Mobilitätsexperte zu Deutschlandplänen von Tesla

"Elon Musk steht für Größenwahn"

09:41 Minuten
Ein Auto steht quer auf der Fahrbahn einer Autobahn. Vor dem rechten Vorderrad kniet ein Polizist.
Falsche Richtung in der Elektromobilität: Nicht immer größer müssten die Autos werden, sondern kleiner und effizienter, sagt Wolfgang Lohbeck. © Imago / Markus Brandhuber
Wolfgang Lohbeck im Gespräch mit Nicole Dittmer · 13.11.2019
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Das US-Unternehmen Tesla will seine Elektro-Autos in Brandenburg und Berlin entwickeln und bauen. Bei deutschen Politikern sorgt das für Freude. Für den Mobilitätsexperten Wolfgang Lohbeck ist dies indes ein Schritt in die falsche Richtung.
Jubel in Berlin und Brandenburg: Elon Musk, Gründer des Elektroautokonzerns Tesla, will in Grünheide im Landkreis Oder-Spree eine "Gigafabrik" für E-Autos und Batterien bauen. Das hat Musk am Dienstag-Abend überraschend verkündet. Es wäre die erste große Tesla-Fabrik in Europa – mit angeblich bis zu 10.000 Arbeitsplätzen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) begrüßt die Entscheidung: "Das Deutschland den Zuschlag bekommt, ist eine wichtige, eine gute Nachricht!" Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) verspricht, dem Konzern nach Kräften zu helfen: "Wir werden alles tun, diese Investition zu unterstützen."

Großprojekt in Brandenburg

In der "Gigafabrik" soll das wichtigste Tesla-Fahrzeug Model 3 für den europäischen Markt gebaut werden, zudem der geplante Kompakt-SUV Model Y, insgesamt rund 150.000 Autos pro Jahr. Dazu will Tesla in Berlin ein Entwicklungszentrum einrichten.
Doch hat Musk seine Pläne auch wirklich durchdacht? Satiriker Jan Böhmermann warnt schon mal per Twitter: "do you know the meaning of the German words 'Baugenehmigung' and 'Naturschutzgebiet'?"
Andere erinnern an gefloppte Brandenburger Großprojekte wie den Cargolifter, die Chipfabrik oder den Lausitzring – und warnen davor, ausgerechnet einem Großsprecher wie Musk zu vertrauen, der waghalsige Pläne wie die Transportröhre Hyperloop und die Besiedlung des Mars verfolgt – und seine Aktionäre schon öfters mit wirren Äußerungen in Unruhe versetzt hat.
Für Wolfgang Lohbeck handelt es sich um eine "zwiespältige Angelegenheit". Denn für den Diplomingenieur und Mobilitätsexperten, der seit Anfang der 1980er-Jahre für Greenpeace gearbeitet hat und nun als Publizist tätig ist, stehe Musk und sein Unternehmen Tesla für eine "falsche Richtung der Elektromobilität". Lieber wäre es ihm, wenn "ein anderer Hersteller andere Autos bauen würde".

Deutsche Autoindustrie lässt sich treiben

Von Tesla gingen falsche Signale aus, sagt Lohbeck. Denn das Ziel der Elektromobilität müsse eigentlich sein, kleine, leichte und effiziente Autos auf die Straße zu bringen. Dies sei durch die technischen Begrenzungen sowie die bekannten durch die Herstellung der Batterien verbundenen Probleme wie Kinder- und Sklavenarbeit geboten.
Doch Tesla stehe für das Gegenteil: "Autos, die drei Tonnen wiegen, die nahezu eine Tonne Batterie mit sich schleppen. Hier wird tatsächlich Elektromobilität in einer Weise pervertiert, die für die ganze Branche letztlich schädlich ist." Das Schlimme sei zudem, dass sich auch die deutsche Autoindustrie davon treiben lasse.
Das Thema Antrieb sei bei Autos "völlig überbewertet", so Lohbeck. Ein Elektro-Auto sei in einer bestimmten Größe genauso schlecht wie eines mit Verbrennungsmotor. Dies betreffe auch den CO2-Verbrauch. Vielmehr müssten die Autos stadttauglich werden.
Dies bedeute, dass sie klein sind und einen geringen Flächenverbrauch haben. "Der Umstieg zu weniger CO2 wäre mit kleineren, leichteren Verbrennern schneller zu schaffen als mit Elektro-Autos", sagt Lohbeck.

Besser in sinnvolle Produkte investieren

Kritik übt er zudem an Tesla-Chef Musk. Dieser stehe nicht für die Zukunft der Mobilität. Stattdessen stehe er "für Größenwahn", sagt Lohbeck. "Ich sehe Herrn Musk als eine problematische Persönlichkeit." Denn dieser stehe für eine "völlig falsche und fehlgeleitete Elektromobilität".
Auch das Argument, dass bis zu 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen würden, lässt Lohbeck nicht gelten. Eine bessere Investition wäre es, wenn durch diese Jobs sinnvolle Produkte herstellen würden – und keine kontraproduktiven, wie nun vorgesehen, so der Umweltexperte.
(rzr)
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