Mörderische Madrigale

Gast: Steffen Schleiermacher - Moderation: Olaf Wilhelmer · 08.09.2013
Musik eines Mörders, mörderisch schwere Musik. Um Carlo Gesualdo und sein Werk ranken sich Legenden, die in der Musikgeschichte ohne Beispiel sind. Er wurde verachtet, vergessen und erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Heute, 400 Jahre nach seinem Tod, gilt der komponierende Fürst als Großmeister der Spätrenaissance.
"Gerade hat der Principe noch mit dem Dolch in Leichen gestochert, schon setzt er peinvolle süßdunkle Kontrapunkte, die schönsten, die es gibt. Bestimmt war er grün im Gesicht, und gelblicht." Mit diesen lustvollen Worten umschrieb der Komponist Wolfgang Rihm die Faszination, die heute von Carlo Gesualdo, dem Fürsten von Venosa, ausgeht. Auch wenn er seine erste Frau nicht umgebracht hätte, wäre Gesualdo sicherlich in die Musikgeschichte eingegangen: Seine Vokalkompositionen, vor allem seine chromatisch verdüsterten Madrigale, gehören zu den bedeutendsten musikalischen Zeugnissen der Spätrenaissance.

Zu den malenden Zeitgenossen von Carlo Gesualdo (1566-1613) zählen El Greco und Caravaggio, deren Manierismus in Gesualdos Musik ein oftmals bizarres Pendant findet. Die Kunst dieser Meister an der Grenze zwischen Renaissance und Barock wurde lange Zeit geringgeschätzt, wenn man sich überhaupt noch an sie erinnerte. Und wie El Greco wurde auch Gesualdo erst im 20. Jahrhundert breitenwirksam wiederentdeckt - und von seinen Entdeckern als große Anregung empfunden.

Wer über die Interpretation der Musik Gesualdos spricht, spricht damit auch über die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Viele Komponisten, von Igor Strawinsky über Alfred Schnittke bis zu Matthias Pintscher, haben sich mit Gesualdo auseinandergesetzt - auch unser Studiogast Steffen Schleiermacher, der sich seit den Tagen seines Kompositionsstudiums mit Gesuldo beschäftigt und der eine entsprechend große Plattensammlung zusammengetragen hat ...