Moderne Kunst und Betriebswirtschaft vereint

Von Martin Koch |
Betriebswirtschaft und moderne Kunst haben auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun. Kühles Rechnen auf der einen, ästhetische Betrachtung auf der anderen Seite. Christian Lethert, der jüngste Galerist Deutschlands, vereint in seiner Person diese Gegensätze.
„Ich hab mit dem Job jetzt mit 25 erst mal die Erfüllung gefunden.“

Zeit verschwenden ist nichts für Christian Lethert. Was immer er tut, muss effizient sein und klar strukturiert. So wie der Schreibtisch in seiner Galerie: schlichtes Schwarz, darauf nur ein Laptop und ein Telefon, sonst nichts. Der graue Betonfußboden und die hohen weißgestrichenen Wände vervollständigen den Eindruck schlichter Eleganz. Der Mann mit den kurzen, modisch gegelten schwarzen Haaren könnte ein Bruder von Tom Cruise sein. Der Diplom-Betriebswirt hat viel Energie und Ausdauer in die Erfüllung seines Traums investiert. Dabei verdankt er den Beginn seiner Kunst-Karriere vor fast zehn Jahren eher einem Zufall:

„Irgendwie war der Wunsch sehr früh ausgeprägt, selbstständig zu sein, das eigene Geld zu verdienen und da war’s mir egal, ob ich im Schreinerhandwerk aushelfe oder in der Galerie Telefondienst mache.”“

Es wurde die Galerie. Der weit über Deutschland hinaus bekannte Kunsthändler Erhard Klein hatte sich kurz zuvor von Bonn aufs Land zurückgezogen, in Christians Letherts Heimatort Bad Münstereifel. Aus dem Telefondienst während der Geschäftsreisen des Chefs wurde schnell mehr, erinnert sich Christian Lethert:

„"Erhard Klein hat auch ne gute Art gehabt, mich zu ködern, hat mich auf viele Veranstaltungen mitgenommen, später auch international. Und durch den täglichen Umgang habe ich dann auch mein Gespür für Kunst entwickelt und selber angefangen zu sammeln und zu kaufen.“

Das erste von eigenem Geld erworbene Kunstwerk hat er noch – die dreiteilige Zeichnung des Bildhauers Lutz Frisch hängt in seinem Wohnzimmer. Christian Lethert lernte früh, Prioritäten zu setzen: Das Abitur schaffte er mit Bravour, obwohl er wesentlich mehr Zeit in der Galerie verbrachte als mit Schule und Lernen. Und bis heute profitiert er von den Eigenschaften, die er von seinen Eltern mitbekommen hatte:

„”Von meiner Mutter sicher den akribischen Sinn für Ordnung und für Sauberkeit. Und von meinem Vater ein gutes Stück handwerkliche Fähigkeiten, er ist n Allrounder, der kann alles. Und von beiden positives Denken, und ja, auch Bodenständigkeit."“

Seine Mutter ist pensionierte Altenpflegerin, sein Vater arbeitet im Maschinenbau. Zu beiden hat Christian Lethert ein enges Verhältnis, schaut häufig vor der Arbeit mal kurz auf nen Kaffee vorbei – seine Wohnung liegt schließlich gleich um die Ecke in seinem Heimatort. Hier in Bad Münstereifel ist er groß geworden, hier hat er alles, was er braucht. Erst recht, seit er in seinem großzügigen 140-Quadratmeter-Appartment mit Lebensgefährtin Susanne zusammenwohnt.

„”Ich bin seit sieben Jahren mit meiner Freundin zusammen. Sie spielt, ähnlich wie Heimat oder Wohnort, ne ganz wichtige Rolle, so als Rückzugsort. Wenn’s mal nicht so gut gelaufen ist, sie steht dann einfach hinter mir und wir machen was, was nichts mit der Existenz zu tun hat, und das ist ein guter Ausgleich.”“

Auf der täglichen Fahrt von der Eifel nach Köln hört er gern die Musik, die ihn an eine für ihn wichtige Zeit in den USA erinnert.

Musik: „It never rains in Southern California“

Im kalifornischen Santa Monica hat Christian Lethert eine Hälfte seines Praxissemesters im Rahmen des BWL-Studiums verbracht. Die drei Monate in der renommierten ’Griffin Galerie für zeitgenössische Kunst’ haben Spuren hinterlassen:

„”Beeindruckt hat mich die Professionalität der Galerie, das fängt beim Kundenumgang an und hört bei der Inszenierung der Werke auf. Da wurden ganze Hallen umgebaut, ganze Räume grau gestrichen. Ich glaube, die haben uns ‘n Stück voraus, was die Präsentationsmöglichkeiten angeht."“

Aus Amerika hat Christian Lethert auch die Vielfalt seines Galerie-Konzepts mitgebracht: Gegenwartskunst aus den Bereichen Malerei, Bildhauerei und Fotografie. Um möglichst schnell starten zu können, gestaltete er die Endphase des Studiums noch etwas effizienter – und schrieb die Diplomarbeit einfach über sein eigenes Projekt: über Existenzgründungen im Kunstmarkt.

„Ich bin zwar ein sehr disziplinierter Typ, aber die Arbeit hat mich gezwungen, noch disziplinierter an beispielsweise die Finanzplanung heranzugehen.“

Das Ergebnis macht aus Christian Lethert auf dem Papier einen Überflieger: Diplom mit 25, gute Noten, obwohl er das Studium eher en passent neben der Arbeit als Galerie-Assistent absolviert hat, und seit August ein eigenes Geschäft. Das ist mit 120 Quadratmetern zwar kleiner als seine Privatwohnung, doch die zentrale Lage im sogenannten „belgischen Viertel“ in Köln und fast zehn Jahre Erfahrung im Kunstbetrieb verschaffen dem Newcomer eine gute Ausgangsposition. Trotzdem ist Christian Lethert bei allem Selbstbewusstsein angenehm uneitel geblieben:

„”Ich bin von Grund auf zufrieden, dass ich den Mut hatte und es geschafft habe, die vergangenen Ausstellungen haben gezeigt, dass ich’s gut mache, ich werde angenommen. Meine Schwächen liegen eher im privaten Bereich, dass ich den Leuten, die mir am Herzen liegen, in Stresssituationen eher mal auf die Füße trete.”“

Der ganz große Stress ist jetzt, vier Monate nach der Eröffnung, erstmal vorbei, seine Galerie gut angelaufen. Die Mischung aus großen Namen wie Katharina Sieverding und eher regionalen Künstlern wie dem Bildhauer und Grafiker Klaus Schmitt kommt an. Und für Christian Lethert ist jeder Tag eine neue Herausforderung:

„Jaa, ich bin im Moment noch jeden Tag aufgeregt, klar, bei jedem Türöffnen, aber ich mach da keinen Unterschied, egal, ob es der junge Kunststudent ist oder der Bankdirektor. Ich hoffe sagen zu können, dass sie alle die gleiche Behandlung bekommen: freundlich, ne Tasse Kaffee, denn man weiß nie, was sich daraus entwickelt.“