Mit Psychotheater gegen Schönling-Image
Torben Kessler ist am Schauspiel Frankfurt ein viel gefragter Schauspieler. In Schnitzlers "Traumnovelle" ist er genauso zu sehen wie in Ibsens "Die Wildente". Kesslers Weg war nicht vorgezeichnet, eigentlich hätte er Speditionskaufmann oder Profi-Fußballer werden sollen.
Gina:"Hjalmar, was machst Du?"
Hjalmar: "Ich arbeite..."
Gina: "Arbeitest Du?"
Hjalmar: "Ja, ich arbeite!""
Schauspiel Frankfurt: Henrik Ibsen, "Die Wildente". Gellend ruft Gina nach ihrem Mann Hjalmar. Der kniet auf einem Tisch und retuschiert Schwarzweißfotos, malt die Münder der Porträtierten "rosa". Torben Kessler spielt diesen Hjalmar, dickwanstig, mit gepolsterter Bauchschürze. In einem riesigen grauen Stricksackpulli. Fahrig, unsicher - ein schmieriger Fantast. Ekliger Typ!
Torben Kessler: "Es ist gar nicht so weit weg von mir. Naja, diese Suche nach Sicherheit und Zufriedenheit und trotzdem den Traum zu haben, irgendetwas zu erfinden. Ob man das nun glaubt oder nicht: ich kann damit was anfangen, ehrlich gesagt."
Das wirkt fast grotesk, wenn Torben Kessler das sagt: Kessler ist alles andere als dieser Schlappschwanz-Familienvater Hjalmar, dem gerade die Familienidylle zerbricht. Der 37jährige ist schlank, groß, eins einundachtzig, blond, gutaussehnend – schon eher ein weicher Typ, gerne als Schwiegermuttertyp missverstanden. Er selbst sagt von sich aber:
"Ich bin eigentlich eher introvertiert. Es kostet mich schon Überwindung, auf eine Bühne zu gehen. Ich habe das ganz oft, dass Leute, die mich privat kennen, und dann einmal kommen und sagen: Oh, das hätte ich ja gar nicht gedacht."
Wenn da nicht Kesslers Augen wären: engstehend, sehr tiefliegend. Bei besonderem Theaterlicht: dunkle Höhlen, als könnte man da in ihn hineinblicken.
Hjalmar:"Ist Hedwig meine Tochter?"
Gina: "Ich weiß es nicht!"
Hjalmar: "Du weißt es nicht?"
Gina:"Wie soll ich das denn wissen – so eine wie ich?"
Hjalmar:"Das wagst Du mir ins Gesicht zu sagen, einem Mann wie mir? Einem Mann wie mir?!"
Ibsens Hjalmar Ekdal ist eine Schlüsselfigur in Torben Kesslers Frankfurter Theaterkarriere. Es ist die erste Figur, mit der Kessler massiv gegen sein Schönling-Image anarbeitet. Seine überspannte Hjalmar-Verkörperung zeigt das, was den Menschen antreibt und zugleich vernichtet: diese Ambivalenz im Fühlen, Wünschen und Werten. Psychotheater:
"Das Thema formt für mich immer eine Figur, und dann ist es schon so, dass ich versuche, mich zu verwandeln, also schon nicht nur etwas aufzuziehen, was ich gar nicht bin, sondern mit dem zu verknüpfen, mit dem, was ich verstehe aus meinem Leben heraus, aus meinen Gedanken, aus meinen Gefühlen."
Es ist, als würde Torben Kessler mit Hjalmar Ekdal das psychoanalytische Fallbeispiel eines Lebenslügners auf die Bühne bringen, so präzise und fein, so durchlässig spielt er diese Figur:
"Also, ich habe keine psychologische Grundausbildung. Mir kommt es manchmal so vor, man reichert ein Repertoire in sich an, wo es dann teilweise auch schwierig wird, zu unterscheiden, was bin da jetzt noch wirklich ich, was hat da reingespielt von verschiedensten Figuren, in die man sich dann wirklich verwandelt hat, und die man auch angenommen hat, deren Gedankengänge man verfolgt hat."
Die Fülle an Figuren hat sich Torben Kessler vor allem in Frankfurt und Leipzig erarbeitet. Seit zwei Jahren ist er Ensemble-Mitglied am Schauspiel Frankfurt. Hier spielte er unter anderem die Coolen, Jugendlichen, Wilden. Nun Hjalmar Ekdal. In fast allen Rollen singt Kessler, etwa in Florian Fiedlers "White Album" – auch eine Produktion des Schauspiel Frankfurt.
Musik ist wichtig für Torben Kessler. Auf der Bühne singt er, er spielt Klavier, klampft auf einer Gitarre:
"Gelernt habe ich einmal Klavier, aber jetzt auf der Bühne lerne ich dann pro Stück immer noch ein neues Instrument. Jetzt im nächsten Stück habe ich ein bissel Mundharmonika. Gesang ist eigentlich auch mein Instrument. Da habe ich richtig im Studium auch Gesangsunterricht gehabt – so vier Jahre lang. Insofern ist eigentlich Gesang mein Hauptinstrument, und von da an versuche ich mich peu à peu zu erweitern."
Die Musik hat Kessler auf die Theaterbühne gebracht. Aber erst über Umwege, und das sehr spät:
"Ich komme aus einer nichtkünstlerischen Familie und habe ganz lange Fußball gespielt. Also Leistungssport war schon auch ein Ziel. Auch auf gutem Weg. Bei Arminia Bielefeld in der Jugend gespielt."
Wegen einer schweren Krankheit musste er den Leistungssport dann aber eine Zeitlang unterbrechen.
"Und da habe ich dann angefangen mit Musik eher. Musik war dann der Schritt auf die Bühne für mich. Ich habe in einer Band gesungen."
... aber da waren dann ja noch die Eltern, die gerne gesehen hätten, wenn der Junge etwas Ordentliches lernt:
"Und da habe ich ein Vorstellungsgespräch gehabt als Speditionskaufmann. Da habe ich mir die Wildlederjacke, damit ich ordentlich aussah, weil ich noch lange Haare hatte damals, von meinem Bruder ausgeliehen und bin da hin."
Die Sache mit dem Speditionskaufmann hatte sich danach sofort erledigt. Nach einem ersten Vorsprechen in Berlin studierte Kessler schließlich vier Jahre lang an der renommierten Folkwang Schule in Essen Schauspiel, Gesang und Tanz. Dann ging es sofort auf die Bühne, Freiburg, Wiesbaden, Leipzig, Frankfurt. Gelegentlich ist er auch einmal im Fernsehen oder im Kino zu sehen. Gelegentlich. Die Kamera hat eben Torben Kesslers Augen noch nicht entdeckt.
Hjalmar: "Ich arbeite..."
Gina: "Arbeitest Du?"
Hjalmar: "Ja, ich arbeite!""
Schauspiel Frankfurt: Henrik Ibsen, "Die Wildente". Gellend ruft Gina nach ihrem Mann Hjalmar. Der kniet auf einem Tisch und retuschiert Schwarzweißfotos, malt die Münder der Porträtierten "rosa". Torben Kessler spielt diesen Hjalmar, dickwanstig, mit gepolsterter Bauchschürze. In einem riesigen grauen Stricksackpulli. Fahrig, unsicher - ein schmieriger Fantast. Ekliger Typ!
Torben Kessler: "Es ist gar nicht so weit weg von mir. Naja, diese Suche nach Sicherheit und Zufriedenheit und trotzdem den Traum zu haben, irgendetwas zu erfinden. Ob man das nun glaubt oder nicht: ich kann damit was anfangen, ehrlich gesagt."
Das wirkt fast grotesk, wenn Torben Kessler das sagt: Kessler ist alles andere als dieser Schlappschwanz-Familienvater Hjalmar, dem gerade die Familienidylle zerbricht. Der 37jährige ist schlank, groß, eins einundachtzig, blond, gutaussehnend – schon eher ein weicher Typ, gerne als Schwiegermuttertyp missverstanden. Er selbst sagt von sich aber:
"Ich bin eigentlich eher introvertiert. Es kostet mich schon Überwindung, auf eine Bühne zu gehen. Ich habe das ganz oft, dass Leute, die mich privat kennen, und dann einmal kommen und sagen: Oh, das hätte ich ja gar nicht gedacht."
Wenn da nicht Kesslers Augen wären: engstehend, sehr tiefliegend. Bei besonderem Theaterlicht: dunkle Höhlen, als könnte man da in ihn hineinblicken.
Hjalmar:"Ist Hedwig meine Tochter?"
Gina: "Ich weiß es nicht!"
Hjalmar: "Du weißt es nicht?"
Gina:"Wie soll ich das denn wissen – so eine wie ich?"
Hjalmar:"Das wagst Du mir ins Gesicht zu sagen, einem Mann wie mir? Einem Mann wie mir?!"
Ibsens Hjalmar Ekdal ist eine Schlüsselfigur in Torben Kesslers Frankfurter Theaterkarriere. Es ist die erste Figur, mit der Kessler massiv gegen sein Schönling-Image anarbeitet. Seine überspannte Hjalmar-Verkörperung zeigt das, was den Menschen antreibt und zugleich vernichtet: diese Ambivalenz im Fühlen, Wünschen und Werten. Psychotheater:
"Das Thema formt für mich immer eine Figur, und dann ist es schon so, dass ich versuche, mich zu verwandeln, also schon nicht nur etwas aufzuziehen, was ich gar nicht bin, sondern mit dem zu verknüpfen, mit dem, was ich verstehe aus meinem Leben heraus, aus meinen Gedanken, aus meinen Gefühlen."
Es ist, als würde Torben Kessler mit Hjalmar Ekdal das psychoanalytische Fallbeispiel eines Lebenslügners auf die Bühne bringen, so präzise und fein, so durchlässig spielt er diese Figur:
"Also, ich habe keine psychologische Grundausbildung. Mir kommt es manchmal so vor, man reichert ein Repertoire in sich an, wo es dann teilweise auch schwierig wird, zu unterscheiden, was bin da jetzt noch wirklich ich, was hat da reingespielt von verschiedensten Figuren, in die man sich dann wirklich verwandelt hat, und die man auch angenommen hat, deren Gedankengänge man verfolgt hat."
Die Fülle an Figuren hat sich Torben Kessler vor allem in Frankfurt und Leipzig erarbeitet. Seit zwei Jahren ist er Ensemble-Mitglied am Schauspiel Frankfurt. Hier spielte er unter anderem die Coolen, Jugendlichen, Wilden. Nun Hjalmar Ekdal. In fast allen Rollen singt Kessler, etwa in Florian Fiedlers "White Album" – auch eine Produktion des Schauspiel Frankfurt.
Musik ist wichtig für Torben Kessler. Auf der Bühne singt er, er spielt Klavier, klampft auf einer Gitarre:
"Gelernt habe ich einmal Klavier, aber jetzt auf der Bühne lerne ich dann pro Stück immer noch ein neues Instrument. Jetzt im nächsten Stück habe ich ein bissel Mundharmonika. Gesang ist eigentlich auch mein Instrument. Da habe ich richtig im Studium auch Gesangsunterricht gehabt – so vier Jahre lang. Insofern ist eigentlich Gesang mein Hauptinstrument, und von da an versuche ich mich peu à peu zu erweitern."
Die Musik hat Kessler auf die Theaterbühne gebracht. Aber erst über Umwege, und das sehr spät:
"Ich komme aus einer nichtkünstlerischen Familie und habe ganz lange Fußball gespielt. Also Leistungssport war schon auch ein Ziel. Auch auf gutem Weg. Bei Arminia Bielefeld in der Jugend gespielt."
Wegen einer schweren Krankheit musste er den Leistungssport dann aber eine Zeitlang unterbrechen.
"Und da habe ich dann angefangen mit Musik eher. Musik war dann der Schritt auf die Bühne für mich. Ich habe in einer Band gesungen."
... aber da waren dann ja noch die Eltern, die gerne gesehen hätten, wenn der Junge etwas Ordentliches lernt:
"Und da habe ich ein Vorstellungsgespräch gehabt als Speditionskaufmann. Da habe ich mir die Wildlederjacke, damit ich ordentlich aussah, weil ich noch lange Haare hatte damals, von meinem Bruder ausgeliehen und bin da hin."
Die Sache mit dem Speditionskaufmann hatte sich danach sofort erledigt. Nach einem ersten Vorsprechen in Berlin studierte Kessler schließlich vier Jahre lang an der renommierten Folkwang Schule in Essen Schauspiel, Gesang und Tanz. Dann ging es sofort auf die Bühne, Freiburg, Wiesbaden, Leipzig, Frankfurt. Gelegentlich ist er auch einmal im Fernsehen oder im Kino zu sehen. Gelegentlich. Die Kamera hat eben Torben Kesslers Augen noch nicht entdeckt.