Modedesign in China

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06:21 Minuten
Vier Models laufen mit Militärmänteln bei der China Fashion Week am 25. März 2019 in Peking über den Laufsteg, dabei tragen sie die neue Kollektion des Designers Hu Sheguang.
Vielleicht bald auf den Straßen Pekings zu sehen: Der Designer Hu Sheguang zitiert bei seiner neuen Kollektion die Militärmäntel der Mao-Zeit © Imago / Zhu Ying
Von Axel Dorloff · 27.03.2019
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Bei der China Fashion Week wird Ende März in Peking gezeigt, was die chinesische Modewelt zu bieten hat: Die im Westen kaum bekannten Designer und Designerinnen setzen auf eigene Kreationen und bedienen sich dabei oft patriotischer Symbole.
Lange haben chinesische Konsumenten alles verehrt, was aus dem Westen kam. Aber es gibt einen Gegentrend: die wachsende Vorliebe für chinesisches Design und heimische Marken. Auf der China Fashion Week vom 25. bis 31. März in Peking zeigen chinesische oder chinesischstämmige Modedesigner ein neues kulturelles Selbstbewusstsein. Der Bezug zu China prägt ihre Arbeit. Heimatpatriotismus statt Unterlegenheitsgefühl. Eigene Kreationen statt Kopien. Für die einen ist das eine Form von Modenationalismus, für die andere die Emanzipation in einer westlich dominierten Modewelt.

Traditionen verpflichtet

Eine alte Fabrikhalle im Pekinger Künstlerviertel 798. Auf der China Fashion Week präsentieren mehr als 100 Models an diesem Abend die neue Kollektion von Modedesigner Hu Sheguang. Titel: "Mode – Frauen –Truppen". Hu Sheguang zitiert in seiner Arbeit immer wieder Elemente aus seinem Heimatland China.
"Ich möchte die kulturellen Traditionen unserer Vorfahren nicht unverändert in meinem Design zeigen. Aber: Ich will sie weiterentwickeln zu einer Kombination aus Innovation und Fortführung traditioneller Elemente. Die jungen Leute sollen das mögen. Meine Show zeigt meine Sicht auf die chinesische Kultur, die ich mit meiner Arbeit vermitteln möchte."
Die traditionellen rot-bunten Hüte erinnern an die Innere Mongolei. Der Schnitt der Mäntel an die ausfallenden Wintermäntel aus der Mao-Zeit. Auf dunkelgrünen Rucksäcken strahlt der rote Stern als Symbol der Arbeiterbewegung. Das Design des 45-jährigen Hu Sheguang lebt von der kulturellen Referenz. Er stammt aus der Inneren Mongolei. Mit 16 Jahren ist er nach Holland gezogen, hat in Amsterdam studiert und die niederländische Staatsangehörigkeit angenommen. Vor sieben Jahren ist er nach China zurückgekehrt.
"Nach meiner Rückkehr nach China hatte ich das Gefühl, dass meine Inspiration unerschöpflich ist. Wir können hier viele neue Sachen ausprobieren. Viele Chinesen haben immer noch die Angewohnheit, ausländische Marken und ausländisches Design mehr zu achten. Wir sind noch nicht so selbstbewusst, was unsere eigenen Marken anbelangt. Aber China befindet sich im Übergang. Von einer Produktionsstätte für ausländische Marken hin zu einem eigenen, chinesischen Modedesign."

Emanzipiert vom Westen

Designer Hu Sheguang gehört zu denen, die ein neues kulturelles Selbstbewusstsein propagieren. China nicht nur als Land, in dem die meisten Gucci-Taschen gefälscht und die meisten westlichen Turnschuhe produziert werden, sondern ein Land, deren Modedesigner sich vom Westen emanzipieren. Chen Wen ist zweiter Vorsitzender der China Fashion Association.
"Die meisten unserer Designer kommen kaum aus China heraus. Deswegen wissen die Medien und die Menschen im Westen wenig über chinesische Designer. Sie denken, wir verharren im Zustand von vor zehn Jahren, haben keine originären Ideen, sind lediglich Produktions- und Konsumentenland. Aber die chinesische Mode hat sich in den letzten zehn Jahren so schnell entwickelt wie die chinesische Wirtschaft."

Blick nach außen bleibt wichtig

Auf der China Fashion Week in Peking treffen sich Chinas Großstadt Hipster. Sie tragen Feiyue-Turnschuhe, den legendären chinesischen Kung-Fu-Schuh aus Segeltuchmaterial. Oder die chinesische Sportmarke Li-Ning, die zu Adidas und Nike aufschließen möchte. Deren intensive Verwendung chinesischer Zeichen und der Farben Rot und Gelb manche bereits Modenationalismus nennen. Der Blick nach außen bleibt wichtig, sagt Designer Hu Sheguang:
"Es geht auf Dauer nicht, wenn wir mit chinesischer Mode im eigenen Saft kochen. Wir müssen die Tür aufmachen, das Ausland kommentieren lassen. Das ist der richtige Weg. Aber viele chinesische Designer wollen diese Tür jetzt noch nicht öffnen."
Hu Sheguang hat mehr als 20 Jahre in Holland gelebt und als Modedesigner für das niederländische Königshaus gearbeitet. Aber seine Zukunft – und die des Modedesigns – sieht er in China.
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