Mit Witz gegen eine gar nicht lustige Gegenwart

In seinem Kurzgeschichten-Band "Klasse Typen" thematisiert der rumänische Schriftsteller Dan Lungu viele Stereotype über seine Heimat - und als studierter Soziologe und Universitätsdozent weiß er, wovon er spricht.
Kaum ein anderes Land des ehemaligen "Ostblocks" hat mit einem dermaßen schlechten Image und einem so schweren Erbe der Vergangenheit zu kämpfen: Ceaucescu und Securitate, Dracula, Zigeuner, Kriminalität und Armut - nur einige der Stichworte, die den Außenblick auf Rumänien charakterisieren. Es sind Begriffe, die sich auch in den Geschichten Lungus finden, allerdings nicht als bittere Anklage, sondern mit lust- und humorvoller Ironie.

Dan Lungu ist 1969 geboren und gehört einer Schriftstellervereinigung an, die sich vor zehn Jahren unter dem Namen Club 8 in der moldawischen Stadt Iasi zusammengetan hat. Ziel der Gruppe war es, dem Literaturbetrieb der Hauptstadt Bukarest etwas anderes entgegenzusetzen - einen neuen frischen Ton in die rumänische Literatur zu bringen.

Dan Lungus Arbeiten sind dafür exemplarisch. Mit Witz und bisweilen satirehafter Bosheit beschreibt er Menschen, die eigentlich genau das Gegenteil von "Klasse Typen" sind. Die titelgebende Erzählung handelt von einer ehemaligen Schulclique, die sich zu Zeiten des alten Regimes mit Hingabe dem "Saufen, Weibern und Musik" verschrieben hat. Der Ich-Erzähler erinnert sich (nicht ohne Sentimentalität) - und ganz im Jargon der Halbstarken! - an die kleinen Gaunereien, an den Spaß seiner eigenen wilden Bande und schließt seine Geschichte mit einem Blick auf die gar nicht lustige Gegenwart der erwachsenen Männer heute.

Die übrigen zehn Erzählungen im Band stellen neben den klassischen Loser-und Verlierer-Figuren aber auch neureiche, skrupellose Gewinner, Mitläufer und Karrieristen im neuen Turbo-Kapitalismus vor.

Und auch der eine oder andere Ausländer bekommt sein Fett weg, zum Beispiel in der letzten Geschichte des Bands mit dem Titel "Jürgens Garten". Titelheld Jürgen Gehringer ist ein biederer Österreicher, dessen Rumänien-Urlaub auf einer bald nachfolgenden Gartenparty als Material für billige Witze auf Kosten der Rumänen herhalten muss. Dieser Jürgen wird mit allen Mitteln der realistischen, aber satirenahen Erzählkunst porträtiert und entblößt- mit all seinen Eitelkeiten, seiner Ignoranz und Arroganz . Er ist eine Figur, wie sie auch von Juri Andruchowytsch oder Andrzej Stasiuk hätte stammen können. Dieser Jürgen ist ein schonungsloser Spiegel für den einen oder anderen westeuropäischen Leser.

Rezensiert von Olga Hochweis

Dan Lungu: Klasse Typen
Erzählungen. Aus dem Rumänischen von Aranca Munteanu
Drava Verlag 2007
202 Seiten. 17,90 Euro