Mit Gottvertrauen ins Glück

Rezensiert von Adolf Stock |
Der britische Theologe Tom Wright schreibt Bücher für den christlichen Alltag. In seinem erstmals auf Deutsch erschienenen Band "Kleiner Glaube - großer Gott" hat er seine Fragen an die Bibel formuliert. Ein Buch, das es in sich hat.
Tom Wright hat eine klare Botschaft: Es ist gar nicht so wichtig, was wir glauben. Wichtiger ist die Gewissheit, dass Gott größer als unser Glauben ist. Um das zu verstehen, muss man die Bibel lesen. Und so interpretiert Tom Wright prägnante Bibelstellen, um unsere Aufmerksamkeit weg von unserem Glauben "auf den Gott zu lenken, den wir in der Bibel erkennen, und unüberbietbar in Jesus selbst".

Auf die drei Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung gründet sich das Christentum: Jesus mehrt den Glauben, daraus erwächst die Liebe und am Ende Hoffnung: "Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen", steht in den Korintherbriefen des Paulus. Tom Wright hat sein Buch entsprechend gegliedert. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Voraussetzungen des Glaubens.

"Dieses Buch handelt vom Glauben, und der Weg zum Glauben führt immer entlang der Straße, die zu einer vergrößerten Sicht von Gott führt, zu einer Sicht, die stets im Lichte der Bibel geprüft und überarbeitet wird."

Tom Wright ist ein großer Geschichtenerzähler. Die Schilderungen der Heiligen Schrift sind ihm kein Gleichnis, er liest sie konkret und spitzt sie so zu, dass sie ihre göttliche Botschaft offenbaren. 20 belehrende Episoden hat er aneinandergereiht. Ein Kaleidoskop gründlich durchdachter Bibelstellen, kleine Texte, die ihren Ursprung in Predigten haben, die Wright als Bischof von Durham gehalten hat.

20 Episoden aus dem Alten und Neuen Testament
Als Anglikaner glaubt Tom Wright an den dreieinigen Gott. Er liest nicht nur das Neue Testament. Auch dem strafenden Gott, der uns Menschen prüft und leiden lässt, wird gebührend Platz eingeräumt. Episoden aus dem Neuen und dem Alten Testament stehen mit gleichem Recht nebeneinander. Und Tom Wright erzählt vom Apostel Paulus und der Institution Kirche, die für ihn im göttlichen Plan eine notwendige Rolle spielt.

"Es geht darum, unsere Aufmerksamkeit von 'unserem Glauben' weg auf den Gott zu lenken, den wir in der Bibel erkennen, und unüberbietbar in Jesus selbst."

Tom Wright analysiert Haltungen, dabei achtet er stets auf den substanziellen Glaubenskern. Religiöse Selbstgerechtigkeit, Hybris und Pharisäertum werden anhand der Bibel scharf kritisiert. Stattdessen wirbt er um Gottvertrauen und interpretiert solange Gottes Wort, bis es als Leitfaden für den Alltag taugt. Mit dieser Haltung gerät das Kapitel über die Ehe zu einem interpretatorischen Drahtseilakt.

"Ihr Männer, sagt Paulus, müsst eure Frauen so lieben, wie Christus die Kirche geliebt hat. Was heißt das? Es heißt, dass er für die Kirche in die tiefste Tiefe hinabstieg, als er am Kreuz starb, um sie zu retten und zu reinigen. Wenn eine Ehe nach diesen Prinzipien funktioniert, funktioniert sie nach den Absichten ihres Schöpfers, und der Mann und die Frau werden erfahren, dass sie frei sind, im Raum ihrer gegenseitigen Liebe sie selbst zu sein."

Mit Paulus plädiert Tom Wright für eine Hierarchie der Geschlechter. Da hilft auch keine noch so gutwillige Interpretation, die den humanen Kern des biblischen Anspruchs hervorheben will.

Wright schreibt auch über die Idee des strafenden Gottes
Ein weiteres Kapitel handelt von dem strafenden Gott, der seine Kinder züchtigt und diszipliniert. Das entspricht kaum unserer heutigen Moral, doch für Tom Wright ist die Bibel der absolute Maßstab. Man muss ja nicht gleich an gewalttätige pietistische Pädagogen oder traumatisierte Heimkinder denken, wenn Tom Wright den Psalm 94 interpretiert: Wer leidet, übt sich in Geduld, und das Böse ist in der Welt, um Gottes Absichten zu befördern.

"Die Bösen werden von Gott benutzt, um sein eigenes Volk zu züchtigen und ihnen Geduld beizubringen. Letztlich werden jedoch die Bösen bestraft, wie sie es verdienen. Gott wird die Bösen zur rechten Zeit richten. In der Zwischenzeit schläft er nicht etwa oder verpasst, was abläuft, sondern er benutzt tatsächlich das Böse in der Welt, um sein Volk zu reinigen und zu lehren. (…) Wenn wir für diesen Gott leiden, sind wir so sicher wie ein Kind in den Armen seines Vaters."

Wer Gott unbedingt vertraut, wird am Ende bei ihm sein. Diese göttliche Botschaft will Tom Wright vermitteln. Es hat über 30 Jahre gedauert, bis das Buch ins Deutsche übersetzt wurde. Manches würde er heute anders sagen, lässt er im Vorwort seine deutschen Leser wissen, doch sein Grundanliegen bleibt: Das Studium der Bibel ist ihm viel zu wichtig, als dass man es im Arbeitszimmer eines Gelehrten einschließen sollte. "Glauben ist das Gegenteil von Zweifel", schreibt Tom Wright. Gott lässt uns gewähren, aber ohne Vertrauen wird kein Leben gelingen. Das ist seine bleibende Botschaft.

Tom Wright: Kleiner Glaube - großer Gott
Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2013
158 Seiten, 14,80 Euro