Molwanien – Land des schadhaften Lächelns

Vorgestellt von Peter Krause |
Jedes Jahr zeigt sich auf der Internationalen Tourismus Börse ITB in Berlin von neuem, wie schwierig es geworden ist, neue, aufregend-exotische Reiseziele zu finden. Doch es gibt eine Alternative: Zum ersten Mal präsentierte sich dort das kleine osteuropäische Land Molwanien. Und es warb mit dem unschlagbaren Motto: Das Land des schadhaften Lächelns. Den Reiseführer für dieses Land, das auf keiner Karte zu finden ist, gibt es auch schon.
Dr Tobias Walleiser, der Honorarkonsul Molwaniens, forderte die versammelte Medienschar auf sich zu erheben, während die Nationalhymne ertönte. Der feierliche Augenblick wurde allerdings durch die kakophonen Klänge zunichte gemacht. Die offiziellen Vertreter reagierten prompt und sensibel und stellten die Musik schon nach einer Minute ab.

Kaum war die Kultur abgehakt, kam der zweitwichtigste Faktor eines Landes zur Sprache: Die wirtschaftliche Lage.

„Unsere Wirtschaft ist stark, stark wie Maultier. Wir exportieren sogar unsere Sauvignon Sour, unsere berühmte Wein. Das ist Chateau Schiablazka...“

Der Wein stammt aus der Gegend um Vajana – wo das genau liegt, blieb im Dunkeln. Ein weiteres außergewöhnliches molwanisches Tröpfchen ist der berühmte Weißwein „Turpz“, für Genießer wird er schon nach zwei Gläsern unverzichtbar, schließlich enthält das Getränk auch Nikotin. Dafür darf man in der Kirche rauchen, das Land ist schließlich baltisch-orthodox! Der Bürgermeister von Gyrorek, Herr Stronzlhelm, erläutert stolz einen weiteren attraktiven Grund in die ehemalige sowjetische Provinz zu fahren:

„Und in Molwanien haben wir ältestes Atomkraftwerk der Welt – und immer noch in Betrieb. Diese Risse sind original aus den 50er Jahren, original von Atomkraftwerk...“

Auch wenn das Land seit einiger Zeit unabhängig ist, so erinnern doch der Strubl als Währung und die gelbrote Tricolor mit den drei Arbeiter-Symbolen Hammer, Sichel und Schaufel noch stark an die kommunistische Herrschaft. Hauptstadt ist Lutenblag, ein graues Betonkaff, in dem Premier Busjbusj residiert. Und so stellt man sich unweigerlich die dringende Frage: Wie will Molwanien mit solchen zweifelhaften Qualitäten Touristen ins Land locken?

Gyrorek: „Vater von Molwanien hat das Alphabet auf 33 Buchstaben reduziert, jawohl, meine Damen und Herren....“

Mehr noch: Wie das amerikanische Außenministerium herausgefunden hat, benötigt man 16 Jahre, um der Landessprache mächtig zu werden. Erschwerend hinzukommt, dass ein Kompliment das gleiche Wort sein kann wie eine Beleidigung, die Tonhöhe macht den Unterschied. Deshalb konnten weder Herr Gyrorek noch Honorarkonsul Walleiser die aufkeimenden Zweifel am neu zu entdeckenden Reiseland Molwanien ausräumen.

„Sie könne auch Schneefahren, Schneefahren in Berge (Aussprache molwanisch), dazu muss man sagen, dass die Potenwa im Süden sich nur auf 700 Meter erheben, das macht die Schneedecke etwas unzuverlässig, zuweilen kann sie etwas wüstenartig wirken, deshalb nennt man das auch ein Skisportmekka, das Wort Mekka liegt dann entsprechend nah...“

Molwanien taucht in keinem Lexikon auf und ist auf keiner Landkarten zu finden. Das kleine Land ist die Erfindung von drei Australiern, die vermutlich ein paar Dutzend Reiseführer miteinander gekreuzt haben. Zur Illustration haben sie merkwürdige Fotografien, die irgendwo im Balkan, in einem sizilianischen Dorf oder einer russischen Kleinstadt entstanden sein könnten, geschickt im Buch platziert und Texte, Tipps und Kommentare genauso angeordnet, wie in einem echten Reiseführer.

Und Molwanien könnte ja wirklich einer dieser Kleinstaaten sein, die seit dem Auseinanderfallen des Ostblocks wie Pilze auf der Geographie erschienen sind. Die Hinweise und Erklärungen wirken zuerst authentisch, doch mittendrin taucht dann ein Satz auf, der die Bauchdecke zum Schwingen bringt. „Die hinteren Hotelzimmer haben Blick auf einen Berg, einen Berg bestehend aus Autowracks“, steht da, oder „jedes Jahr fliegt die seltene molwanische Drossel 2,5 Kilometer in ihr Winterquartier, wobei Tausende verenden, weil sie sich dabei verirren.“

Molwanien, das Land des schadhaften Lächelns: Dieser Reiseführer wirkt schneller als jedes Antidepressiva. Garantiert ohne Nebenwirkungen. Und wer weiß, vielleicht gibt es Molwanien ja doch, in der Phantasie hat es schon einmal eine festen Platz.

Gyrorek: „Bitte besucht uns in Traumland Molvania!“

Service:
Der Reiseführer „Molwanien – Land des schadhaften Lächelns“ erscheint im Heyne Verlag und kostet Euro 14,90.

Weitere Informationen finden Sie auch auf der Website Molwaniens.