Moritzburg Festival

Kreative Geschwisterliebe

Jan Vogler, Cellist und Leiter des Moritzburg Festivals
Jan Vogler, Cellist und Leiter des Moritzburg Festivals © Felix Broede/Moritzburg Festival
Moderation: Volker Michael · 16.08.2019
Fanny und Felix: Musik von Schwester und Bruder Mendelssohn Bartholdy dominiert diesen Abend beim Moritzburg Festival. Der künstlerische Leiter Jan Vogler spielt zudem selbst Antonín Dvořáks 3. Klaviertrio mit Boris Giltburg und Kevin Zhu.
Auf diese Quote kann Jan Vogler, Gründer und Leiter des Moritzburg Festivals, stolz sein. In der "Langen Nacht der Kammermusik" im Spielort Kirche Moritzburg habe er einen Anteil an Werken von Komponistinnen von 90 % erreicht, berichtet er.
Im Jubiläumsjahr von Clara Schumann, ihrem 200. Geburtstag, versteht es sich quasi von selbst, Augen und Ohren auf die Musik von Künstlerinnen zu richten. Über die Jahrhunderte hinweg hatten es Musikerinnen sehr schwer, als schöpferisch Tätige wahrgenommen zu werden und ihre Talente auf diesem Gebiet entwickeln zu können.

Respekt vor Clara Schumanns Urteil

Clara Schumann war zuerst Virtuosin und wähnte ihre kompositorischen Produkte im Schatten der ihres Mannes und der ihres Freundes Johannes Brahms. Doch vor ihrem Urteil als Interpretin hätten sowohl Robert als auch Johannes stets höchsten Respekt gehabt - wenn nicht sogar bisweilen Furcht, erzählt Jan Vogler.
Für diesen Abend im Schloss Moritzburg, den wir am 13. August aufgenommen haben, wählte Vogler eines der berühmtesten Geschwisterpaare aus, das die Musikgeschichte anzubieten hat - Fanny und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Musikerinnen und Musiker des Moritzburg Festivals
Moritzburg Festival: Komponistinnen im Fokus.© Rene Gaens/Moritzburg Festival
Symbiotisch war die Beziehung der beiden - so eng, dass sie innerhalb weniger Monate starben an derselben ererbten Krankheit, die zu schweren Schlaganfällen führte. Im feministischen Diskurs unserer Epoche kam der jüngere Bruder Felix nicht immer gut weg, weil er die kompositorische Tätigkeit seiner geliebten großen Schwester Fanny, die den preußischen Hofmaler Wilhelm Hensel geheiratet und dessen Namen angenommen hatte, nicht immer fair beurteilt und sogar einige ihrer Lieder unter seinem Namen veröffentlicht hat.

Wunderkind und geniale große Schwester

Felix war ein wahres Wunderkind - deutlicher noch als Mozart hat er im zarten Alter Werke geschrieben, die die Musikwelt auch heute noch als vollgültige Meisterwerke erachtet. Dazu gehört auch das erste Klavierquartett c-Moll op. 1.
Ihm zugesellt ist das Es-Dur Streichquartett der reifen Fanny, ein eindrucksvoll expressives Stück, das Felix nach Fertigstellung bekrittelt hatte - die Schwester solle "mehr auf eine bestimmte Form, namentlich in der Modulation" sehen. Der Bruder war aber so fair zu bekennen, dass er selbst oft die Grenzen der rechten Form überschritten hatte - und letztlich nicht wisse, ob er es besser könne.

Dvořáks Meisterwerk der Kammermusik

Der zweite Teil dieses Konzert besteht aus einem einzigen großen Werk Antonín Dvořáks - seinem dritten Klaviertrio, seinem umfänglichsten von insgesamt sechs Stücken dieser Gattung, von denen allerdings nur vier überliefert sind. Es ist Ausdruck seines Ringens um einen eigenen gesamteuropäischen Stil, der ihn wegführen sollte vom Klischee des tschechischen Heimatkomponisten. Ein gewaltiges und kompliziertes Werk mit sinfonischen Dimensionen, und dennoch typisch Dvořák in seiner warmherzigen Menschlichkeit.
Es spielen an diesem wie an allen anderen Abenden des Moritzburg Festivals altgediente Matadoren der Kammermusik wie auch junge hochbegabte Nachwuchsmusikerinnen und Nachwuchsmusiker.
Schloss Moritzburg
Aufzeichnung vom 13. August 2019
Felix Mendelssohn Bartholdy
Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op. 1

Alexander Sitkovetsky, Violine
Sindy Mohamed, Viola
Maciej Kułakowski, Violoncello
Tiffany Poon, Klavier

Fanny Hensel
Streichquartett Es-Dur

Nathan Meltzer, Mira Wang, Violine
Ulrich Eichenauer, Viola
Hayoung Choi, Violoncello

Antonín Dvořák
Klaviertrio Nr. 3 f-Moll op. 65

Boris Giltburg, Klavier
Kevin Zhu, Violine
Jan Vogler, Violoncello

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