Mondmission der Nasa

"Als habe man die Erde so langsam aufgegeben"

05:47 Minuten
Der US-amerikanische NASA-Astronaut Eugene Cernan, Kommandant der Apollo 17, spaziert am 13. Dezember 1972 auf dem Mond herum. Im Hintergrund ist die US-Flagge zu sehen und eine Antenne.
Nasa-Astronaut Eugene Cernan, Kommandant der Apollo 17, spaziert am 13. Dezember 1972 auf dem Mond herum. © imago stock&people / Zuma Press
Rolf Giesen im Gespräch mit Gesa Ufer · 15.05.2019
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Ab 2024 wollen die USA dauerhaft Astronauten auf dem Mond stationieren. 1,6 Milliarden Dollar stellt Trumps Regierung dafür zusätzlich bereit. Alles nur Science-Fiction? Der Filmwissenschaftler Rolf Giesen sieht das Geld "im Nirwana des Weltalls" vergeudet.
Niemand geringeres als William Shatner, besser bekannt als "Captain T. Kirk" aus der Fernsehserie "Raumschiff Enterprise", wirbt in einem Werbespot für die neue NASA-Mission "Artemis". Die soll ab 2024 dauerhaft auf dem Mond stationiert sein.
Damit das ehrgeizige Ziel erreicht werden kann, hat der US-Kongress entschieden, der US-Raumfahrtbehörde 1,6 Milliarden US-Dollar zusätzlich zur Verfügung zur stellen – das entspricht rund 1,43 Milliarden Euro. Das Vorhaben habe vor allem politische Gründe, erklärt Filmwissenschaftler Rolf Giesen:
"Mike Pence, der Vizepräsident, hat gedroht: Wenn die Nasa es nicht schafft, finden wir schon andere, die das 2024 erreichen werden. 2024 wäre die zweite Amtszeit von Donald Trump zu Ende – so er wiedergewählt wird."
Die Erschließung des Weltraums ist so etwas wie ein politisches Statussymbol. Um für Akzeptanz zu sorgen, wird auch schon mal die Popkultur eingespannt. "Walt Disney und Wernher von Braun haben schon in den 1950er-Jahren im Fernsehen zusammengearbeitet, um Steuergelder bei der amerikanischen Bevölkerung locker zu machen", erzählt Rolf Giesen.

Den Mond in Besitz nehmen

1969 war es dann so weit, der Amerikaner Neil Armstrong betrat als erster Mensch den Mond. Die Welt hielt den Atem an. Befeuert wurde die Begeisterung für die bemannte Raumfahrt auch durch Science-Fiction-Filme wie die Star-Wars-Saga von George Lucas. Je weiter hinaus ins All, desto besser. Um den Mond wurde es irgendwann still.
"Barack Obama hat gesagt, der Mond ist bekannt. Und so sah es auch in den Science-Fiction-Filmen aus: Der Mond war überhaupt kein Thema mehr. Wenn war es der Mars", sagt Rolf Giesen. "Dann aber hat sich China gerührt und ein großes Raumfahrtprogramm auch privater Natur aufgelegt."
Darauf würden die Amerikaner nun reagieren. Ein neuer Wettkampf um den Mond ist entbrannt. Doch diesmal gehe es nicht nur darum, den Mond zu besuchen, sondern darum, den Mond in Besitz zu nehmen, erklärt Giesen. Das werde im NASA-Werbespot deutlich: "Shatner sagt nicht nur: 'We are going to the moon.' Er sagt: 'We are going to the moon to stay.' Diesmal werden wir bleiben, wir werden den Mond in Besitz nehmen. Es hört sich so an, als habe man die Erde so langsam aufgegeben."

"Enormer Handlungsbedarf auf der Erde"

Der Gedanke, die Erde zu verlassen und den Weltraum zu besiedeln, sei gegenwärtig auch in verschiedenen Science-Fiction-Filmen verbreitet. Als jemand, der sich mit Science-Fiction beschäftige, findet Rolf Giesen diese Überlegung zwar sehr interessant, für die Realität würde er sich aber eine andere Lösung wünschen:
"Ich sehe einen enormen Handlungsbedarf auf der Erde. Und ich hätte mir gewünscht, wir würden diese gewaltigen Ressourcen und Mittel einsetzen, um auch für die Erde, für die Menschen hier eine Lösung zu finden und nicht nur im Nirwana des Weltalls."
(mwl)
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