"Mit freundlicher Unterstützung von…"

Von Michael Meyer |
Wegen mangelnder finanzieller Ausstattung häufen sich die Fälle von Schleichwerbung im Fernsehen, aber auch in Zeitungen. Unabhängiger Journalismus leidet darunter. Wie man dem begegnen kann, wurde jetzt auf einer Veranstaltung des Deutschen Presserates von Medienmachern diskutiert.
"Wer vernascht heute wen? Viel Spaß bei der Verbotenen Liebe mit der Eiskreation des Winters ..."

Deutsche Medienkonsumenten müssen sich an ein Übermaß an Werbung gewöhnen: Nicht nur klassische Spotwerbung prasselt tagtäglich auf sie ein, auch Sponsoringhinweise, Medienpartnerschaften für Veranstaltungen und ähnliches weichen zusehends die klare Trennung zwischen Programm und Werbung auf.

Schleichwerbung geht noch einen Schritt weiter, in dem sie, gut getarnt, in Serien und Filmen versteckt wird, so dass selbst Medienwächter sie oft nicht entdecken. 30 bis 40 Fälle von so genanntem "Product Placement" werden allein von der Medienanstalt Nordrhein-Westfalen jedes Jahr bearbeitet, die Dunkelziffer dürfte noch um etliches höher sein.

Als Schuldige wurden in den letzten Monaten vor allem die Fernsehproduzenten genannt – diese jedoch wehren sich gegen die Vorwürfe. Sie beklagen, dass sie häufig von den Sendern nicht mehr ausreichend finanziell ausgestattet werden, um ihre Filme zu produzieren. Vielen bleibt also nichts anderes übrig, als sich nach "Drittmitteln" umzusehen. Das gelte selbst für die großen Produktionstöchterfirmen der ARD wie die Bavaria oder Studio Hamburg.

Gerhard Schmidt, Geschäftsführer einer der größten Produktionsfirmen mit Sitz in Köln, kennt die Nöte der Produzenten aus eigener Erfahrung:

" Die Statistik zeigt, dass von den 150.000, die der Produzent eigentlich haben sollte, nur 75.000 übrig bleiben. Jetzt ist der Produzent in der Lage, oder in der Notwendigkeit, immer noch ein erstklassiges Produkt liefern zu müssen. Und da hat er nicht viele Möglichkeiten, das zu machen. In einem normalen "Tatort" – da wird gefeilscht: Machen wir noch ein oder zwei Überstunden, wenn wir die machen, lieber Regisseur, kriegst du morgen nicht den Kran, kriegst du nicht die Ausstattung, die du gerne haben willst. Da sind Summen von 5, 10, 15, 20.000 - entscheiden teilweise über die Qualität eines Produkts. "

Doch all dies könne und dürfe natürlich nicht dazu herhalten, weiterhin Schleichwerbung zu betreiben. Die ARD hat nach der Aufdeckung der Fälle im "Marienhof" und anderen Sendungen eine Clearing-Stelle eingerichtet, die sich konsequent nur um dieses Thema kümmert.

Problematisch an der unterschwelligen Werbung sind nicht nur die Produktpräsentationen als solche, sondern auch deren Auswirkungen auf die Gestaltung ganzer Filme. Der Journalist Volker Lilienthal, der die Schleichwerbepraxis bei ARD und ZDF aufgedeckt hat, kennt einen Fall, in dem ein Safthersteller direkt Einfluss auf das Thema eines Films genommen hatte:

" In dem TV-Movie, in der ersten Drehbuchfassung, sollte das schreckliche Thema AIDS angesprochen werden. Der Kooperationspartner war ein sehr gesunder Fruchtsaftkelterer, der sagte: "AIDS? Diese schreckliche Krankheit – mit meinem gesunden Image verbunden, das möchte ich nicht." Da flog das Thema AIDS aus dem Drehbuch heraus, und es wurde ein anderer Film gedreht. Will damit sagen: Wenn wir diese Einflussnahmen erlauben, dann wird die Thematisierungsfunktion, die die bessere Fiction haben kann, aufgehoben. Womit ich mit mir allenfalls noch reden lasse, sind Kochsendungen und Mode."
Aber längst nicht nur bei solch harmlosen Sendungen haben oft Dritte ihre Hand im Spiel, sondern gelegentlich auch im Informationsbereich. Vor zwei Jahren strahlte der Hessische Rundfunk eine mehrteilige Dokumentation über die Bürokratie in deutschen Sozialsystemen aus. Weil der Sender nur zwei, statt drei Teile finanzieren konnte, hat die neoliberale "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" mindestens 60.000 EUR zu der Doku beigetragen und sich auch noch die Videovertriebsrechte gesichert.

Solche Beispiele belegen: Unabhängigkeit muss man sich leisten können, das gilt nicht nur für Radio und Fernsehen, sondern auch für Zeitungen und Zeitschriften. In einigen Redaktionen ist sind die Etats in den vergangenen Jahren so stark gekürzt worden, dass mancherorts nur noch eine Handvoll Redakteure eine ganze Zeitung produzieren. Kein Wunder, dass die Einflussnahmen von PR-Agenturen und Schleichwerbern zunehmen, meint der Chefredakteur der "Thüringischen Allgemeinen", Sergej Lochthofen:

" Ich vermute mal, der Druck wird wachsen, und wir werden in 15 Jahren andere Zeitungen haben, als wir sie heute haben, aber im Einzelfall bei den Lokalzeitungen wird der Druck zunehmen, und es ist die Frage, ob man sich qualifiziertes Personal leisten kann, dass heißt Journalisten, die auch tatsächlich recherchieren, und nicht nur einfach formatieren und die Seiten füllen. Das wird sicherlich ein ernstes Thema werden. Wenn Sie sich die Dinge ansehen: Der Anzeigenmarkt hat sich in den letzten fünf Jahren halbiert. Sie können nicht beliebig die Preise für die Zeitung erhöhen – die andere Gefahr ist, dass die Auflage heruntergeht, dass ganze Schichten nicht mehr lesen. Dass kann auch nicht gewollt sein, wir sind hier in einem echten Dilemma, und da kommt die Frage, ob an der Redaktion gespart wird. "

Viele Journalisten und Programmmacher befürchten eine Aufweichung der Standards, falls die EU-Kommission im nächsten Jahr die so genannte Fernsehwerberichtlinie neu fassen sollte. Geplant ist eine Reform, die künftig Schleichwerbung in fiktionalen Sendungen erlaubt, sofern sie kenntlich gemacht wird. Der Verband der Privatsender VPRT begrüßt ausdrücklich eine Lockerung der Werberichtlinien.

Kritiker der Reform sehen die Lage anders: Wenn man nicht wolle, dass in 15 Jahren die Zeitungen Werbebeilagen glichen, dann müsse man stärker in Aus- und Weiterbildung der Journalisten investieren, sagt der Geschäftsführer der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf, Clemens Bauer. Wer nicht in sein Produkt investiere, säge am sprichwörtlichen eigenen Ast, so Bauer:

" Vielleicht schimpfen Sie mich einen Idealisten, aber ich glaube einfach, dass sich Qualität verkauft, sich besser verkauft, und dass Medien, die sich selbst degenerieren, in dem sie einem schnellen Druck des Augenblicks nachgeben, dem Markt nachgeben, eben PR-Zeitungen letztlich ermöglichen, dass die das im Markt merken, und dass dies diejenigen sein werden, die zuerst sterben. "