Mit der Nudel kommunizieren
Bei seinen ersten Projekten hielten ihn die Vernissagen-Besucher noch für den Caterer. Inzwischen zeigt der Thailländer Rirkrit Tiravanija seine Koch-Kunst weltweit - und in Bielefeld erstmals in einem Museum.
Rirkrit Tiravanija: "Ich habe mich immer sehr für die Idee des idealen Zuhauses interessiert. Für Strukturen, die perfekt sind, um darin zu leben. Und zugleich habe ich mir immer Gedanken gemacht über das Verhältnis von Künstler und Publikum. Über die Idee, ein Publikum in Kunstaktionen zu involvieren, das nicht das übliche Kunstpublikum ist. Gerne arbeite ich auch mit Kindern, als einer besonderen Art von Publikum."
Dr. Thomas Kellein, Direktor der Kunsthalle Bielefeld: "Diese Rezepte, die nicht vollständig sind, aber sehr substanziell, beginnen mit Pha Thai. Das war seine erste Speise 1990 bei einer Einzelausstellung in New York. Das ist eine thailändische Nudel. Nudeln sind eigentlich ein chinesisches Phänomen, ich sag jetzt nichts über Marco Polo und Italien und China. Bei Pha Thai wird also eine thailändische Nudel verwendet, und das hat durchaus etwas mit dem Erwachen Thailands im Sinne von Demokratie, Anti-Monarchie und auch dem Abschaffen von sozialen Hierarchien zu tun. Es ist eine sehr sättigende Speise, und dass Tiravanija das in New York kocht, hat durchaus damit zu tun, dass er sich damit automatisch als Thai outet."
Zu kochen allein ist noch keine Kunst. Zu kochen wie Rirkrit Tiravanjia mittlerweile schon, und das liegt nicht daran, dass er eine Sterneküche unterhält. Seine Gerichte sind einfach, mitunter sogar eigen, versehen mit einem bewussten Dilettantismus, wenn er zum Beispiel eine klassische badische Flädlesuppe mit grünem Curry würzt, so dass sie fast schon wieder nach thailändischer Küche schmeckt. Für sein Publikum zu kochen, ist seine Art, über Geschichte und die Folgen der Globalisierung zu kommunizieren. Tiravanija wurde als Sohn eines thailändischen Diplomaten in Buenos Aires geboren, und da sein Vater, wie im diplomatischen Dienst üblich, alle vier Jahre seinen Dienstort wechseln musste, wuchs er anschließend in Äthiopien, Kanada und Thailand auf.
Sein Kunststudium absolvierte er in New York und Chicago. Seitdem ist er Weltreisender in Sachen Kunst, aber wer ihn trifft, hat keinen jovialen Jet Setter vor sich, sondern einen Identitätssucher, einen, der vor lauter globaler Vernetzung nicht mehr wusste, wohin er gehörte und der sich seine thailändischen Wurzeln erst langsam wieder erarbeiten musste. Vor allem durch seine Koch-Aktionen, die von der spontanen Versammlung des Publikums leben, in Galerien oder bei Kunstfestivals. Plötzlich aber findet sich Tiravanija nun in einem großen deutschen Kunstmuseum wieder. Die Kochutensilien sind auf dem Boden ausgebreitet, im Foyer steht ein großer Herd, auf dem Museumsangestellte seine Rezepte aus zwanzig Jahren nachkochen werden. Gewöhnungsbedürftig.
Rirkrit Tirabvanija: "Wenn ich mich hier so umschaue, denke ich, es ist vor allem deshalb interessant, weil es eine Ausstellung ist, wie ich sie niemals machen würde. Das war zugleich der Grund, weshalb ich sie hier machen wollte. Um zu sehen, welche Sicht dieses Museum auf mein Werk entwickelt. Es ist eine Herausforderung für meine Arbeit. Denn diese Arbeiten müssen in verschiedener Hinsicht im Raum funktionieren. Hier aber können sie nicht immer funktionieren. Das ist die Herausforderung: Jetzt sieht man die Arbeiten auch, wenn sie nicht laufen, wenn sie nicht aktiviert sind. Grundsätzlich haben sie ja eine Art Energie in sich, die dem Publikum, das sich daran beteiligt, ein bestimmtes Gefühl zurückgibt. Das Gefühl und die Energie, die die Leute in der Arbeit hinterlassen, wie hier in den 800 Suppenschalen der Arbeit 'Spaghetti Western'. 800 Leute, die herumsitzen, aus diesen Schalen essen – ich kann eine Energie spüren, die davon ausgeht."
Tiravanija geht es damit nicht unähnlich wie den Fluxus-Künstlern der siebziger Jahre, die auch gegen den musealen Kunstbegriff gerichtet waren. Die Grenze von Kunst und Nicht-Kunst wird aufgelöst. Neigten konservative Vernissagenbesucher früher noch dazu, Tiravanija noch für den Caterer zu halten und erst sehr viel später zu verstehen, dass es doch der Künstler war, wird er heute als Star der Szene herumgereicht. Vermutlich wird er nun öfter seine Kochutensilien in altehrwürdigen Museen wiederfinden. In dieser Hinsicht ist die Bielefelder Ausstellung wegweisend.
Informationen zur Ausstellung von Rirkrit Tiravanija in Bielefeld
Dr. Thomas Kellein, Direktor der Kunsthalle Bielefeld: "Diese Rezepte, die nicht vollständig sind, aber sehr substanziell, beginnen mit Pha Thai. Das war seine erste Speise 1990 bei einer Einzelausstellung in New York. Das ist eine thailändische Nudel. Nudeln sind eigentlich ein chinesisches Phänomen, ich sag jetzt nichts über Marco Polo und Italien und China. Bei Pha Thai wird also eine thailändische Nudel verwendet, und das hat durchaus etwas mit dem Erwachen Thailands im Sinne von Demokratie, Anti-Monarchie und auch dem Abschaffen von sozialen Hierarchien zu tun. Es ist eine sehr sättigende Speise, und dass Tiravanija das in New York kocht, hat durchaus damit zu tun, dass er sich damit automatisch als Thai outet."
Zu kochen allein ist noch keine Kunst. Zu kochen wie Rirkrit Tiravanjia mittlerweile schon, und das liegt nicht daran, dass er eine Sterneküche unterhält. Seine Gerichte sind einfach, mitunter sogar eigen, versehen mit einem bewussten Dilettantismus, wenn er zum Beispiel eine klassische badische Flädlesuppe mit grünem Curry würzt, so dass sie fast schon wieder nach thailändischer Küche schmeckt. Für sein Publikum zu kochen, ist seine Art, über Geschichte und die Folgen der Globalisierung zu kommunizieren. Tiravanija wurde als Sohn eines thailändischen Diplomaten in Buenos Aires geboren, und da sein Vater, wie im diplomatischen Dienst üblich, alle vier Jahre seinen Dienstort wechseln musste, wuchs er anschließend in Äthiopien, Kanada und Thailand auf.
Sein Kunststudium absolvierte er in New York und Chicago. Seitdem ist er Weltreisender in Sachen Kunst, aber wer ihn trifft, hat keinen jovialen Jet Setter vor sich, sondern einen Identitätssucher, einen, der vor lauter globaler Vernetzung nicht mehr wusste, wohin er gehörte und der sich seine thailändischen Wurzeln erst langsam wieder erarbeiten musste. Vor allem durch seine Koch-Aktionen, die von der spontanen Versammlung des Publikums leben, in Galerien oder bei Kunstfestivals. Plötzlich aber findet sich Tiravanija nun in einem großen deutschen Kunstmuseum wieder. Die Kochutensilien sind auf dem Boden ausgebreitet, im Foyer steht ein großer Herd, auf dem Museumsangestellte seine Rezepte aus zwanzig Jahren nachkochen werden. Gewöhnungsbedürftig.
Rirkrit Tirabvanija: "Wenn ich mich hier so umschaue, denke ich, es ist vor allem deshalb interessant, weil es eine Ausstellung ist, wie ich sie niemals machen würde. Das war zugleich der Grund, weshalb ich sie hier machen wollte. Um zu sehen, welche Sicht dieses Museum auf mein Werk entwickelt. Es ist eine Herausforderung für meine Arbeit. Denn diese Arbeiten müssen in verschiedener Hinsicht im Raum funktionieren. Hier aber können sie nicht immer funktionieren. Das ist die Herausforderung: Jetzt sieht man die Arbeiten auch, wenn sie nicht laufen, wenn sie nicht aktiviert sind. Grundsätzlich haben sie ja eine Art Energie in sich, die dem Publikum, das sich daran beteiligt, ein bestimmtes Gefühl zurückgibt. Das Gefühl und die Energie, die die Leute in der Arbeit hinterlassen, wie hier in den 800 Suppenschalen der Arbeit 'Spaghetti Western'. 800 Leute, die herumsitzen, aus diesen Schalen essen – ich kann eine Energie spüren, die davon ausgeht."
Tiravanija geht es damit nicht unähnlich wie den Fluxus-Künstlern der siebziger Jahre, die auch gegen den musealen Kunstbegriff gerichtet waren. Die Grenze von Kunst und Nicht-Kunst wird aufgelöst. Neigten konservative Vernissagenbesucher früher noch dazu, Tiravanija noch für den Caterer zu halten und erst sehr viel später zu verstehen, dass es doch der Künstler war, wird er heute als Star der Szene herumgereicht. Vermutlich wird er nun öfter seine Kochutensilien in altehrwürdigen Museen wiederfinden. In dieser Hinsicht ist die Bielefelder Ausstellung wegweisend.
Informationen zur Ausstellung von Rirkrit Tiravanija in Bielefeld