Mit Pinsel und Seziermesser

25.01.2011
Um Gabriel von Max war es lange Zeit still geworden. Dabei war der 1840 in Prag geborene Maler einst ein gefeierter Star. Mit dem nun vorliegenden ersten umfassenden Band zu Leben und Werk wird seine faszinierende Persönlichkeit neu entdeckt.
Um Gabriel von Max war es lange Zeit still geworden. Dabei war der 1840 in Prag geborene und in München lebende Maler einst ein gefeierter Star und der finanziell erfolgreichste Künstler der Stadt. Wenn von Max in sein Atelier lud, stand die interessierte Gesellschaft Schlange, und die Kunstkritik schrieb wahre Hymnen. Sein berühmtestes Bild "Märtyrerin am Kreuz" wurde 1867 auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. Nach dem Aufbruch der Avantgarde in die Moderne allerdings wurde von Max vergessen. Mit dem nun vorliegenden ersten umfassenden Band zu Leben und Werk wird seine faszinierende Persönlichkeit neu entdeckt.

Wie Herausgeberin Karin Althaus gleich zu Beginn dieses in jeder Hinsicht eindrucksvollen Buches schreibt, ist es nicht nur die Malerei Gabriel von Max’, die eine neuerliche Beschäftigung mit ihm so interessant macht. Von Max war auch ein leidenschaftlicher, ernst zu nehmender Naturwissenschaftler und – das war für ihn kein Widerspruch – begeisterter Spiritist. Zeit seines Lebens trieb ihn die Frage nach der Herkunft und Entwicklung des Menschen. Und er suchte ebenso mit dem Pinsel wie mit dem Seziermesser oder als Teilnehmer und Initiator spiritistischer Sitzungen nach Antworten. Damit spiegele sich in seinem Leben eine ganze Epoche mit ihren verschiedensten Facetten, formuliert Althaus. Sie geht dem Phänomen Gabriel von Max mit Hilfe vieler Fachautoren auf 400 Seiten auf den Grund.

Jeweils eigene Kapitel porträtieren den Maler, den Spiritisten und den Darwinisten. Knapp zwanzig Aufsätze widmen sich seinen Bildern und den berühmtesten Sujets. Tragische Frauenfiguren waren von Max’ Spezialität. Mit seinen Märtyrerinnen, Seherinnen, leichenblassen Schönheiten, entsagenden Nonnen und vielen weiteren elegisch dahingerafften Frauenzimmern wurde er berühmt – und reich. Sein Vermögen allerdings langte gerade, um seiner zweiten großen Leidenschaft zu frönen, den Naturwissenschaften. Max war auch auf diesem Gebiet auf der Höhe der Zeit. Er las die Schriften von Darwin, de Lamarck und Virchow und stand in engem Kontakt mit dem Biologen Ernst Haeckel, der begeistert war von der fast 80.000 Objekte umfassenden Max’schen anthropologischen und prähistorischen Sammlung.

Der Band nähert sich behutsam der komplexen Persönlichkeit und nimmt von Max’ unterschiedliche Interessensgebiete jeweils gleich ernst. Neben vielen herausragenden Texten besticht sie vor allem durch die grafische Gestaltung und die kluge Auswahl der präsentierten Dokumente. Es erweist sich als Segen, dass von Max fast niemals etwas weggeworfen hat. So kann der Leser nun in unzähligen Fotografien schwelgen (etwa von den Affen des Künstlers – bis zu 14 hielt er in seinem Münchener Gartenhaus –, dem Familienleben oder von spiritistischen Sitzungen). Er kann autobiografische Skizzen lesen und verschiedene Briefwechsel (zum Teil in Geheimschrift). Oder einfach nur staunen angesichts wunderschöner Zeichnungen, Studien und Bilder.

Besprochen von Eva Hepper

Karin Althaus, Helmut Friedel (Hg.): Gabriel von Max. Malerstar, Darwinist, Spiritist
Hirmer Verlag, München 2010
400 Seiten, 34,90 Euro