Mord an Nemzow

Zwei Tatverdächtige festgenommen

Trauernde, darunter die Oppositionelle Ilya Yashin (l), legen Blumen auf das Grab von Kreml-Kritiker Boris Nemzow auf dem Trojekurowo-Friedhof in Moskau.
An der Beerdigung von Nemzow nahmen rund 600 Menschen teil. Sind die Täter jetzt gefasst? © AFP / KIRILL ZYKOV
Von Gesine Dornblüth |
Die russischen Behörden haben zwei Tatverdächtige im Mordfall Nemzow festgenommen. Für sie ist es ein großer Erfolg, doch die Nachricht wird im Land gemischt aufgenommen.
Das russische Staatsfernsehen feiert es als Sensation: Die Behörden haben zwei Tatverdächtige im Mordfall Nemzow festgenommen. Das gab der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, am Samstag bekannt.
"Ich habe das Staatsoberhaupt darüber informiert. Zurzeit gehen die Ermittlungsarbeiten weiter."
Staatspräsident Wladimir Putin hatte die Ermittlungen im Mord an Nemzow zur Chefsache erklärt. Vor drei Tagen hatte er darüber hinaus bei einer Versammlung von Mitarbeitern des Innenministeriums gefordert, die Aufklärungsquote von Verbrechen erheblich zu verbessern.
Die mutmaßlichen Täter sollen aus dem Nordkaukasus stammen
Wie in Russland üblich, nannte der FSB-Chef heute die vollen Namen der beiden Tatverdächtigen. Sie sollen aus dem Nordkaukasus stammen. Details wurden nicht bekannt. Ein Gericht wird in den nächsten Tagen über ihre Haft entscheiden. Der Reporter im Staatsfernsehen stellte bereits fest:
"Wenn so eine Erklärung vom Direktor des FSB kommt, heißt das, es gibt bereits überzeugende und ernsthafte Beweise und Indizien, die die Festgenommenen eindeutig mit dem Verbrechen in Verbindung bringen."
Am Nachmittag teilte auch die Ermittlungsbehörde mit, nach ihren Erkenntnissen seien die beiden Männer an der Organisation und an der Ausführung des Mordes an Boris Nemzow beteiligt gewesen. In Moskau wurde die Nachricht von den Festnahmen unterschiedlich aufgenommen.
Ilja Jaschin, Parteikollege des ermordeten Nemzow, sagte, es sei schwer zu beurteilen, ob die Verdächtigen infolge guter Ermittlungsarbeit festgenommen wurden, oder ob es sich um einen Fehler handele. Viele Anhänger Nemzows vermuten den Kreml hinter dem Mord. Jaschin weiter:
"Wir werden fordern, dass die Ermittlungen öffentlich gemacht werden. Damit niemand Zweifel hat, dass die Festgenommenen wirklich diejenigen sind, die auf Boris Nemzow geschossen haben."
Morddrohungen gegen Journalisten
Vor der Botschaft der USA in Moskau demonstrierten heute Anhänger der Putin-treuen "Nationalen Befreiungsbewegung", NOD. Auf Transparenten machten sie die USA für den Politikermord verantwortlich. Präsident Putin hatte bereits zwei Stunden nach dem Verbrechen erklären lassen, es handele sich um eine politische Provokation – gemeint war, aus dem Ausland.
Unterdessen berichtet der prominente Journalist Sergej Parchomenko von Morddrohungen, die er in den letzten Monaten, vor allem aber in der vergangenen Woche erhalten habe. Parchomenko arbeitet für den kremlkritischen Sender "Echo Moskwy". Gestern moderierte er eine Sendung über den Mord an Nemzow.
"Es sind ungefähr 15 Telefonnummern, von denen aus ich Drohungen erhalte. Das sind erwachsene Stimmen, die mir erklären, was sie mit mir anstellen wollen im Zusammenhang mit dem, was ich hier im Radio sage."
Am Rande der Totenmesse für Nemzow am vergangenen Dienstag hatte auch die bekannte Kremlkritikerin und Journalistin Ksenia Sobtschak Morddrohungen erhalten: Sie werde die nächste sein.
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