Mit Silber gegen den Schweiß
Mehr als 100 Hersteller verändern Kleidung so, dass der Träger nicht mehr stinkt. Sie wird nicht nur Neurodermitikern verschrieben, sondern auch von Sportlern gekauft. Experten streiten über die gesundheitliche Unbedenklichkeit.
"Ich bin aktiver Bergsportler und dann wurde sie mir von meinem Seilpartner empfohlen. Ich kenne die Problematik von Kindheit her. Bin mit meinen Eltern Skifahren gewesen und dann gibt es die Frage, was zieht man eigentlich an?"
Ingo Simon trägt ein enganliegendes schwarzes Wollhemd, das ihn endlich nicht mehr nach Schweiß riechen lässt, die sogenannte antimikrobielle Kleidung.
"So ein T-Shirt kostet 60 bis 70 Euro, also das ist schon eine ganze Menge. Nach ein paar Mal waschen geht’s. Ich bin empfindlich, was Wolle auf der Haut angeht, aber ich habe auch gemerkt, wenn man's öfter gewaschen hat, wird es geschmeidiger. Das ist kein Leineschaf, sondern es ist was Besseres."
Diese behandelte Kleidung aus Wolle oder Seide kennt auch Martin Mempel. Aber der Mittvierziger trägt diese Kleidung nicht selbst, sondern er verschreibt sie seinen Patienten an der Universitätsklinik Göttingen.
"Antimikrobielle Kleidung: Im Prinzip sind das Kleidungsstücke, in denen Substanzen eingearbeitet sind, die eine Wirkung auf Keime haben, die man auf der Haut findet. Jetzt hat ja jeder gesunde Mensch Keime auf der Haut. Beim Einsatz von antimikrobieller Kleidung reden wir aber von pathologischen Keimen, die dort nicht hingehören, die durch Zusatzstoffe, die in die Kleidung eingebracht wurden, abgetötet werden können."
Die Patienten von Martin Mempel sind häufig Neurodermitiker. Besonders stark leiden betroffene Babys und Kinder. Für sie ist die antimikrobielle Kleidung eine hilfreiche und effektive Therapie. Also bekommen die leidenden Kinder von Hautarzt Mempel einen entzündungshemmenden Ganzkörper-Schlafanzug angepasst. Der Anzug lindert den starken Juckreiz und die Entzündungen auf der Haut, auch wenn er sich sehr pappig anfühlt. Das pappige Gefühl bei der antimikrobiellen Kleidung liegt an dem Verfahren, mit dem sie behandelt wurde, sagt Hartmut Laatsch, Chemieprofessor an der Universität Göttingen:
"Die antimikrobielle Kleidung besteht aus einer Faser, die entweder mit Silber beschichtet ist oder tatsächlich Silberfäden in fein verteilter Form eingewoben hat. Wenn man so will, ist es eine logische Weiterentwicklung einer uralten Geschichte. Die reichen Leute hatten Silber nicht nur sonntags, sondern haben das als Alltagsgeschirr genutzt und es geht die Sage, dass ein König aus Kreta das entdeckt hat, als er Silberkannen benutzte, als er sein Trinkwasser aufbewahrt hat und dann feststelle, es hält sich länger frisch."
Mehr als 1000 Jahre später stellte Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie dann fest, dass Silber in geringer Konzentration keimtötend wirkt. Beispielsweise nutzen Mediziner schon seit mehr als 100 Jahren Silberpflaster bei Verbrennungen, auch in Schwimmbädern wurde lange Silber zur Wasserdesinfektion verwendet. Genauso bekommen heute noch Säuglinge direkt nach der Entbindung Silbernitrat in die Augen getropft. Nun hat auch die Bekleidungsindustrie das Silber für sich entdeckt.
"Und nutzt die antimikrobielle Wirkung des metallischen Silbers bzw. der in geringer Konzentration abgegebenen Silberionen aus, um Mikroorganismen abzutöten. Das heißt, es ist ein direkter Kontakt der Kleidung mit dem Träger, mit kontaminierten Oberflächen. Also mit Bakterien belasteten Oberflächen, um diese Belastung zu verringern oder theoretisch natürlich nur, auf Null zu reduzieren."
Um die Kleidung geschmeidiger zu machen, dampfen die Hersteller inzwischen zunehmend Silberpartikel, die kleiner als ein Zehntausendstel Millimeter sind, auf die Antistinksocken, -hemden und -hosen.
Armin Schuster, Biologe am Institut für Umweltmedizin der Universitätsklinik Freiburg, hält jedoch nichts von der mit Nanosilber beschichteten Kleidung. Genau wie das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin warnt er vor der toxischen Wirkung, die die Silberpartikel auf der Haut auslösen können. Zudem sei nicht geklärt, ob über die Atemwege Silber in die Lunge gelangt. Darüber hinaus warnt der Göttinger Chemieprofessor Hartmut Laasch vor zunehmenden Resistenzen:
"Grundsätzlich findet die Natur immer einen Weg, dem Druck der ausgeübt wird, auszuweichen. Es gibt Bakterien, die in der Lage sind, Schwermetalle anzureichern. Es gibt auch Bakterien, die in der Lage sind, Silber aus der Umgebung aufzunehmen und in der Zelle anzureichern. Mit anderen Worten, die sind bereits resistent. Eine solche Sache kann man grundsätzlich durch das Tragen der Kleidung forcieren."
Hautarzt Mempel verschreibt die silberbeschichtete Kleidung nur Patienten mit schwerer Neurodermitis. Er möchte das heilende Prinzip der antimikrobiellen Schlafanzüge bewahren. Die bunten T-Shirts oder schwarzen Socken, die jetzt in den Sportgeschäften als Antistink-Innovation verkauft werden, hält Martin Mempel für bedenklich:
"Über die breitere Anwendung muss man sagen, wir wissen nicht, was passiert, wenn die antimikrobiellen Stoffe langfristig auf die normale Hautflora, also die Bakterien, mit denen wir seit über Millionen von Jahren groß geworden sind, zu wirken beginnen. Wenn man dann kontinuierlich diese uns eigentlich wohlgestimmten Bakterien und Pilze abtötet, das wird mit Sicherheit zu einer starken Störung einen Immungleichgewichts kommen. "
Ob nun Antistinksocken, -hosen oder -hemden: Für die biozide Wirkung des Nanosilbers in der Kleidung gibt es bisher nicht genügend Studien, moniert das Bundesinstitut für Risikobewertung, deshalb fordert das BfR die Hersteller auf, kein Nanosilber in die Kleidung einzuarbeiten.
Ingo Simon trägt ein enganliegendes schwarzes Wollhemd, das ihn endlich nicht mehr nach Schweiß riechen lässt, die sogenannte antimikrobielle Kleidung.
"So ein T-Shirt kostet 60 bis 70 Euro, also das ist schon eine ganze Menge. Nach ein paar Mal waschen geht’s. Ich bin empfindlich, was Wolle auf der Haut angeht, aber ich habe auch gemerkt, wenn man's öfter gewaschen hat, wird es geschmeidiger. Das ist kein Leineschaf, sondern es ist was Besseres."
Diese behandelte Kleidung aus Wolle oder Seide kennt auch Martin Mempel. Aber der Mittvierziger trägt diese Kleidung nicht selbst, sondern er verschreibt sie seinen Patienten an der Universitätsklinik Göttingen.
"Antimikrobielle Kleidung: Im Prinzip sind das Kleidungsstücke, in denen Substanzen eingearbeitet sind, die eine Wirkung auf Keime haben, die man auf der Haut findet. Jetzt hat ja jeder gesunde Mensch Keime auf der Haut. Beim Einsatz von antimikrobieller Kleidung reden wir aber von pathologischen Keimen, die dort nicht hingehören, die durch Zusatzstoffe, die in die Kleidung eingebracht wurden, abgetötet werden können."
Die Patienten von Martin Mempel sind häufig Neurodermitiker. Besonders stark leiden betroffene Babys und Kinder. Für sie ist die antimikrobielle Kleidung eine hilfreiche und effektive Therapie. Also bekommen die leidenden Kinder von Hautarzt Mempel einen entzündungshemmenden Ganzkörper-Schlafanzug angepasst. Der Anzug lindert den starken Juckreiz und die Entzündungen auf der Haut, auch wenn er sich sehr pappig anfühlt. Das pappige Gefühl bei der antimikrobiellen Kleidung liegt an dem Verfahren, mit dem sie behandelt wurde, sagt Hartmut Laatsch, Chemieprofessor an der Universität Göttingen:
"Die antimikrobielle Kleidung besteht aus einer Faser, die entweder mit Silber beschichtet ist oder tatsächlich Silberfäden in fein verteilter Form eingewoben hat. Wenn man so will, ist es eine logische Weiterentwicklung einer uralten Geschichte. Die reichen Leute hatten Silber nicht nur sonntags, sondern haben das als Alltagsgeschirr genutzt und es geht die Sage, dass ein König aus Kreta das entdeckt hat, als er Silberkannen benutzte, als er sein Trinkwasser aufbewahrt hat und dann feststelle, es hält sich länger frisch."
Mehr als 1000 Jahre später stellte Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie dann fest, dass Silber in geringer Konzentration keimtötend wirkt. Beispielsweise nutzen Mediziner schon seit mehr als 100 Jahren Silberpflaster bei Verbrennungen, auch in Schwimmbädern wurde lange Silber zur Wasserdesinfektion verwendet. Genauso bekommen heute noch Säuglinge direkt nach der Entbindung Silbernitrat in die Augen getropft. Nun hat auch die Bekleidungsindustrie das Silber für sich entdeckt.
"Und nutzt die antimikrobielle Wirkung des metallischen Silbers bzw. der in geringer Konzentration abgegebenen Silberionen aus, um Mikroorganismen abzutöten. Das heißt, es ist ein direkter Kontakt der Kleidung mit dem Träger, mit kontaminierten Oberflächen. Also mit Bakterien belasteten Oberflächen, um diese Belastung zu verringern oder theoretisch natürlich nur, auf Null zu reduzieren."
Um die Kleidung geschmeidiger zu machen, dampfen die Hersteller inzwischen zunehmend Silberpartikel, die kleiner als ein Zehntausendstel Millimeter sind, auf die Antistinksocken, -hemden und -hosen.
Armin Schuster, Biologe am Institut für Umweltmedizin der Universitätsklinik Freiburg, hält jedoch nichts von der mit Nanosilber beschichteten Kleidung. Genau wie das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin warnt er vor der toxischen Wirkung, die die Silberpartikel auf der Haut auslösen können. Zudem sei nicht geklärt, ob über die Atemwege Silber in die Lunge gelangt. Darüber hinaus warnt der Göttinger Chemieprofessor Hartmut Laasch vor zunehmenden Resistenzen:
"Grundsätzlich findet die Natur immer einen Weg, dem Druck der ausgeübt wird, auszuweichen. Es gibt Bakterien, die in der Lage sind, Schwermetalle anzureichern. Es gibt auch Bakterien, die in der Lage sind, Silber aus der Umgebung aufzunehmen und in der Zelle anzureichern. Mit anderen Worten, die sind bereits resistent. Eine solche Sache kann man grundsätzlich durch das Tragen der Kleidung forcieren."
Hautarzt Mempel verschreibt die silberbeschichtete Kleidung nur Patienten mit schwerer Neurodermitis. Er möchte das heilende Prinzip der antimikrobiellen Schlafanzüge bewahren. Die bunten T-Shirts oder schwarzen Socken, die jetzt in den Sportgeschäften als Antistink-Innovation verkauft werden, hält Martin Mempel für bedenklich:
"Über die breitere Anwendung muss man sagen, wir wissen nicht, was passiert, wenn die antimikrobiellen Stoffe langfristig auf die normale Hautflora, also die Bakterien, mit denen wir seit über Millionen von Jahren groß geworden sind, zu wirken beginnen. Wenn man dann kontinuierlich diese uns eigentlich wohlgestimmten Bakterien und Pilze abtötet, das wird mit Sicherheit zu einer starken Störung einen Immungleichgewichts kommen. "
Ob nun Antistinksocken, -hosen oder -hemden: Für die biozide Wirkung des Nanosilbers in der Kleidung gibt es bisher nicht genügend Studien, moniert das Bundesinstitut für Risikobewertung, deshalb fordert das BfR die Hersteller auf, kein Nanosilber in die Kleidung einzuarbeiten.