Mit Polaroids, Gesang und Wandertouren

Von Tonia Koch |
Der Wahlkampf an der Saar spült altbekannte Namen wieder an die Oberfläche. Zum Beispiel den von Oskar Lafontaine. 13 Jahre lang, bis 1998, war er Ministerpräsident im Saarland, damals für die SPD.
Jetzt tritt er wieder für dieses Amt an, diesmal als Spitzenkandidat der Linkspartei. Ob der Zuspruch seiner alten und neuen Fans reichen wird? Ob er an Peter Müller, der seit zehn Jahren für die CDU das Land regiert, vorbeiziehen kann? Derzeit stehen alle Kandidaten in den Startlöchern, denn alles ist offen. Es wird wild spekuliert über jede Art von Koalition. Von Schwarz-Gelb über Ampel, Rot-Rot bis hin zu Jamaika. Keine Partei will etwas ausschließen.

Der Illinger Rathaus-Saal quillt über, als Bürgermeister Armin König von der CDU das Wahlergebnis verkündet.

"So, Glockengeräusch. Ich gebe das Ergebnis der Wahl zum ersten Beigeordneten bekannt. Es sind 32 Stimmen abgegeben worden. Alle 32 Stimmen sind gültig. Auf Christian Petry entfallen 17 Stimmen."

Christian Petry ist der Kandidat der SPD und er hat es geschafft. Die Koalition aus Sozialdemokraten, Linken und dem einen Vertreter der Grünen hat ihren ersten Lackmustest bestanden. Petry ist erleichtert.

"Ein bisschen Nervenkitzel ist immer dabei, weil es eine geheime Wahl ist und in der Kabine schaut einem keiner über die Schulter. Aber die 17 Stimmen, davon kann man ausgehen, kamen von rot-rot-grün, die Kooperation hat gestanden."

Die drei Vertreter der Linken haben Wort gehalten. Bei den Kommunalwahlen im Saarland vor einigen Wochen ist die Linke zum ersten Mal angetreten. Landesweit brachte sie es auf Anhieb auf 12,9 Prozent. Und nicht nur in Illingen zeigt die bunt zusammen gewürfelte Truppe, dass sie koalitionsfähig ist. Denn viele saarländische Linke haben ihr politisches Handwerk an anderer Stelle erlernt, so wie Ernst-Eugen Schmidt.

"Ich war 33 Jahre in der SPD und hab’ dort meine Erfahrung gesammelt, da kann man doch nicht sagen, dass man gänzlich unerfahren ist. Es wird Arbeit auf uns zukommen und das Ganze müssen wir halt noch lernen."

Der CDU-Bürgermeister, der sich nun einer rot-rot-grünen Mehrheit im Stadtrat gegenüber sieht, fügt sich in sein Schicksal.

"Na ja, manchmal muss man eben kämpfen."

Dabei sah es zunächst gar nicht so schlecht aus. Zwar hat die CDU ihre absolute Mehrheit in ihrer einstigen Hochburg Illingen eingebüßt, aber es wäre auch Jamaika möglich gewesen, eine Koalition aus CDU, FDP und dem einen Vertreter der Grünen, der es in den Stadtrat geschafft hat. Die Grünen wollten jedoch nicht mit der CDU. Bürgermeister König schüttelt nachdenklich den Kopf.

"Es überrascht mich, zumal die CDU ökomäßig eine gute Politik gemacht hat hier"

Dafür, dass sich der Grünen-Kandidat, Hans-Peter Metzinger, auf die rot-rote Seite geschlagen hat, wurde er mit dem Posten des zweiten Beigeordneten belohnt. Doch nicht er selbst, sondern der Ortsverband habe entschieden, so Metzinger.

"Wir waren etwas überrascht vom Ergebnis und wollten eigentlich nicht das Zünglein an der Waage sein. Das ist aber nun so gekommen und da hat sich unser Ortsverband zusammengesetzt und entschieden, dass wir in die linke Richtung marschieren und das tue ich dann auch."

Ein paar Kilometer weiter in Blieskastel arbeiten die Grünen auf Stadtratsebene künftig mit der CDU zusammen. Auch dort hat die CDU bei den Kommunalwahlen ihre absolute Mehrheit verloren. Ein Wunschpartner der Grünen ist die CDU dabei nicht. Die angestrebte rot-rot-grüne Koalition wäre auf die Mitarbeit der FWG, der Freien Wähler angewiesen, doch die FWG überlegte es sich nach anfänglicher Sympathie für das rot-rot-grüne Projekt dann doch anders. Brigitte Adameck von den Blieskastler Grünen.

"Der FWG-Mensch ist abgesprungen und dann ist die CDU auf uns zugekommen und hat uns gefragt und dann haben wir ein inhaltliches Gespräch geführt, die Themen abgeklopft und festgestellt, dass wir doch ein paar gemeinsame Punkte haben und wir versuchen nun eine Zusammenarbeit"

Ein Signal für Grüne Optionen auf Landesebene wollen jedoch weder die Blieskastler noch die Illinger Grünen in ihren so unterschiedlichen politischen Entscheidungen sehen.

Metzinger/Adameck: "Nein, nein, ich bin im Land ein kleines Licht und keiner im Land wird sich an das halten, was ein Herr Metzinger in Illingen tut… Die Landespartei haben wir nicht gefragt. Wir sind so autark, dass wir das durchaus können. Es sind alles demokratische Parteien und man sollte das Gespräch doch mit allen führen können."

Noch vor ein paar Monten hätte an der Saar keiner einen Pfifferling dafür gegeben, dass es die Grünen tatsächlich schaffen, in den saarländischen Landtag einzuziehen. Demoskopen sagten ihnen mal eben ganz knappe fünf Prozent voraus und nicht mehr. Aber das gute Ergebnis sowohl bei der Kommunal- als auch bei der Europawahl hat die Grünen beflügelt. Es wird ihnen zugetraut, das Zünglein an der Waage zu spielen. Sie setzen auf Landesebene auf die Ampel, auf eine Koalition aus den Sozialdemokraten und den Liberalen.

Claudia Wilger-Lambert: "Wir haben uns im Rahmen eines Parteitages darauf verständigt, dass uns am Liebsten eine Ampelkonstellation wäre, weil wir dort die meisten Schnittmengen sehen würden und kämpfen auch dafür, dass es dazu kommt."

Im Bund habe sich eine rot-grüne Zusammenarbeit bereits bewährt. In Fragen der Bildungs- und Sozialpolitik agierten beide Parteien auf einer Wellenlänge und wenn die FDP mit ins Boot müsste, dann werde das Problem der Studiengebühren schon irgendwie gelöst. Schließlich wollten die Grünen wie die SPD die Studiengebühren abschaffen. Das letzte Wort über mögliche Koalitionen aber obliege einer Delegiertenversammlung oder einer Mitgliederversammlung, so die grüne Kandidatin für den saarländischen Landtag.

Wilger-Lambert: "Das wird keine Entscheidung sein, die von oben getroffen wird, sondern das wird eine Entscheidung sein, wo eine breite und transparente Beteiligung erfolgen wird. Und ich bin mit nah allen Diskussionen, die wir parteiintern führen, sicher, dass die Partei dort den Schwerpunkt setzt, wo am meisten grüne Inhalte umgesetzt werden können und wo man das glaubwürdigste Konzept hat für Veränderung."

Mit einer CDU, die zehn Jahre lang das Saarland mit absoluter Mehrheit regiert hat, lassen sich die Weichen nicht neu stellen, davon sind offenbar nicht nur die Grünen überzeugt. Denn in der Gunst der Wähler scheint die CDU an Zustimmung zu verlieren. Zu diesem Ergebnis gelangt zumindest, wer den Umfragen Glauben schenkt. Darüber hinaus wird CDU-Chef Peter Müller nach zwei Legislaturen eine gewisse Amtsmüdigkeit nachgesagt. Was der Ministerpräsident als plumpen Schachzug der Opposition abtut:

"Es ist vollkommen klar, dass die Opposition in Ermangelung von Themen versucht, Legenden zu stricken. Dazu zählt auch die Behauptung, der Peter Müller sei müde. Natürlich ist der Peter Müller an der ein oder anderen Stelle einmal müde, aber bevor der Peter Müller müde wird, liegen andere schon im Tiefschlaf und haben bereits das Koma erreicht und das wissen die Menschen im Saarland auch."

Will heißen, mitunter lässt das Interesse nach, in einem Land ständig nach Lösungen zu suchen, dessen finanzielle Verfassung den Regierenden keine wahren Spielräume eröffnet. Vor allem dann nicht, wenn die Menschen die Erfolge der Regierenden nicht gebührend würdigen. Und genau dieses Gefühl beschlich den Ministerpräsidenten noch im Februar dieses Jahres. In einem Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung warf er den Saarländern vor, sie ergingen sich in "Heulsusen-Mentalität". Dieser Eintrag ins Stammbuch der Saarländer saß, da half es auch nicht, dass er noch am gleichen Tag, auf dem Aschermittwochstreffen der Saar-CDU, seinen zunächst allgemein formulierten Heulsusen-Vorwurf in Richtung der Oppositionsparteien präzisierte.

Müller: "Schwierige Entscheidungen und schwierige Zeiten brauchen entschlossene Gestalten. Mit Heulsusen ist keine Zukunft zu gewinnen. Wir brauchen keine Heulsusen wie Maas, Linsler oder den Kollegen Ulrich von den Grünen. Die mäkeln, die quengeln und die schaffen nix, das ist nicht die Zukunft für unser Land."

In diesem Sommer ist Peter Müller auf Wandertour durchs Land. Er präsentiert sich als gutmütiger Landesvater, der sich mit seinen Landsleuten wieder versöhnen will. Überdies will er bei 30 Grad und herrlichem Sonneschein zeigen, dass er die Lust am Regieren noch nicht verloren hat. Wer den Ausgangspunkt des neun Kilometer langen Rundkurses ansteuert, passiert unweigerlich die großen Plakatwände mit dem Slogan. "Wenn’s drauf ankommt, Peter Müller". Müller demonstriert Tatendrang und etwa 300 Sympathisanten haben lange Wege auf sich genommen, ihn zu unterstützen.

O-Ton Umfrage: "Von Waldkirch bei Freiburg, mir gefällt er gut, unser Oettinger ist ja auch von der gleichen Partei und ich bin ja auch für den Oettinger. Einmal ist es eine nette Angelegenheit, mit den Menschen in Berührung zu kommen und auf der anderen Seite ist es ein Bekenntnis dazu, was Peter Müller in den vergangen Jahren geleistet hat. In der Hoffnung, dazu beizutragen, dass Peter Müller Ministerpräsident bleibt. Zum einen bin ich im vorigen Jahr schon gewandert und zum anderen bin ich in der Partei des Ministerpräsidenten. So nah an die Politiker kommt man sonst nicht, man kann neben ihnen herlaufen und sie etwas fragen."

Peter Müller scherzt mit den Wanderern:

"Wenn du die roten zu länge liegen lässt, werden sie irgendwann schwarz."

Die Rede ist nicht vom politischen Gegner sondern von Grillwürsten, Rote, so nennen die Saarländer die Bockwurst. Der Ministerpräsident erfreut sich nicht nur am gelungenen Scherz, sondern auch daran, dass er noch immer ein gefragter Mann ist, und posiert für die Fotokamera.

O-Töne Müller/Fan:"Herr Müller darf ich kurz. Ja, selbstverständlich, wir bleiben stehen, dann geht’s besser. Hallo…"

Unterstützt wird der Ministerpräsident bei seinen Wandertouren von Manuel Andrack. Jahrelang hat der Neu-Saarländer Andrack den verbalen Sparringspartner für Harald Schmidt in der gleichnamigen Fernsehshow gegeben. Der passionierte Wanderer zieht sicher einen Teil der Gäste für die Sommertour des Ministerpräsidenten. Den Wahlkampf beobachtet der Wahlsaarländer mit dem Blick des Außenstehenden:

"Also, je näher die Wahl rückt, haben sich alle lieb, nur die Linke nicht. Es geht gar nicht mehr um Ampel, Schwampel oder Jamaika. Ich sehe hier die rot-grün-schwarz-gelbe Koalition. Hauptsache, Oskar und die seinen kommen nicht an die Regierung."

Für die Freien Demokraten und die CDU trifft dies ganz sicher zu. Sie führen einen Lagerwahlkampf gegen ein rot-rotes Bündnis im Land.

Müller: "Jede Stimme für die Grünen, jede Stimme für die SPD, ist am Ende eine Stimme für Oskar Lafontaine. Wer Lafontaine nicht will, darf die Linke nicht wählen, darf die SPD nicht wählen und darf auch die Grünen nicht wählen. Vernünftigerweise wählt er CDU."

Auch die Freien Demokraten malen den Teufel an die Wand, sollte ein rot-rotes Bündnis im Saarland in Regierungsverantwortung gelangen. Ein solches rot-rotes Szenario zu verhindern, sei Grund genug, sich für die saarländischen Liberalen zu entscheiden, findet der FDP-Landesvorsitzende Christoph Hartmann.

"Das Image des Saarlandes außerhalb des Saarlandes muss weiter verbessert werden. Gäbe es rot-rot, würde uns das um 20 oder 25 Jahre zurück werfen. Eine Führungskraft aus Hamburg, Düsseldorf, München oder Frankfurt kommt nicht ins Saarland, wenn es hier rot-rot gibt. Es wäre auch ein Arbeitsplatzabbauprogramm, weil hier nicht mehr investiert würde. Es wäre eine substanzielle Bedrohung für unser Land."

Allerdings dämmert den schwarz-gelben Hütern der Freiheit allmählich, dass die Angst der Wähler vor einem rot-roten Bündnis im Saarland eher schwach ausgeprägt ist. Ein landespolitisches Comeback Oskar Lafontaines, der im Saarland schon einmal 13 Jahre lang Ministerpräsident war, schreckt kaum jemanden.

O-Ton Umfrage: "Er hat eine Anhängerschaft im Saarland, zweifellos. Er ist immer noch ein Mann mit guten Ideen, aber er ist sehr ins Populistische abgerutscht, was ich sehr, sehr bedauere. Ich habe großes Verständnis dafür, dass er mit dem Schröder nicht konnte, aber da hätte es eine andere Lösung gegeben als die seine. Er ist einer aus dem Volk wie wir auch und schwätzt auch so wie ihm die Lippe gewachsen ist, wir finden ihn toll, den Oskar, früher schon bei der anderen Partei. Was er sagt, hat Hand und Fuß. Er ist einer von uns, ganz einfach."

Als "einer von uns" sucht Lafontaine die Nähe zum Volk, kein Fest, kein Fassanstich in diesem Sommer ohne ihn und seine Polaroid. In der einen Stunde, in der der Kandidat der Linken für das Amt des saarländischen Ministerpräsidenten über das Klarenthaler Dorffest schlendert, lässt er 40 bis 50 Photos schießen. Die Sofortbildkamera surrt ununterbrochen.

"Guten Abend, da machen wir noch ein Bildchen von uns, können Sie noch ein Photo machen, ja, selbstverständlich…"

Lafontaine lächelt, plauscht mit allen, signiert. Ob Freund oder Feind, wie es wohl geworden ist, das Photo, das interessiert alle.

O-Töne Umfrage: "Erstens ist es ein schönes Bild, meine Tochter und ich sehen gut aus und den Mann, den kann man auch ertragen…"

Von Informationsbroschüren hat Lafontaine noch nie viel gehalten. Auf die Wirkung des Sofortbildes hat er bereits vor 30 Jahren vertraut.

Lafontaine: "Das Geheimnis ist, dass die Leute eine Erinnerung haben an diese Begegnung und das ist eben etwas anderes als wenn man ihnen ein Faltblatt in die Hand drückt. Die Leute haben eben gerne Erinnerungen an Begegnungen, das ist der Sinn des Polaroids."

Am Besten findet es einen Platz in der Küche, denn dann besteht die größte Chance, dass es Familienmitgliedern und Freunden gezeigt wird. Im Durchschnitt wandert ein gemeinsames Photo mit Oskar durch viele weitere Hände. Der Kandidat bleibt, so das Kalkül, auch dann noch im Gespräch, wenn das Fest längst vorbei ist. Ob die Methode von Erfolg gekrönt sein wird, dass diejenigen, die ein gemeinsames Erinnerungsphoto geschenkt bekommen, Oskar Lafontaine auch wählen, bleibt offen.

Lafontaine: "Man überlegt es sich zumindest."

Nach ausgeklügelter Wahlkampfstrategie sieht es nicht aus, wenn Lafontaine dem letzten Aufgebot des Klarenthaler Männergesangvereins Applaus spendet.

Männergesangverein: "Ein Prosit, ein Prosit… ."

Und schon unkt die Opposition, Lafontaines beste Zeiten seien vorbei. Er habe ihn wohl überschätzt, sagt Ministerpräsident Peter Müller von der CDU:

"Die Attraktivität, die mit der Person Lafontaine im Saarland verbunden ist, ist Vergangenheit und zwar in einem Maße Vergangenheit, wie das nicht ohne Weiteres zu erwarten war. Die Ära Lafontaine ist vorbei, damit habe ich in diesem Maße nicht gerechnet."

In der Tat bedient sich Oskar Lafontaine gern der Erfolge der Vergangenheit. In Veranstaltungen redet er von einstigen Ansiedlungserfolgen, vom Ausbau der Infrastruktur und setzt auf das Erinnerungsvermögen der Saarländer.
Lafontaine: "Das ist der Hauptvorwurf der Regierung Müller, sie hat überhaupt keine Infrastrukturprojekte auf den Weg gebracht, null. Was meine ich damit: Als junge Leute haben wir uns für den Saarkanal eingesetzt, dann kam die Saarbahn, danach der Ausbau der Schienenschnellverbindung Paris, Saarbrücken, Frankfurt. Dann kam der große Ausbau der Forschungslandschaft an der Universität, so muss man weiter machen."

Während der Linke Lafontaine und der Konservative Müller sich beständig um ihre zurückliegenden Erfolge streiten, wirbt ein anderer Kandidat, der SPD-Herausforderer, Heiko Maas, für sich als jugendliche Alternative. Auf Plakaten, Aufklebern oder im Internet erfindet er sich neu, als Heiko Maas, der neue Mann.

Maas: "Neu sind politische Inhalte, für die ich und die Saar-SPD stehe, eine andere Bildungspolitik, die Einführung echter Ganztagsschulen, die Abschaffung von Studiengebühren, ein Neuanfang in der Strukturpolitik... Und neu ist auch der politische Stil. Ich bin nicht so laut wie Müller und Lafontaine und deshalb glaube ich - die bringen es beide auf fast ein Vierteljahrhundert in der Staatskanzlei - dass das Land einen neuen Politikertyp gut vertragen könnte."

Die eigene Klientel zumindest ist ihrem Heiko Maas dankbar, dass er zumindest den Versuch unternimmt, sich anders darzustellen. Jahrelang haderte die Partei mit dem jungen Parteivorsitzenden, dem trotz seiner politischen Erfahrung das Image eines Kommunionkindes anhaftete. Ein anderer fand sich jedoch nicht, der sich mit Mitgliederverlusten und allgemeiner Perspektivlosigkeit der Saar-SPD herumschlagen wollte. Deshalb ist die Partei dankbar dafür, dass er von sich ein reiferes Bild zeichnet.

O-Ton Umfrage: "Sein Auftreten, sein Aussehen, seine Selbstsicherheit, er wird immer besser. Seine Art mit Menschen umzugehen ist sehr professionell. Er kommt authentisch rüber und nimmt die Sorgen und Nöte der Menschen besser wahr als früher. Er ist bürgernah. Ich finde nix. Er ist, wie er ist, und so wie er ist, ist er gut."

Seit Wochen und Monaten tingelt Maas über die Dörfer. In Ittersheim, nahe der französischen Grenze, bestreitet er den 46. Abend mit Heiko Maas. Im Nebenraum einer Schankwirtschaft ist auf der kleinen Bühne ein Stehtisch für Maas aufgebaut. An der Decke hängt noch eine Disco-Kugel. Im bestuhlten Parkett haben 50 Zuhörer Platz genommen. Der Kandidat redet von einer neuen Bildungspolitik und davon, dass die Menschen SPD wählen müssen, damit die CDU nicht wie beim letzten Mal Schulen im Land schließt.

Maas: "Das eigentliche Thema ist, wenn das Schulordnungsgesetz so bleibt, wie es die CDU gemacht hat, stehen weitere Schulschließungen bevor. Wir haben immer weniger Kinder, historisch niedrige Geburtenraten im Saarland. Also das kann man sich an drei Fingern abzählen. Wir wollen aber nicht, dass es weitere Schulschließungen gibt. Denn das bedeutet größere Schulen, größere Klassen und das heißt weniger Qualität und das ist das Letzte, was wir brauchen können."

Über mögliche Koalitionen redet Maas mit dem Publikum an diesem Abend nicht. Die Frage, wer denn mit wem am Ende regiert, wird nicht öffentlich gestellt. In Ittersdorf, das zur Gemeinde Wallerfangen zählt, haben die Genossen nach der Kommunalwahl keine guten Erfahrungen gemacht mit den Linken. Und wenn es im Kleinen nicht klappt mit der Regierungsfähigkeit, wie soll es dann auf Landesebene funktionieren. Ortsratsmitglied Peter Decker ist skeptisch.

"Das ist so kompliziert, das wird nur schwierig, das wird nur schwierig."

Die Regierungsfähigkeit der Linken wird immer wieder angezweifelt seitens der SPD, wenn die Koalitionsfrage gestellt wird, wenngleich sich die überwiegende Zahl der Parteimitglieder wohl eine rot-rote Zusammenarbeit wünscht. Der Landesvorsitzende und SPD-Spitzenkandidat hält sich bedeckt, will sich nicht festlegen.

Maas: "Also programmatisch sind die Schnittmengen am größten mit den Grünen und auch mit der Linkspartei. Aber die politischen Inhalte sind das eine, sie müssen auch umgesetzt werden. Und da ist die große Frage, ob die Regierungsfähigkeit bei der Linkspartei gegeben ist. Wer im Saarland in einem Haushaltsnotlagenland regieren möchte, der wird auch in den kommenden Jahren hart sparen müssen und unbequeme Entscheidungen mittragen müssen. Und wenn die Linkspartei das nicht tun möchte, ist sie auch nicht geeignet als Koalitionspartner in einer Regierung."

Aus Berlin soll es keine Bevormundung der Saar-SPD im Hinblick auf einen linken Koalitionspartner geben, verspricht der Bundesvorsitzende Franz Müntefering bei einem Besuch in Saarbrücken:

"Das entscheidet jeder Landesverband für sich. Da muss man im Moment keinen Gedanken drauf verwenden. Im Wahlkampf geht es darum, so stark wie möglich zu werden, jeder für sich, nun nicht für irgendwen anders. Jetzt ist Spiel, da muss man aufs Feld und Tore schießen. Mit wem man dann duschen geht, das entscheidet man hinterher. Jetzt gilt bis zum 30. 8., 18 Uhr, Saarland, so viele Stimmen wie möglich und wenn der Heiko Maas ganz stark wird, dann hat er alle Optionen fürs Land."

Die Stimmung bei der Saar-SPD ist zumindest um einiges besser als bei den Genossen im Bund, die im Stimmungstief verharren. Die saarländische SPD sehnt sich daher den Wahltermin herbei, in der Hoffnung, der Aufwind, den sie verspüren, lässt sich auch in Wählerstimmen ummünzen.