Mit Bildern Geschichten erzählen
Wie viel Worte braucht eine Geschichte? Schaut man sich erfolgreiche Bilderbücher an wie Struwwelpeter, Janosch’s Tigerente oder Pettersson und Findus merkt man schnell: wenige bis gar keine. Wie Bilderbücher Geschichten erzählen und welche Formen von Büchern ohne Text es gibt, damit beschäftigt sich das Bilderbuchmuseum Burg Wissem in Troisdorf.
"Man sieht’s erst ganz von oben, dann ist er etwas näher rangekommen. Da ist er dann auf Höhe eines Hauses und da ist er dann auf der Gasse gelandet. Also auch über die Darstellung einer Mittelalterlichen Szenerie hinaus ein Spiel mit Sehweisen, mit Perspektiven."
Eine befestigte Mittelalterburg, ein Marktplatz, Frauen mit spitzen Hüten und Männer in Rüstungen bevölkern die Szene. Der Schweizer Illustrator Jörg Müller hat alles akribisch recherchiert, von der Kleidung der Marktbesucher über die angebotenen Waren bis hin zur Form der Zinnen und Erker.
"Auf diesen Bildern gibt es so viele Einzelheiten, dass wir Kinder gesehen haben, die hier 20 Minuten versunken vor den Bildern sitzen."
In der geräumigen Remise des Bilderbuchmuseums hängen die Mittelalterbildtafeln des Künstlers Jörg Müller - jeweils vier Meter hoch schmücken sie die jahrhundertealte Bruchsteinwand - der authentische Hintergrund passt perfekt, erweckt die Szenerie auf den Tafeln beinahe zum Leben.
Ruhig, noch etwas verschlafen, wartet der gepflasterte Hof zwischen der Remise und dem Hauptgebäude von Burg Wissem auf den anbrechenden Tag. Leuchtend-rot-orange strahlt das gedrungene Bauwerk in der Morgensonne. Umgeben ist die klassizistische Anlage mit ihren zwei Türmen von alten Bäumen und einem Burggraben. Fast wirkt es, als sei sie selbst direkt aus einem Bilderbuch in das kleine Städtchen Troisdorf gelangt.
"Es gibt Ausstellungen für ein breites Publikum, Pippi Langstrumpf war so eine Geschichte oder die Pixi Bücher; oder Pettersson und Findus beispielsweise, und es gibt spezielle Ausstellungen."
Wie die des Kölner Bildhauers Lutz Fritsch.
Die findet sich im ersten Stock des Hauptgebäudes. In den hell-weiß gestrichenen Räumen sind unzählige kleine Bücher, sogenannte Künstlerbücher, kleine Heftchen, auf deren Seiten Fritsch manchmal nur zwei Linien gezeichnet hat.
"Das sind so kleine Büchlein, die er mitführt, wenn er arbeitet, wo er auch zwischendurch mal was reinzeichnet, was mich fasziniert, es ist fast so etwas wie ein Einblick in den Kopf des Künstlers."
Neben den Künstlerbüchern und großformatigen Illustrationen beispielsweise, gibt es auch eine Reihe von Büchern, die keinesfalls nur für Kinder gemacht werden, sogenannte All-Age-Books. Maria Linsmann schwärmt besonders für eines des australischen Autors Shawn Tan.
"Sie sehen, es ist ein Buch, was ganz ohne Text auskommt. Wobei sich die Geschichte nur über Bilder erzählt, wobei sich so kleine fast filmische Sequenzen abwechslen mit ganzseitigen und manchmal auch doppelseitigen Illustrationen."
Die Geschichte beginnt in einem kargen Zimmerchen, Vater Mutter Kind, traurig, bedrückt.
"Die Koffer sind gepackt, ein letzter Abschiedsgruß, der Zug wird nicht warten. Sie merken scheinbar nicht, was in der Stadt vor sich geht."
" Dann kippt das und man sieht den Schatten eines Drachen, der schon was ganz bedrohliches bekommt."
"Das ist unser Allerheiligstes."
Etwas versteckt im Durchgang zum Turm der Burg liegt ein etwa drei mal sechs Meter großes Zimmer, seine Wände säumen hohe Bücherregale – ein fein-modriges Aroma strömt durch den Raum – es duftet nach alten Geschichten.
"Sie riechen das schon. Das ist eine ganz außerordentliche und historische Buchsammlung von Prof. Theodor Brüggemann, der sein Leben lang diese Buchsammlung zusammengetragen hat."
Brüggemann hat bis zur Jahrtausendwende gesammelt, die ältesten Bücher reichen zurück ins 15. Jahrhundert. Maria Linsmann zieht einen kleinen Band aus den Anfangsjahren aus dem Regal. Ein schlichtes, in graue Pappe eingebundenes Büchlein, spärlich bebildert.
"Eine Unterweisung in Latein für Knaben, eine Benimmunterweisung, wie man sich Lehrern und Geistlichen gegenüber zu verhalten hat, nur sehr sparsam mit kleinen Vignetten geschmückt."
Solche historischen Schätze können natürlich nicht täglich angefasst und geblättert werden. In der Ausstellung liegen daher viele in Glasvitrinen. Nicht gerade ideal für ein Bilderbuch, das weiß auch Direktorin Maria Linsmann.
"Wir sind jetzt zu einem neuen Verfahren übergegangen. Es gibt jetzt ein Computerverfahren, wobei die Bücher eingescannt werden und dann kann man die am Bildschirm durchblättern."
Jetzt schon bietet die geräumige Präsenzbibliothek, im zweiten Stockwerk der Burg, Gelegenheit zum schmökern. In kuscheligen Nischen, in Sesseln und auf den ausliegenden Matten können Kinder und Erwachsene hier in mehr als 3.500 Bilderbüchern stöbern.
"Ich mache hier die Erfahrung, dass es für die Kinder fantastisch ist, mal aus dem Vollen schöpfen zu können. Überall sitzen Kinder, die ihren Eltern vorlesen."
Phantasievoll und gelungen kombiniert das Museum die unterschiedlichen Anforderungen, zwischen Forschung und Publikum, zwischen Ausstellungen für Erwachsene und ambitioniertem Kinderprogramm. Kein Gegensatz in Burg Wissem, bestes Beispiel für solch einen gelungenen Spagat sind Jörg Müllers große Mittelalterbildtafeln.
Mehr zur Ausstellung "Die Welt ist kein Märchen" des Autors/Illustrators Jörg Müller unter: www.bilderbuchmuseum.de
In Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund stellt Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton jeden Freitag gegen 10:50 Uhr im "Profil" ein deutsches Regionalmuseum vor. In dieser Reihe wollen wir zeigen, dass auch und gerade die kleineren und mittleren Museen Deutschlands unerwartete Schätze haben, die es sicht lohnt, überregional bekannt zu machen und natürlich auch zu besuchen.
Eine befestigte Mittelalterburg, ein Marktplatz, Frauen mit spitzen Hüten und Männer in Rüstungen bevölkern die Szene. Der Schweizer Illustrator Jörg Müller hat alles akribisch recherchiert, von der Kleidung der Marktbesucher über die angebotenen Waren bis hin zur Form der Zinnen und Erker.
"Auf diesen Bildern gibt es so viele Einzelheiten, dass wir Kinder gesehen haben, die hier 20 Minuten versunken vor den Bildern sitzen."
In der geräumigen Remise des Bilderbuchmuseums hängen die Mittelalterbildtafeln des Künstlers Jörg Müller - jeweils vier Meter hoch schmücken sie die jahrhundertealte Bruchsteinwand - der authentische Hintergrund passt perfekt, erweckt die Szenerie auf den Tafeln beinahe zum Leben.
Ruhig, noch etwas verschlafen, wartet der gepflasterte Hof zwischen der Remise und dem Hauptgebäude von Burg Wissem auf den anbrechenden Tag. Leuchtend-rot-orange strahlt das gedrungene Bauwerk in der Morgensonne. Umgeben ist die klassizistische Anlage mit ihren zwei Türmen von alten Bäumen und einem Burggraben. Fast wirkt es, als sei sie selbst direkt aus einem Bilderbuch in das kleine Städtchen Troisdorf gelangt.
"Es gibt Ausstellungen für ein breites Publikum, Pippi Langstrumpf war so eine Geschichte oder die Pixi Bücher; oder Pettersson und Findus beispielsweise, und es gibt spezielle Ausstellungen."
Wie die des Kölner Bildhauers Lutz Fritsch.
Die findet sich im ersten Stock des Hauptgebäudes. In den hell-weiß gestrichenen Räumen sind unzählige kleine Bücher, sogenannte Künstlerbücher, kleine Heftchen, auf deren Seiten Fritsch manchmal nur zwei Linien gezeichnet hat.
"Das sind so kleine Büchlein, die er mitführt, wenn er arbeitet, wo er auch zwischendurch mal was reinzeichnet, was mich fasziniert, es ist fast so etwas wie ein Einblick in den Kopf des Künstlers."
Neben den Künstlerbüchern und großformatigen Illustrationen beispielsweise, gibt es auch eine Reihe von Büchern, die keinesfalls nur für Kinder gemacht werden, sogenannte All-Age-Books. Maria Linsmann schwärmt besonders für eines des australischen Autors Shawn Tan.
"Sie sehen, es ist ein Buch, was ganz ohne Text auskommt. Wobei sich die Geschichte nur über Bilder erzählt, wobei sich so kleine fast filmische Sequenzen abwechslen mit ganzseitigen und manchmal auch doppelseitigen Illustrationen."
Die Geschichte beginnt in einem kargen Zimmerchen, Vater Mutter Kind, traurig, bedrückt.
"Die Koffer sind gepackt, ein letzter Abschiedsgruß, der Zug wird nicht warten. Sie merken scheinbar nicht, was in der Stadt vor sich geht."
" Dann kippt das und man sieht den Schatten eines Drachen, der schon was ganz bedrohliches bekommt."
"Das ist unser Allerheiligstes."
Etwas versteckt im Durchgang zum Turm der Burg liegt ein etwa drei mal sechs Meter großes Zimmer, seine Wände säumen hohe Bücherregale – ein fein-modriges Aroma strömt durch den Raum – es duftet nach alten Geschichten.
"Sie riechen das schon. Das ist eine ganz außerordentliche und historische Buchsammlung von Prof. Theodor Brüggemann, der sein Leben lang diese Buchsammlung zusammengetragen hat."
Brüggemann hat bis zur Jahrtausendwende gesammelt, die ältesten Bücher reichen zurück ins 15. Jahrhundert. Maria Linsmann zieht einen kleinen Band aus den Anfangsjahren aus dem Regal. Ein schlichtes, in graue Pappe eingebundenes Büchlein, spärlich bebildert.
"Eine Unterweisung in Latein für Knaben, eine Benimmunterweisung, wie man sich Lehrern und Geistlichen gegenüber zu verhalten hat, nur sehr sparsam mit kleinen Vignetten geschmückt."
Solche historischen Schätze können natürlich nicht täglich angefasst und geblättert werden. In der Ausstellung liegen daher viele in Glasvitrinen. Nicht gerade ideal für ein Bilderbuch, das weiß auch Direktorin Maria Linsmann.
"Wir sind jetzt zu einem neuen Verfahren übergegangen. Es gibt jetzt ein Computerverfahren, wobei die Bücher eingescannt werden und dann kann man die am Bildschirm durchblättern."
Jetzt schon bietet die geräumige Präsenzbibliothek, im zweiten Stockwerk der Burg, Gelegenheit zum schmökern. In kuscheligen Nischen, in Sesseln und auf den ausliegenden Matten können Kinder und Erwachsene hier in mehr als 3.500 Bilderbüchern stöbern.
"Ich mache hier die Erfahrung, dass es für die Kinder fantastisch ist, mal aus dem Vollen schöpfen zu können. Überall sitzen Kinder, die ihren Eltern vorlesen."
Phantasievoll und gelungen kombiniert das Museum die unterschiedlichen Anforderungen, zwischen Forschung und Publikum, zwischen Ausstellungen für Erwachsene und ambitioniertem Kinderprogramm. Kein Gegensatz in Burg Wissem, bestes Beispiel für solch einen gelungenen Spagat sind Jörg Müllers große Mittelalterbildtafeln.
Mehr zur Ausstellung "Die Welt ist kein Märchen" des Autors/Illustrators Jörg Müller unter: www.bilderbuchmuseum.de
In Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund stellt Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton jeden Freitag gegen 10:50 Uhr im "Profil" ein deutsches Regionalmuseum vor. In dieser Reihe wollen wir zeigen, dass auch und gerade die kleineren und mittleren Museen Deutschlands unerwartete Schätze haben, die es sicht lohnt, überregional bekannt zu machen und natürlich auch zu besuchen.