Mit Handkurbeln in die Informationsgesellschaft

Von Jürgen Stratmann |
Nur wer Geld hat, kann über Technologien verfügen, die den Zugang zum Internet ermöglichen. Damit ist ein Großteil der Welt von der globalen Informationsgesellschaft ausgeschlossen. Gegen diese "digitale Kluft" zieht die Initiative "One Laptop per Child" zu Felde und verkauft einen 100 Dollar Laptop mit Handkurbel.
Schnarren einer Kurbel...

Nach den Plänen des amerikanischen Computer-Pioniers Nicolas Negroponte könnte so ein Geräusch schon Anfang nächsten Jahres den Einstieg von Millionen Kindern in der dritten Welt den Einstieg in die Informationsgesellschaft begleiten.

Auf Betreiben der Initiative One-Laptop-per-child wurde ein Notebook entwickelt, das auch in den entlegendsten Weltgegenden, fernab jeder Stromversorgung, funktioniert. Und zwar über eine Handkurbel. Zehn Minuten kurbeln, eine halbe Stunde Laptop-Betrieb...

"Die Idee des 100 Dollar Notebooks ist, jedem Kind in der nicht entwickelten Welt einen Computer in die Hand zu geben. "

Nicolas Negroponte präsentierte den Prototyp vor gut einem Monat auf dem Weltgipfel der Kommunikationsgesellschaft in Tunis zusammen mit Kofi Annan. Markus Beckedahl von der Agentur "New Thinking Kommunikation" hatte Gelegenheit, sich das Gerät dort anzusehen.

"Er is kleiner als ´ne Din-A-4 Seite, aus billigen, billigen Bauteilen zusammengesetzt, keine Festplatte, dafür ´n Flash-Speicher, der wenig Strom braucht. Er ist Grün, damit er nicht so attraktiv zum klauen ist. Er ist sehr robust, er muss halt unter widrigen Umständen wie Wüste oder Kälte funktionieren und er darf halt nicht so schnell kaputt gehen."

Diese technologische Grundversorgung soll dazu beitragen, digitale Kluft zu überwinden. Der kleine grüne Kurbelrechner soll der Türöffner zur globalen Informationsgesellschaft sein:

" Jeder einzelne Laptop verbindet sich automatisch mit anderen Laptops der gleichen Art in der Nähe und zumindest kann man schon mal untereinander vernetzt arbeiten. Wenn noch einer dieser Rechner Zugang zum normalen Internet hat, dann können alle darüber ins Internet gehen. "

Im freien Handel wird der Apparat nicht zu haben sein, bestellt werden können nur Kontingente für den Schulbetrieb, geliefert wird nicht an Geschäftemacher, sondern nur an Regierungen - und die bestellen fleißig: 6 Millionen 100-Dollar-Laptops sind bereits geordert.

Ein funktionierender Rechner, gewollt hässlich, damit er nicht geklaut wird, der robust ist und auch unter schwierigen klimatischen Verhältnissen funktioniert - angesichts der Tatsache, dass in einigen Berliner Schulen Unterricht bei 12 °C stattfindet, ein Konzept, dass auch für hiesige Bedingungen geeignet scheint, denn ...

"Auch in Deutschland gibt es ´ne digitale Kluft... "

Eine? Es gibt mehrere! Es gibt die digitale Kluft zwischen Alt und Jung, zwischen Reich und Arm, zwischen Bundesländern: Zum Beispiel nutzen in Mecklenburg-Vorpommern nur knapp 35 Prozent der Bevölkerung die neuen Medien, im Nachbarland Schleswig Holstein sind es über 50! Darum:

"Wir brauchen keine Handkurbeln, weil es bei uns überall Strom gibt, aber die Idee, ein günstiges Notebook zu produzieren, was man eigentlich jedem Kind in die Hand geben kann, ist unterstützenswert."

Findet Markus Beckedahl. Unterstützenswert - aber realistisch?

"Nee, leider nich!"
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