Möllenberg fordert bundeseinheitliche Regelung zum Nichtraucherschutz

Moderation: Marie Sagenschneider |
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, hat eine bundeseinheitliche Regelung des Nichtraucherschutzes gefordert. Der Vorschlag der Koalitionsarbeitsgruppe gehe in die richtige Richtung, sagte Möllenberg im Deutschlandradio Kultur. Wenn diese Vorschläge nicht reichten, müsse letztlich die Arbeitsstättenverordnung geändert werden.
Sagenschneider: Brauchen wir demnächst eine Art Raucher- beziehungsweise Nichtraucher-Kompass für Deutschland oder werden sich die Länder auf eine gemeinsame Regelung verständigen können? Eigentlich war die Debatte ja im Bund angezettelt worden, weil Deutschland eines der wenigen EU-Länder ist, die in Sachen Nichtraucherschutz noch auf Freiwilligkeit und Toleranz setzen. In den meisten EU-Ländern herrscht mittlerweile ein strenges Reglement zugunsten der Nichtraucher.

Aber kaum hatte man sich auf eine Lösung verständigt, die viele, viele Ausnahmen enthielt, da stellte man fest: hopsa, wir sind gar nicht zuständig. Das Gaststättenrecht nämlich ist Sache der Länder und die sehen die Angelegenheit sehr unterschiedlich. Bayern will die strikte europäische Norm, das Saarland und Niedersachsen plädieren für Toleranz beim abendlichen Vergnügen und die Übrigen, ja, die diskutieren noch.

Was wäre sinnvoll? Auch darüber wollen wir nun hier in Deutschlandradio Kultur mit Franz-Josef Möllenberg sprechen. Er ist Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Guten Morgen, Herr Möllenberg.

Möllenberg: Guten Morgen, Frau Sagenschneider.

Sagenschneider: Für Sie ist es ja ganz schwierig, da eine Entscheidung zu treffen pro oder kontra Nichtraucherschutz, denn Sie vertreten ja sowohl die Gaststätten als auch die Tabakindustrie, beziehungsweise deren Mitarbeiter.

Möllenberg: Wohl richtig, wir vertreten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber wir tragen schon immer auf zwei Schultern und wir sind für Toleranz, wir sind für Miteinander. Ich sage aber auch sehr klar und deutlich, wir sind natürlich für Gesundheitsschutz und das hat absoluten Vorrang.

Sagenschneider: Das heißt, Sie wären für ein strikteres Reglement?

Möllenberg: Ich wäre zunächst einmal dafür, dass die Politik mit diesem Hickhack aufhört. Nun steht die Politik vor diesem Scherbenhaufen, den sie sich teilweise mit der Föderalismusreform selber eingebrockt hat. Jetzt ist es die Zuständigkeit der Länder, und es ist ja schon widersinnig, Sie haben ja gerade gesagt, Frau Sagenschneider, Bayern ist für ein striktes Rauchverbot. Das stimmt auch wiederum nicht, weil Herr Stoiber sich hinstellt und sagt, also wenn aber Oktoberfest ist, in den Bierzelten muss geraucht werden dürfen. Da frage ich mich, wo eigentlich da die Logik bleibt.

Nein, ich bin für Toleranz und ich bin auch durchaus dafür, dass man das Miteinanderumgehen stärker reglementiert. Wir haben Regelungen in Europa, in Italien, Irland, starke, strikte Regelungen, Rauchverbot in gastronomischen Einrichtungen. Wir haben in Spanien, als Beispiel, differenzierte Lösungen. Der Wirt, der Gastronom schreibt an die Tür, ich bin ein Raucherlokal oder ein Nichtraucherlokal. Und das funktioniert offensichtlich.

Und deshalb sage ich auch, das, was die Koalitionsarbeitsgruppen vorgelegt hatten, ist ein Schritt in die richtige Richtung, nur wenn das nicht reicht, wenn man das überprüft hat, wenn es dann einmal in Kraft ist, wenn man es überprüft hat und man stellt fest, Toleranzgebote et cetera, Appelle haben alle nichts gebracht, dann muss man letztendlich die Arbeitsstättenverordnung ändern.

Sagenschneider: Können Sie denn bisher sagen ob das etwas gebracht hat oder wären Sie jetzt schon dafür, sozusagen eine striktere Regelung einzuführen? Oder sagen Sie, noch sollen wir dem ein bisschen Zeit geben und wenn es dann nicht funktioniert, dann kucken wir mal weiter?

Möllenberg: Ich glaube, man muss sich noch ein bisschen Zeit nehmen. Ich sage das aus gutem Grund. Meine Beobachtung ist, dass das Verbraucherverhalten sich ganz anders darstellt: In den Hotels werden immer stärker Nichtraucher- oder rauchfreie Zimmer nachgefragt. In Restaurants spielt das Thema Rauchen relativ selten noch eine Rolle, weil, man möchte ja beim Essen nicht vom Nachbartisch her den Zigarettenqualm oder Zigarrenqualm riechen oder einatmen. Also da gibt es also mittlerweile die Bewegung, die ich beobachte, dass es funktioniert.

Das größte Problem ist in Kneipen, Diskotheken, Bars, wo auch immer, und da sage ich, schlage ich vor, die Koalitionsarbeitsgruppe hat einen Vorschlag gemacht, wir deklarieren entsprechend also Raucher- oder Nichtraucherbereich, wir schaffen bessere Be- und Entlüftungsanlagen, da bin ich auch sehr dafür. Aber man muss eines immer sehen und das darf man nicht verniedlichen: Ein Gast einer Gaststätte ist vielleicht eine Stunde da oder zwei Stunden, aber ein Beschäftigter in der Gastronomie der ist da acht Stunden, neun Stunden, zehn Stunden, und da gilt der Gesundheitsschutz natürlich in allererster Linie.

Und deshalb sage ich, wenn Toleranzappelle, wenn diese ersten Schritte nichts bringen, dann muss auf jeden Fall die Arbeitsstättenverordnung geändert werden in einem letzten Schritt. Aber ich sage, als erstes brauchen wir keinen Flickenteppich in Deutschland, sondern wir brauchen eine bundeseinheitliche Lösung.

Sagenschneider: Aber wenn da so ein Bedarf da ist, wenn sozusagen Nichtraucherareale immer stärker nachgefragt sind, warum, Herr Möllenberg, gibt es dann bislang so wenige Nichtraucherrestaurants oder Bars oder Kneipen? Denn da könnte man ja sagen, das würde sich durchaus lohnen.

Möllenberg: Das Problem ist aus meiner Sicht, dass zum einen die Nachfrage vielleicht doch nicht ganz so groß ist. Die Raucherinnen und Raucher in Deutschland machen ungefähr ein Drittel der Bevölkerung aus.

Sagenschneider: Und gehen öfter aus, vielleicht.

Möllenberg: Und gehen vielleicht öfter aus. Man kann natürlich auch im Umkehrschluss spekulieren, wenn es denn rauchfreie Lokale gäbe, dann würden die Nichtraucherinnen und Nichtraucher öfter ausgehen, aber das ist reine Spekulation. Entscheidend in dieser ganzen Auseinandersetzung ist ein Punkt: Wie kriegen wir es hin, dass man vernünftiger miteinander umgeht, wie kriegen wir es auch hin, dass wir ohne Verbote auskommen oder ohne Gebote? Wie kriegen wir es hin, dass wir auch die Gastronomen dazu ermuntern? Die haben nämlich jahrelang geschlafen und haben es an Einrichtungen von Be- und Entlüftungsanlagen mangeln lassen, die hätten investieren können.

Wichtig ist eines: Rauchen ist nicht gesundheitsfördernd, da stellt sich niemand hin, und die Zahlen, die zum Beispiel das deutsche Krebsforschungszentrum ermittelt hat, die Untersuchungen kann man nicht einfach wegdiskutieren. Aber dennoch sage ich, es ist lebensfremd, wenn man jetzt einfach sagen würde, wir verbieten das.

Die Politik ist ja auch in der schwierigen Situation, auf der einen Seite 14 Milliarden Euro Steueraufkommen allein aus der Zigarettensteuer, der Tabaksteuer, da kommt noch die Mehrwertsteuer drauf. Von daher machen die auch eine Gradwanderung. Es ist lebensfremd, das einfach zu verbieten, deswegen bin ich für einen Schrittfolge, wie ich das gerade beschrieben habe.

Sagenschneider: Glauben Sie wirklich, das ist eine Gradwanderung, oder dass sich der Bund hier doch vor einer Regelung drückt, denn es sind ja diese Ausnahmen, von denen wir schon geredet haben, die erst dazu geführt haben, dass nun die Länder entscheiden müssen. Bei einer einfachen Regelung ohne Ausnahmen hätte der Bund das selbst klären können, über die Arbeitsstättenverordnung, denn der Gesundheitsschutz ist Bundessache. Die Gaststätten wiederum fallen in die Zuständigkeit der Länder. Aber wenn man diese Trennung nicht macht, zwischen Bars und Kneipen auf der einen Seite und Gaststätten auf der anderen, könnte der Bund sagen, wir regeln es für alle.

Möllenberg: Das könnte er, Frau Sagenschneider. Nur, ich glaube nicht, dass der Bund sich drückt, dem Bund ist es eher peinlich und muss es auch peinlich sein, wenn wir eine Situation haben, dass da Vorschläge gemacht werden und dann kommt das Veto aus dem Justizministerium, aus dem Bundesinnenministerium zu Recht, dass es gar nicht geht, weil es mit der Verfassung nicht in Einklang geht, Föderalismusreform und so weiter, und so weiter.

Die Frage, die Arbeitsstättenverordnung zu ändern, wäre der einfachste Schritt. Da scheut man sich aber offensichtlich auch für ein Stück Lebenswirklichkeit am Bedarf, an den Menschen vorbei, etwas regeln zu wollen. Und ich glaube, dass die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hat, es gibt eine Tendenz das herunterzufahren, also das Rauchverhalten zu ändern, Toleranz zu üben. Und das muss man dann in den nächsten zwei Jahren noch ausprobieren und dann spätestens muss die Arbeitsstättenverordnung geändert werden.

Sagenschneider: Ich habe auch mit Interesse gelesen, dass es für den Bundestag kein Rauchverbot geben soll. Herr Möllenberg, ich danke Ihnen. Franz-Josef Möllenberg war das, der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur.