Mittelfranke gegen Niederbayer

Von Rudolf Erhard |
Das Hauen und Stechen bei der CSU geht weiter. Bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten und des Generalsekretärs spielt die Herkunft der Kandidaten eine wichtige Rolle. Das war bei Gründung des Freistaates Bayern schon so und hält bis heute an.
Mittelfranke oder Niederbayer, Protestant oder Katholik - landsmannschaftliche und religiöse Zugehörigkeiten sind wichtig bei der Wahl der Kandidaten. Die Politik der Bewerber ist ein Aspekt, gravierender ist der alte Nord-Süd-Konflikt zwischen Franken und Altbayern. Die Trennlinien verlaufen quer durch die CSU, die Bewerber scharren ihre Stammesbrüder um sich.

Stoiber: "Also vorweg eine gute Nachricht: es hat keinen Kampf gegeben, es hat auch keine Verletzungen gegeben."
Seehofer: "Also ich kandidiere."
Huber: "Ich bin bereit, zu kandidieren."
Seehofer: "Mich stört dieses pausenlose Durchstechen, dieses Intrigantentum."

Kann ein evangelischer Franke Ministerpräsident werden? Eine Frage, die im Oktober 2005 ganz Bayern bewegte. Im Nachfolgestreit um den mit Berlin liebäugelnden Oberbayern Edmund Stoiber stritten darum der katholische Niederbayer, vulgo Altbayer, Erwin Huber und der Nürnberger, vulgo Franke, Günther Beckstein. Stoibers Rückkehr machte aus dem scheinbaren Staatspolitikum eine Nullnummer. Doch jetzt, nach Stoibers angekündigtem Ausstieg, ist der evangelische Franke Beckstein ohne jegliche landsmannschaftliche oder konfessionelle Diskussionen als Ministerpräsidenten-Nachfolger gesetzt. Dafür fangen eine Ebene darunter die Proporzspiele an. Es geht um die Machtverteilung in der Regierungspartei CSU. Wird ein Ober- oder ein Niederbayer Parteichef? Darf neben einem fränkischen Ministerpräsidenten auch noch ein Franke Fraktionschef sein? Muss da nicht landsmannschaftlich mit dem Landtagspräsidenten ausgeglichen werden? Wie wirkt sich die neue fränkische Macht auf die Besetzung der Kabinettsposten aus? Verlieren die Oberbayern einen Teil ihrer Macht, wer bleibt, wer geht, wen schützt der Regionalproporz?

Stoiber: "Es geht ganz entscheidend darum jetzt, nicht wer wird was, sondern es geht darum, mit welcher Mannschaftsaufstellung geht die CSU in die nächsten Jahre."
Huber: "Ich traue mir zu, die gesamte Bandbreite bei einer liberal-konservativen Partei darzustellen."
Seehofer: "Wenn es die Chance gibt noch in einem zumutbaren Alter, ich bin jetzt noch nicht 60, diese Partei zu führen, ist das an sich ein Reiz."
Beckstein: "In der Politik ist das Schöne, dass alles möglich ist, aber auch das Gegenteil von allem."

Was ist los im CSU-regierten Freistaat? Von wegen "fest in Eintracht und in Frieden", wie sie in der Bayernhymne singen. Machtgerangel. Wem gebührt künftig der Defiliermarsch?
Es handeln Edmund Stoiber, Erwin Huber, Günther Beckstein und Horst Seehofer. Ein gestürzter König und drei einst mehr oder weniger getreue Gefolgsleute. Es geht um Machtnachfolge, politische Lager, regionale Befindlichkeiten und Einfluss in der CSU.
Die angeblich schlimmste Krise der Christsozialen war sicherlich die medial am heftigsten vermarktete innerparteiliche Auseinandersetzung in der Geschichte der CSU. Getreu der viel strapazierten Steigerungsformel: Feind, Todfeind, Parteifreund. Da vermischten sich Einfluss, Ehrgeiz und Eifersucht zu einem nebelwabernden Politgebräu.

Beckstein: "Ich bin ein Geradean. Ich stehe für harte Entscheidungen, und dazu stehe ich auch, aber ich diene nicht dazu, Intrigenspiele zu machen und weiter zu tragen."
Stoiber: "Ich habe mit all den Gesprächsteilnehmern vereinbart, dass wir alle pausenlos gut übereinander reden."

Versprochen, gebrochen. Edmund Stoibers Fall, sein angekündigter Ausstieg aus einst unangefochtener Stellung an der Spitze von Regierung und Partei haben das Machtgerangel in der CSU ausgelöst.

Seehofer: "Da kommt der Erwin Huber, Erwin, ich habe nichts Neues gesagt."
Huber: "Ich schon, ich habe nur Gutes über dich geredet, das überrascht die alle."
Seehofer: "Ich habe nichts Neues gesagt. Ach so, ich hätte was Gutes auch noch sagen sollen."
Huber: "Wir reden, haben wir ja gesagt, grenzenlos gut übereinander."

Es geht also um Posten in der CSU. Seit sechs Jahrzehnten regiert sie Bayern, unterbrochen nur von einem dreijährigen Betriebsunfall 1954. Zuletzt Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag, ein lückenloses schwarzes Netzwerk in Bayern und in Berlin mit am Regierungstisch. Herz, was willst du mehr. Und doch wissen wir, das Herz der Partei erkaltete ob all der Macht. Und damit auch Achtung und Respekt vor Edmund Stoiber. Die Geschichte ist bekannt, das Ende auch.

Stoiber: "Ich werde mein Amt als bayerischer Ministerpräsident zum 30. September diesen Jahres abgeben, ich werde auf dem CSU-Parteitag im September auch nicht mehr als CSU-Vorsitzender kandidieren."

Ein Mann geht, zwei Posten sind frei, der Bewerber gibt es drei. Schon einmal, im Herbst 2005, hatte der spät angekündigte, dann halbherzig vollzogene und beim ersten Gegenwind rückgängig gemachte Wechsel Stoibers nach Berlin die CSU aufgerüttelt und gespalten.

Huber: "Ich werde in den Wahlkampf ziehen, das ist für mich ein Jungbrunnen, und ich werde dann jünger aus dem Wahl-Kampf zurückkommen."
Beckstein: "Ich will jetzt nach so langer Zeit im Innenministerium und nach so langer Zeit als zweiter Mann in der Staatsregierung die Chance ergreifen, der Erste zu werden."
Beckstein-Anhänger: "Der Beckstein kann das gut."
"Er kann die Probleme richtig lösen."
"Beim Beckstein sind wir zuversichtlich."

Satz mit X, war wohl nix. Der Machtkampf zwischen Erwin Huber und Günther Beckstein, der die CSU-Anhängerschaft und das restliche Bayern politisch erregte, fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus, als sich der Bayer Stoiber in Berlin auf der Verliererstraße wähnte und kniff:

Stoiber: "Ich bin in dieser veränderten Situation zu der Überzeugung gekommen, dass ich als Parteivorsitzender die Interessen der CSU besser in München vertreten kann. Ich werde bei dieser veränderten Statik bayerischer Ministerpräsident bleiben und eine neue Regierung als CSU-Chef und als Ministerpräsident politisch unterstützen."

Der König geht, der König kommt, das Volk schüttelt den Kopf und die düpierten Erben in den Startblöcken beteuern mit knirschenden Zähnen Loyalität.

Huber: "Es ist eine Entscheidung, die er gut überlegt hat und begründet hat. Und jetzt geht es darum, dass wir in voller Geschlossenheit Bayern voranbringen."
Beckstein: "Ich eigne mich nicht zum Revolutionär und von daher ist es nicht meine Aufgabe und erst recht nicht mein Wille, dass ich hier Unruhe schüre."

Doch wie im richtigen Leben haben auch in der Politik nicht nur Lügen, sondern auch Halbheiten kurze Beine. Das Machtgefüge der CSU begann folglich von oben her zu bröckeln. Ein einsamer Ehrgeizling, blind in seiner Macht, verbissen in seiner von falschen Ratgebern genährten Selbstbestätigungswelt, litt zwar kurzfristig wie ein Hund, berserkerte dann aber weiter, ohne Gespür, ohne Erdung, und plötzlich ohne Macht.

Umfrage:
"Erleichterung natürlich, weil die Basis seit dem Rücktritt von Berlin mit dem Edmund Stoiber nicht mehr so zufrieden war."
"Muss aber gleichzeitig auch sagen, dass mit der Erleichterung gleichzeitig auch ein großes Bedauern einhergeht, weil der Abschied nicht schön war."
"Schade, dass es so gekommen ist, aber jeder muss auch wissen, wann ein Ende ist."
"Ich bedauere es, dass er zurückgetreten ist, aber ich verstehe es auch."
"Dass er so schnell das Handtuch wirft, damit habe ich nicht gerechnet."
"Jedes Ende hat auch einen Neuanfang vor sich."
"Ich glaube, die Zerreißprobe kommt jetzt erst, und ich glaube, dass die CSU eine schwere, schwere Zeit vor sich hat."

Richtig. Stoibers politisches Ende, oft geschildert und seit Wochen dokumentiert, bescherte der CSU das erwartete Machtgerangel. Zur Erleichterung vieler aber dann doch nur um einen Posten – den des CSU-Chefs, den anderen Stuhl Stoibers schnappte sich …

Herrmann: "Günther Beckstein wird neuer bayerischer Ministerpräsident, dafür gibt es eine ganz breite Stimmung in der CSU-Landtagsfraktion."

Verkündete CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann. Beckstein und Huber, die einstigen Rivalen um den obersten Regierungsstuhl Bayerns, hatten sich diesmal schon vor dem offiziellen Rücktritt Stoibers auf eine Machtaufteilung geeinigt. Geschickt gestreut, beschleunigte das hörbare Scharren der potenziellen Nachfolger Stoibers Abgang. Sehr zur Erleichterung der Landtags-CSU, dem eigentlichen Machtzentrum der Partei:

Huber: "Denn, muss man ja sehen, die Diskussionen des Jahres 2005 haben doch viele belastet, und zwar deshalb, weil die meisten sowohl den Günther Beckstein wie den Erwin Huber mögen, und deshalb hat die Diskussion manche eben belastet und das ist jetzt weg."

Aber nur zum Teil. Denn was da, im symbolträchtigen Wildbad Kreuth, hinter Stoibers Rücken ausgeklüngelt wurde, war eine Rechnung ohne den Dritten, der da aus Berlin plötzlich auf den Kandidatenstuhl drängte. Bundespolitiker Horst Seehofer, stichelte gegen den Status des Konkurrenten aus der bayerischen Landespolitik, gegen Erwin Huber:

Seehofer: "Sollten wir dieses zweite starke Standbein unseres bundespolitischen Anspruchs aufgeben oder nicht mehr so pflegen wie es notwendig ist, um etwas durchzusetzen in der Bundespolitik, dann bestünde auch die Gefahr, dass Deutschland größer geworden ist seit der deutschen Einheit, aber die CSU dann doch noch nach 15 oder 16 Jahren Wiedervereinigung an Kraft verloren hätte."

In der Frage des Parteivorsitzes bleibt die CSU gespalten. Angestrengt peinliche Friedensgespräche konnten nicht verhindern, was inzwischen immer mehr Abgeordnete der Partei für normal halten: einen Machtkampf zweier Bewerber mit einer Entscheidung auf dem Parteitag im September.

Umfrage:
"Wir sind eine demokratische Partei und deswegen können sich auch mal zwei auf dem Parteitag bewerben"
"Das muss unsere Dialogkultur aushalten, dass sich mal zwei Leute bewerben."
"Es ist noch vieles unentschieden, wir sind auf dem Wege und dem Entscheidungsprozess muss man Zeit geben."

Eine lange und deshalb gefährliche Zeit für die CSU. Denn bis zum Herbst finden noch die Parteitage aller zehn Bezirksverbände statt.

Umfrage:
"Die ganzen Querelen, die dauern ja eigentlich schon viel zu lange. Und in meinem Augen wäre auch der Erwin Huber der Richtige."
"Der Huaba, sonst koana."
"Der Seehofer bekommt bestimmt eine Stellung mit Macht."
"Des is klar für Niederbayern, dass des der Erwin Huber sein soll."

Die Niederbayern bringen sich in Position. Es wird abgestimmt werden beim Bezirkparteitag, genauso wie wahrscheinlich in Ober-, Mittel- und Unterfranken, in der Oberpfalz, in Schwaben, den Stadtverbänden von München, Augsburg oder Nürnberg und eventuell auch im größten und mächtigsten CSU-Bezirk, Seehofers Oberbayern.

Umfrage:
"Für mich wär er der Kandidat für den Parteivorsitz der CSU."
"Ja weil der mehr sympathisch ist."
"Und er hat eine tolle Ausstrahlung und er ist ein richtiger Bayer."
"Für soziale Sachen ist der eigentlich ganz gut."

Während Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber seine räumliche Nähe zu bayerischen Entscheidungsträgern, zu Parteifunktionären und der Basis schon weidlich nutzt, wird Bundeslandeswirtschaftsminister Horst Seehofer von Umfragen gestützt. Sie sehen ihn in der Beliebtheitsskala vorne beim Volk.

Seehofer: "Mein Gott, wie viel Unterstützung sie von wem haben, ist immer eine Momentaufnahme. Ich mach mir da keine Illusionen mehr."

Wie richtig. Doch der Streit um den CSU-Vorsitz überdeckt, dass es beim Ministerpräsidentenposten eine erstaunlich schnelle Einigung gegeben hat. Vorbei die nur etwa 15 Monate zurückliegenden Diskussionen in CSU und in Bayern, kann denn ein evangelischer Franke Ministerpräsident werden?

Beckstein: "Optimal wäre es erst, wenn evangelisch, Franke und Frau zusammentreffen, dann wäre das die absolute Sensation, aber immerhin zwei der drei Kriterien erfülle ich in meiner Person."

Günther Beckstein hat gut scherzen. Nach über 44 Jahren politischer Dominanz der Altbayern kann endlich wieder ein Franke das höchste Regierungsamt in Bayern erringen.

Beckstein. "Selbstverständlich sind die Franken, wie all die anderen Bayern auch, ein wesentlicher Bestandteil. Wir haben übrigens im letzten Jahr 200 Jahre Franken bei Bayern gefeiert. Und so ist allein die Diskussion, ob ein Franke für das höchste Amt in Bayern zur Verfügung stehen könnte, etwas, was das Selbstgefühl der Franken gerade im Zusammenhang mit der 200-Jahr-Feier auch zufrieden stimmt."

Da ist er wieder, der alte Konflikt zwischen den Franken und den Altbayern, die eher widerstrebend teilnahmen an den letztjährigen Feiern 200 Jahre Königreich Bayern.
Der künftige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein praktiziert jetzt schon bei seinen Auftritten die regionale Ausgewogenheit, um keinen von Bayerns Stämmen zu verprellen.

Beckstein. "Ich wusste immer, dass die Niederbayern anständige Leute sind, aber dass ihr so brav seid, das hätte ich nie geglaubt. Ich hab immer gedacht, die Franken dass die Allerbesten sind, meine Damen und Herren, aber ich räum ein, dass es Veränderungen geben könnt, wo ich mir solch lockere Sprüche nicht mehr leisten kann, weil sonst die Oberpfälzer, die Schwaben und erst recht die Oberbayern auf die Barrikaden gehen."

Beckstein übt sich schon in künftiger Ministerpräsidentenkunst, die in Bayern auch immer heißen muss, achte mir die Regionen und deren Proporzansprüche. Nur so harmoniert im Flächenstaat Bayern mit seiner Stammesvielfalt das Regieren aus der Landeshauptstadt München.

Körner: "Ein Staat heutiger Prägung braucht auf der einen Seite eine starke Kapitale und eine starke Regierung, die die Zentralität auch bündeln und zusammenfassen muss, aber wirklich nur auf dem Hintergrund dieses ausgeglichenen Verhältnisses der verschiedenen Regionen. Das ist der Reiz des Freistaats Bayern, dass es dieses Spannungsverhältnis, auch dieses Konkurrenz- und Wettbewerbsverhältnis zwischen den verschiedenen Regionen in der Tat gibt."

Sagt der Historiker Hans-Michael Körner. Bayerische Integrationspolitik, wie er es nennt, also dieses Austarieren regionaler Befindlichkeiten und Ansprüche, hat schon König Ludwig I. ab 1825 zur politischen Prämisse erhoben.

Körner: "Eine seiner zentralen Strategien war folgende, dass er eben nicht versucht hat, den Unterfranken und den Mittelfranken, den Oberfranken und den Schwaben sozusagen altbayerische Erinnerungsmomente aufzudrücken, sondern dass er sie nachgerade ermuntert hat, ihre eigenen regionalen Traditionen zu befördern."

Damit sind wir bei einem Lieblingsthema bayerischer Politik, dem Regionalproporz. Die Machtverteilung politischer Spitzenposten am Regierungssitz München feiert schon jetzt fröhliche Urständ. Mehr als 7 Monate vor den tatsächlichen Aktivitäten einer neuen Regierungsbildung in Bayern.

Bayerns Stämme … oder ein Niederbayer … die Franken … die Oberpfälzer … oder vielleicht doch die Unterfranken … die Oberbayern nicht vergessen.

Bayerns landsmannschaftliche, kulturelle und sprachliche Vielfalt beachten, die Identitäten der Regionen und die Befindlichkeiten der Bezirke berücksichtigen.

Stoiber: "Ja, das ist im Prinzip Regierungskunst und ja Staatsräson fast in Bayern, dass die Regionen auch immer bei den Entscheidungen miteingebunden sind."

Sagt Noch-Ministerpräsident Edmund Stoiber, der das bayerische Kabinett auf 18 Mitglieder verkleinert hat, 5 weniger als früher und damit auch mit weniger Spielraum. Nachfolger Günther Beckstein hat viele Jahre als führender Franke immer schön mitgeeifert beim politischen Postenverteilungsspiel.

Beckstein: "Wenn wir etwas stärker als der Proporz beteiligt sind, sind wir zufrieden, wenn wir weniger als der Proporz beteiligt sind, dann schreien wir und sagen, wir wollen den Proporz."

Der muss sein, bekräftigt der CSU-Abgeordnete Christian Meißner aus Oberfranken.

Meißner: "Ich glaube, grundsätzlich sollen die besten Köpfe in der Staatsregierung sitzen. Auf der anderen Seite: wir haben sieben Regierungsbezirke und vom Grundsatz ist es schon sinnvoll, wenn jeder am Kabinettstisch vertreten ist."

Auch CSU-Vize Barbara Stamm aus Unterfranken ist überzeugt:

Stamm: "Das Regionale darf man nicht unterschätzen. Und bei uns Franken muss man halt auch ein bisschen darauf achten: Franken besteht nicht nur aus Mittelfranken, sondern wir haben auch Unter- und Oberfranken."

Die Niederbayern nicht zu vergessen, tönt CSU-Mann Josef Zellmeier:

Zellmeier: "Ein Kabinettsmitglied müssen wir auf jeden Fall stellen, weil die Region einen eigenen Vertreter hat und weil bestimmte Dinge, Investitionsentscheidung zum Beispiel, natürlich im Kabinett besser dargestellt wird, wenn da jemand drin ist, der die Lage vor Ort besser kennt. Bayer ist halt ein Flächenstaat."

Der schwäbische, genauer Allgäuer CSU-Abgeordnete Alfons Zeller saß, regionalproporzbedingt, jahrelang im Kabinett und spöttelt:

Zeller: "Ich sag immer, wir haben in Bayern 12,5 Millionen Menschen, im Kabinett sind immer 18. Ich gehe mal davon aus, dass sie mit zu den Klügsten in Bayern gehören, ob sie es dann immer sind, ist eine andere Frage."

Ministerpräsident wird in Bayern mit Beckstein ein Franke, CSU-Chef Huber oder Seehofer, ein Nieder- oder Oberbayer, also beide Altbayern. Das sind auch unbestritten die drei Besten der CSU. Bei der restlichen Machtverteilung, 17 Kabinettsposten und ungefähr 35 mehr oder weniger wichtige CSU-Funktionsstellen im bayerischen Parlament, herrscht dann wieder Proporzgeschiebe, gibt Fraktionschef Joachim Herrmann zu:
Herrmann: "Da wird man dann natürlich schon immer eine Gesamtschau vornehmen, in welchen Spitzenpositionen sind bestimmte Landesteile beispielsweise schon repräsentiert? Oder ist das Thema Mann und Frau, evangelisch, katholisch berücksichtigt? Und dann wird man bei den weiteren Positionen sehen, dass man dann gegebenenfalls einen Ausgleich schafft."

Als Franz Josef Strauß 1978 als bayerischer Ministerpräsident sein erstes bayerisches Kabinett zusammenzimmerte entfuhr ihm angeblich der Seufzer, "jetzt bräuchte ich noch eine evangelische Flüchtlingsbäuerin!"