bundesliga wurden die Wittstocker zweimal Dritter, einmal Vizemeister.
In der Garage wird das Motorrad fertig gemacht.
Steven Mauer in der Garage mit seinem Motorrad.© Deutschlandradio/ Jörn Pissowotzki
Soviel Aufmerksamkeit wie jetzt beim Wechsel nach Polen, gab es vorher noch nie:
"Wir haben hier Fernsehen - polnisches Fernsehen, wir haben deutsches Fernsehen, wir haben polnische Presse. Wir haben Radio, also alles, was geht. Das hatten wir vorher mit der Bundesliga nie gehabt. Der Aufwand von der ganzen Presse und Medien ist unglaublich und unbeschreiblich."

Ärger über die Spitzenfahrer

Geärgert haben Frank Mauer in Deutschland vor dem Neustart jetzt zum einen die Wechsel bei den Kategorien und Lizenzen für die Fahrer. Es gibt die A, B und die C-Kategorie. Und gerade zwischen B und C wären die Wechsel durch den Motorsportbund oft nicht nachvollziehbar gewesen, sagt Frank Mauer. Und dazu kam die Mentalität der vermeintlichen Spitzenfahrer:
"Das hat mich sehr geärgert. Gerade, weil das wirklich nur Legionäre sind. Die kommen und holen ihr Geld ab. Für einzelne Punkte wollen sie es nicht haben. Die wollen einen Pauschalpreis pro Rennen. Das hat mich die letzten zwei Jahre schon geärgert. Ich sehe das einfach nicht mehr ein, weil wir das über die Zuschauer auch einfach nicht mehr so finanzieren können. Man muss einfach irgendwann mal aufhören und sagen: Das geht nicht mehr so weiter. Durch die Corona-Zeit haben auch die großen Stars gelernt, mit weniger Geld umzugehen."
Frank Mauer spricht nicht über Geld. Der Etat ist niedriger als im vergangenen Jahr. Das sagt er maximal.

An Ehrgeiz mangelt es nicht

Und er freut sich auf die Rennen mit seinen jungen Fahrern. Das Durchschnittsalter liegt bei 21. Viele haben Bundesliga-Erfahrung, so auch Mauers Junior Steven. Steven liebt den Sport, seit er fünf war: "Der Sport hat mich fasziniert. Wir waren damals in Wolfslake bei der Deutschen Schülermeisterschaft. Und das hat mir sehr gut gefallen. Und dann dachte ich: Wir probieren es mal. Und so ging das dann Schritt für Schritt in die richtige Richtung."
Steven ist heute 25 und Mannschaftskapitän. Wie weit kann es jetzt in Polen für das Team gehen? "Wir möchten natürlich vorne mitfahren. Unter die ersten drei ist unser Ziel darunter zu kommen. Und wir werden natürlich alle unser Bestes geben und am Ende ist das wichtig, was auf dem Zettel steht."
Da steht auch, dass der erste Gegner am 2. August Poznan heißt und dass es vier weitere polnische Teams in der Liga gibt. Und die ersten Heimrennen gegen Rzeszow starten am 7. August. Mit Corona-Auflagen am Heidering.

Deutscher Sportler in polnischen Ligen - ein Modell mit Zukunft? Oder - gerade im Hinblick auf die Geschichte beider Länder im 20. Jahrhundert - eine Belastungsprobe im deutsch-polnischen Verhältnis? "Wertschätzung für deutsche Spitzensportler ist in Polen die Regel", erklärt unser Warschau-Korrespondent Peter Sawicki im Kommentar. Allerdings zeigt sich auch: Deutsche wissen von polnischer Geschichte oft deutlich weniger als umgekehrt. Hier könne der Sport Brücken schlagen - wenn der Sportjournalismus die Chancen darin erkennt und mitzieht.
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