Mit Einstecktuch und Siegelring

Von Holger Hettinger · 11.08.2006
Eine moderne Version des Hochstaplers Felix Krull hat in Düsseldorf als "Fürst zu Sayn-Wittgenstein zu Berleburg" monatelang die honorige Gesellschaft genarrt. Der Schulabbrecher hatte sich als "Durchlaucht" anreden lassen, ohne Ausweis Konten eröffnet und im Frack in Nobelhotels diniert.
Weltmännisch ist der falsche Fürst mit der verfeinerten Lebensart selbst vor Gericht erschienen: im dunklen Anzug, mit Einstecktuch und rahmengenähten Schuhen hat der 21-jährige Schulabbrecher vor dem Richter im Düsseldorfer Amtsgericht alle 387 Straftaten gestanden, die ihm die Anklage vorgeworfen hatte.

Da war längst klar: Der junge Mann war nicht Seine Durchlaucht Fürst Jörg Alexander zu Sayn-Wittgenstein zu Berleburg. Der Angeklagte aus dem Emsland hat sich diesen wohlklingenden Titel zugelegt, um das Vertrauen von Banken und Geschäftsleuten zu gewinnen. Fünf Monate lang dauerte der Spuk des falschen Fürsten - genug Zeit, um einen Gesamtschaden von über 100.000 Euro anzurichten.

Leisten konnte sich der Hochstapler eigentlich gar nichts: Der vermeintliche Fürst war nämlich arbeitslos. Doch als er – aus einer Laune heraus, wie er vor Gericht erklärte - sich einen wohlklingenden Namen und ein Adelsprädikat verpasste, war er plötzlich kreditwürdig: Als Seine Durchlaucht im feinen Zwirn mit dem geliehenen Luxusauto bei den Banken vorfuhr, fragte niemand nach seinem Ausweis.

Mit der fürstlichen Kreditkarte ging der falsche Adlige auf dann Einkaufstour: er wurde Kunde in den edelsten Boutiquen von Düsseldorf, richtete sich seine Wohnung mit teuerem Mobiliar und finessenreicher Technik ein, feierte Partys in Luxushotels und dinierte in den feinsten Restaurants der Stadt.

Die Ermittler staunten darüber, wie leicht es dem falschen Fürsten gemacht wurde - der tadellose Auftritt und das vermeintliche Adelsprädikat haben etliche Geschäftsleute jegliche Vorsicht über Bord werfen lassen.

Aufgefallen ist der falsche Fürst deswegen, weil der einschlägig Vorbestrafte seine Bewährungsauflagen in Berlin nicht erfüllte hatte - und so zur Fahndung ausgeschrieben wurde.