Mit Kunst gegen den Sicherheitswahn
Mit der Ausstellung "Embedded Art" hat der 48-jährige Berliner Theatermann, Autor und Performer Olaf Arndt ein Projekt bis in die Hauptstadtmitte vorangetrieben, mit dem er sich seit gut zehn Jahren auseinandersetzt. Es geht darum, die Sicherheitsmaßnahmen von Innenpolitik und Industrie, von Militär und Forschung mit kritischer Kunst zu konfrontieren.
Ein großer, schlanker, kräftiger Mann mit dunklen, nach hinten gekämmten Haaren und einer überdimensionierten dickrandigen Hornbrille öffnet die Tür. Die Wohnung, in die er bittet, ist eine dieser weitläufigen Berliner Altbauwohnungen, mit leicht angeschlagenem Parkettboden, alten Fenstern und hohen Decken.
Der lange Flur mündet in den ersten von zwei Arbeitsräumen, vollgestellt mit Schallplatten, einige Hüllen liegen geöffnet auf dem Boden. "Why do you need security?" des Popcorn-Komponisten Gershon Kingsley ist auch dabei. Im zweiten Raum überwiegen die Bücher, in langen Regalen, auf dem Boden, auf Stühlen und dem Schreibtisch.
"Im Jahr 1989, da haben wir eine Gruppe gegründet, die Beobachter der Bediener von Maschinen hieß. Wir haben versucht zu sagen, wir sind keine Künstler, sondern Hersteller von Apparaten, die wir nach einer bestimmten Choreographie, die wir uns schon ausdenken, aber dann relativ frei auf die Besucher loslassen.
Die Besucher müssen diese Maschinen in irgendeiner Form bedienen und erfahren dabei etwas über größere Zusammenhänge wie die gesellschaftliche Bedeutung von Unfällen, die impliziten Katastrophen, die in Technik und in jeder Form von Motoren stecken und so weiter."
Olaf Arndt ist ein Energiepaket, dem sein Gehirn eine scheinbar unbegrenzte Speicherkapazität zur Verfügung stellt. Namen, Daten, Geschehnisse, Querverweise - er sprudelt über und spricht doch unaufgeregt in aller Bescheidenheit. Der gebürtige Hannoveraner hat Philosophie und Literaturwissenschaften in Deutschland und England studiert und begann 1985 seine Laufbahn als Medienkünstler, Bildhauer und Theatermann.
Seit mehr als 15 Jahren ist der 48-Jährige mit anderen, gleichgesinnten Künstlern dabei, politisches Theater und politische Performance in öffentlichen Räumen zu platzieren, im virtuellen Ringen mit den Auswüchsen des allgegenwärtigen Sicherheitswahns.
"Im Grunde war meine Arbeit nie eine künstlerische Arbeit im engeren, strengeren Sinne einer ästhetischen Produktion, sondern hat immer versucht, eine sozialkritische Dimension, technikkritische Dimension, Kapitalismus kritische Dimension in den Vordergrund zu stellen. Deshalb waren unsre Inszenierungen vielleicht auch Straßenschlachten ähnlicher als Kunstausstellungen."
Mit seiner Partnerin und Lebensgefährtin Janneke Schönenbach und seinen Kollegen der Künstlergruppe "BBM" hat Arndt in den letzten Jahren gewaltige Projekte realisiert. Gewaltig nicht nur der Themen wegen, die sich meist um staatliche Gewalt drehen, sondern auch, weil manche seiner mittlerweile über 100 Projekte Hunderttausende Euro kosteten.
Die Expo 2000 in Hannover wurde eine seiner Spielstätten. 72 Roboter, Fantasiegebilde auf Rädern oder auf spinnendünnen Beinen, bewegten sich durch eine große Halle, angestoßen von der körperlicher Wärme der sich nähernden oder zurückweichenden Zuschauer. Immer am Rande des Zusammenbruchs oder unkontrollierbarer Hektik erstaunten und irritierten die hochkomplizierten Automaten 1,2 Millionen Besucher.
"Wir leben in einem Zustand von permanenter Angst vor marodierenden Horden, die aus den explodierenden Ballungsräumen der Dritten Welt kommen - so was wird uns ja von den verschiedenen Gutachten von Geheimdiensten und Spezialisten ständig vorgegaukelt - die uns einfach überschwemmen und die in irgendeiner Form in den Griff genommen werden müssen. Und die kann man nun nicht alle erschießen, also muss man Mittel ersinnen, wie man diese einfallenden Horden irgendwie bändigt und seine Festung Europa schützt."
Das nächste - von der EU geförderte - Großprojekt hieß Troia, das sogenannte nicht-tödliche Waffen wie Elektroschockpistolen, Schallgewehre, Laserwaffen oder Hitzestrahlkanonen zeigte, vorführte und als Angriff auf die Demokratie kritisierbar machte. In einem eigens dafür errichteten, fahrbaren Pavillon voller Überwachungstechnik.
"Sie haben - diese Kunstveranstaltungen von BBM - auch immer an Orten stattgefunden, die ganz untypisch waren für die bildende Kunst: also quasi nie im Museum, fast immer im öffentlichen Raum, in aufgelassenen Industriearealen, in U-Bahnschächten - wo auch immer es uns gerade spannend erschien und jemand bereit war, uns einen Platz einzuräumen."
Nun also die Akademie der Künste in Berlin. In der 30 internationale Künstler das Mantra der absoluten Sicherheit erneut bloßlegen wollen. Was im Falle von Olaf Arndt und den Seinen nicht ohne eine gehörige Portion Ironie abgeht.
Eine der Videoinstallationen zum Beispiel trägt den schönen Titel "Nach Stockhausen: Gesang der Jünglinge" und zeigt beziehungsweise lässt hören, wie Bereitschaftspolizisten in der Pfalz mit dem Taser trainieren. Gegenseitig schießen sie sich mit der Elektroschockpistole um, stützen freundlich die Getroffenen und quittieren ihre Schmerzensschreie mit nachsichtigem Lächeln.
Die Ausstellung 'Embedded Art' ist zwischen dem 24. Januar und dem 22. März in der Akademie der Künste zu sehen und bietet zahlreiche Begleitveranstaltungen. Einen Einblick in Ausstellung und Programm gibt das Internet unter der Adresse www.embeddedart.org. Das Buch 'Demonen' von Olaf Arndt 'Zur Mythologie der Inneren Sicherheit' erschien 2005 bei Nautilus, das gleichnamige Hörspiel wurde im selben Jahr von Radio Bremen ausgestrahlt.
Der lange Flur mündet in den ersten von zwei Arbeitsräumen, vollgestellt mit Schallplatten, einige Hüllen liegen geöffnet auf dem Boden. "Why do you need security?" des Popcorn-Komponisten Gershon Kingsley ist auch dabei. Im zweiten Raum überwiegen die Bücher, in langen Regalen, auf dem Boden, auf Stühlen und dem Schreibtisch.
"Im Jahr 1989, da haben wir eine Gruppe gegründet, die Beobachter der Bediener von Maschinen hieß. Wir haben versucht zu sagen, wir sind keine Künstler, sondern Hersteller von Apparaten, die wir nach einer bestimmten Choreographie, die wir uns schon ausdenken, aber dann relativ frei auf die Besucher loslassen.
Die Besucher müssen diese Maschinen in irgendeiner Form bedienen und erfahren dabei etwas über größere Zusammenhänge wie die gesellschaftliche Bedeutung von Unfällen, die impliziten Katastrophen, die in Technik und in jeder Form von Motoren stecken und so weiter."
Olaf Arndt ist ein Energiepaket, dem sein Gehirn eine scheinbar unbegrenzte Speicherkapazität zur Verfügung stellt. Namen, Daten, Geschehnisse, Querverweise - er sprudelt über und spricht doch unaufgeregt in aller Bescheidenheit. Der gebürtige Hannoveraner hat Philosophie und Literaturwissenschaften in Deutschland und England studiert und begann 1985 seine Laufbahn als Medienkünstler, Bildhauer und Theatermann.
Seit mehr als 15 Jahren ist der 48-Jährige mit anderen, gleichgesinnten Künstlern dabei, politisches Theater und politische Performance in öffentlichen Räumen zu platzieren, im virtuellen Ringen mit den Auswüchsen des allgegenwärtigen Sicherheitswahns.
"Im Grunde war meine Arbeit nie eine künstlerische Arbeit im engeren, strengeren Sinne einer ästhetischen Produktion, sondern hat immer versucht, eine sozialkritische Dimension, technikkritische Dimension, Kapitalismus kritische Dimension in den Vordergrund zu stellen. Deshalb waren unsre Inszenierungen vielleicht auch Straßenschlachten ähnlicher als Kunstausstellungen."
Mit seiner Partnerin und Lebensgefährtin Janneke Schönenbach und seinen Kollegen der Künstlergruppe "BBM" hat Arndt in den letzten Jahren gewaltige Projekte realisiert. Gewaltig nicht nur der Themen wegen, die sich meist um staatliche Gewalt drehen, sondern auch, weil manche seiner mittlerweile über 100 Projekte Hunderttausende Euro kosteten.
Die Expo 2000 in Hannover wurde eine seiner Spielstätten. 72 Roboter, Fantasiegebilde auf Rädern oder auf spinnendünnen Beinen, bewegten sich durch eine große Halle, angestoßen von der körperlicher Wärme der sich nähernden oder zurückweichenden Zuschauer. Immer am Rande des Zusammenbruchs oder unkontrollierbarer Hektik erstaunten und irritierten die hochkomplizierten Automaten 1,2 Millionen Besucher.
"Wir leben in einem Zustand von permanenter Angst vor marodierenden Horden, die aus den explodierenden Ballungsräumen der Dritten Welt kommen - so was wird uns ja von den verschiedenen Gutachten von Geheimdiensten und Spezialisten ständig vorgegaukelt - die uns einfach überschwemmen und die in irgendeiner Form in den Griff genommen werden müssen. Und die kann man nun nicht alle erschießen, also muss man Mittel ersinnen, wie man diese einfallenden Horden irgendwie bändigt und seine Festung Europa schützt."
Das nächste - von der EU geförderte - Großprojekt hieß Troia, das sogenannte nicht-tödliche Waffen wie Elektroschockpistolen, Schallgewehre, Laserwaffen oder Hitzestrahlkanonen zeigte, vorführte und als Angriff auf die Demokratie kritisierbar machte. In einem eigens dafür errichteten, fahrbaren Pavillon voller Überwachungstechnik.
"Sie haben - diese Kunstveranstaltungen von BBM - auch immer an Orten stattgefunden, die ganz untypisch waren für die bildende Kunst: also quasi nie im Museum, fast immer im öffentlichen Raum, in aufgelassenen Industriearealen, in U-Bahnschächten - wo auch immer es uns gerade spannend erschien und jemand bereit war, uns einen Platz einzuräumen."
Nun also die Akademie der Künste in Berlin. In der 30 internationale Künstler das Mantra der absoluten Sicherheit erneut bloßlegen wollen. Was im Falle von Olaf Arndt und den Seinen nicht ohne eine gehörige Portion Ironie abgeht.
Eine der Videoinstallationen zum Beispiel trägt den schönen Titel "Nach Stockhausen: Gesang der Jünglinge" und zeigt beziehungsweise lässt hören, wie Bereitschaftspolizisten in der Pfalz mit dem Taser trainieren. Gegenseitig schießen sie sich mit der Elektroschockpistole um, stützen freundlich die Getroffenen und quittieren ihre Schmerzensschreie mit nachsichtigem Lächeln.
Die Ausstellung 'Embedded Art' ist zwischen dem 24. Januar und dem 22. März in der Akademie der Künste zu sehen und bietet zahlreiche Begleitveranstaltungen. Einen Einblick in Ausstellung und Programm gibt das Internet unter der Adresse www.embeddedart.org. Das Buch 'Demonen' von Olaf Arndt 'Zur Mythologie der Inneren Sicherheit' erschien 2005 bei Nautilus, das gleichnamige Hörspiel wurde im selben Jahr von Radio Bremen ausgestrahlt.