Mit Salbei gegen Keime

07.07.2007
Soeben erhielt der Salbei den Ritterschlag als pflanzliches Heilmittel: Salbei wirkt, so ein aktuelles Forschungsergebnis aus Japan, gegen multiresistente Krankenhauskeime. Aufgrund des ungeschickten Einsatzes von Antibiotika im Krankenhaus haben sich dort gefürchtete Hospitalismuskeime etabliert. Viele Patienten infizieren sich auf der Krankenstation mit resistenten Krankheitserregern. Am bekanntesten ist der sogenannte MRSA, der methicillinresistente Staphylococcus aureus.
Sollten wir also eine Kanne Salbeitee ins Krankenhaus mitnehmen?
Leider wirkt der Salbei nicht alleine. Aber gibt man einen Extrakt aus Salbei zu den einschlägigen Antibiotika, dann sind die resistenten Keime wieder voll empfindlich. Ursache sind mehrere Inhaltsstoffe des Salbeis, namentlich die Oleanolsäure, die Ursolinsäure und das Carnosol. Alle drei Stoffe bringen gegen mehrere Hospitalismuskeime die Wirkung der Antibiotika wieder zurück. Mal sehen, ob sich das Konzept durchsetzt – oder ob der Weg aus Sicht der Pharmaindustrie einfach zu billig ist.

Generell wirken die verschiedenen Salbeiarten antimikrobiell. Dieser Effekt ist offenbar schon lange bekannt. Wohl auch wegen dieser Wirkung nannten die Römer den Salbei Salvia, was soviel bedeutet wie das "Heilende". Bei uns wird Salbei aufgrund seiner antimikrobiellen Wirkung traditionell bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut als Hausmittel verwendet. Außerdem zur Unterdrückung von übermäßiger Schweißproduktion. Speziell bei Tuberkulose half es gegen den quälenden Nachtschweiß. Die Wirkung tritt allerdings erst nach mehrmaliger Anwendung ein. Ganz neu hingegen ist die Erkenntnis, dass Salbei offenbar bei Demenzerkrankungen vorteilhaft zu sein scheint.

Zurück zu unseren Lebensmitteln – schließlich schmeckt uns der Salbei als Gewürz.
Er schmeckt uns, weil damit Vorteile für den Körper verbunden sind. Und da geht es wahrscheinlich weniger um Demenz sondern zunächst einmal um die antibiotische Wirkung. Salbei wirkt konservierend und macht nebenbei auch noch ein paar Krankheitskeime platt.
Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Genauso wichtig ist die Wirkung des Salbeis gegen die sogenannten Heterocyclischen Amine (HCA). Die sind im Tierversuch erbgutverändernd und krebserregend. Sie bilden sich beim Erhitzen von Eiweiß, gleichgültig, ob Sie einen vegetarischen Linseneintopf kochen oder Steaks grillen. Salbei gehört zu den Gewürzen, die die Wirkung der genannten Amine vollständig neutralisieren. Wirksam sind hier aber offenbar nicht die Geschmacksstoffe sondern andere Verbindungen.

Muss es Salbei sein, oder könnte man genauso gut Lindenblüten verwenden?
Es muss kein Salbei sein. Das Glas Bier zur Bratwurst ist gegen die HCA genauso wirksam. Welcher Stoff dafür verantwortlich ist, darüber wird noch spekuliert. Brokkoli aber auch Kräutertees verstärken jedoch die schädlichen Effekte der heterocyclischen Amine. In diesem Falle wurden Kamille, Fenchel und Lindenblütentee getestet. Der schädliche Effekt von Kamille und Lindenblüten in Gegenwart von HCA war ziemlich ausgeprägt. Lediglich Fenchel – der ja auch im Gegensatz zu Kamille und Lindenblüten – als Küchengewürz Verwendung findet, hatte keine nachteiligen Effekte. Deshalb trinkt ein vernünftiger Mensch zum Essen lieber Bier oder zur Not auch Wasser aber sicherlich nix "Gesundes". Schwarztee und grüner Tee hatten keine nachteiligen Effekte, sie werden in manchen Kulturen zum Essen konsumiert.

Fazit: Unsere Küche ist über hunderte von Generationen nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum entstanden und entwickelte so eine ausgewogene Balance zwischen verschiedenen Nahrungsmitteln und Zutaten. Schon im 19. Jahrhundert schrieb der scharfsinnige Medizinprofessor Sir William Roberts: "Die allgemeinen Ernährungssitten der Menschheit sind nicht auf gut Glück entstanden; sie sind nicht erfunden worden, um den Gaumen zu reizen oder um einen unnützen oder verdorbenen Appetit zu befriedigen. Diese Ernährungssitten müssen ursprünglich betrachtet werden als das Resultat tiefwurzelnder Instinkte, die zusammenhängen mit zentralen Bedürfnissen der menschlichen Natur; sie sind die Früchte einer gewaltigen Erfahrung, die angehäuft wurde durch zahllose Millionen von Menschen in der Folge der Generationen."

Literatur:
Horiuchi K: Antimicrobial activity of oleanolic acid from Salvia officinalis and related compounds on vancomycin-resistant Enterococci. Biol. Pharm. Bull 2007; 30: 1147-1149
Dos Santos-Neto LL et al: The use of herbal medicine in Alzheimer’s disease – a systematic review. Evidence-based Complementary and Alternative Medicine: eCAM 2000; 3: 441-445
Blaschek W et al (Hrsg.): Hagers Handbuch der Drogen und Arzneistoffe. CD-ROM; Springer, Heidelberg 2005
Vang O et al: Biochemical effects of dietary intakes of different broccoli samples. Metabolism 2001; 50: 1123-1129
Stavric B et al: The effect of teas on in vitro mutagenic potential of heterocyclic aromatic amines. Food and Chemical Toxicology 1996; 34: 515-523
Roberts W: Collected Contributions on Digestion and Diets. Philadelphia, Lea Brothers & Co. 1891