Mit Allah gegen Gangster und Drogen
In Südafrika leben mehr als eine Million Muslime, gut die Hälfte davon wohnt in der Region rund um Kapstadt. Den Glauben an die Staatsmacht haben die Menschen in den Townships der Stadt längst verloren. Viele von ihnen unterstützen Pagad, eine Art Bürgerwehr. Die Abkürzung steht für <em>People against Gangsterism and Drugs</em>.
Unterwegs in Bonteheuwel - einem der besseren Townships am Rande von Kapstadt. Die Menschen hier, die meisten von ihnen sind Muslime, leben nicht in Hütten aus Holz und Metallteilen, sondern in kleinen, einfachen Häusern. Doch sie leben in Angst. Bonteheuwel ist fest in der Hand von Drogendealern und Gangstern. An jeder Ecke bekommst du hier Tik angeboten, erzählt Mahmud, der hier wohnt und lange selber Drogen genommen hat.
Mahmud: ""Die Jugendlichen hier brechen in Häuser ein, sie stehlen unglaublich viel. Sie sind alle drogenabhängig und finanzieren sich so ihre Sucht. Bonteheuwel ist eine Hochburg der Kriminalität in der Region rund um Kapstadt. Und die Polizei? Ganz ehrlich, ich glaube, die machen ihren Job nicht richtig. Die sind bestechlich. Wenn ich denen 1000 Rand gebe, erzählen sie mir, wo die nächste Razzia stattfinden wird. Einige von denen arbeiten definitiv mit den Drogendealern zusammen."
Die Menschen in den Townships sind verzweifelt angesichts der Situation direkt vor ihren Haustüren. Ihre Kinder lassen sie nicht mehr allein zur Schule laufen, weil sich Gangsterbanden mittlerweile am helllichten Tag auf offener Straße beschießen. Kapstadt ist die Drogenhauptstadt Südafrikas.
Vor allem Tik, ein synthetisches Amphetamin, das in Europa und Nordamerika als Chrystal Meth bekannt ist, wird gehandelt. Den Glauben an die Staatsmacht haben die Menschen in Bonteheuwel und den anderen Townships längst verloren. Viele von ihnen unterstützen oder sind Mitglieder von Pagad. Das steht für People against Gangsterism and Drugs. Chef dieser Bürgerwehr ist Abdus Salaam Ibrahim.
Ebrahim: "Überall im Land nimmt das Drogenproblem zu. Die Menschen brauchen deshalb jemanden, der das ausspricht und der ein Programm dagegen hat. Pagad wird das Drogenproblem in Südafrika lösen – und die Menschen wissen das."
Pagad ist seit Mitte der 90er-Jahre in den Townships rund um Kapstadt aktiv. Am Anfang galten deren Mitglieder, die mehrheitlich Muslime sind noch als besorgte Bürger, die in der Nacht auf Patrouille gingen. Doch das änderte sich schnell, erzählt Professor Abdulkader Tayob von der Universität Kapstadt. Denn bereits wenige Monate nach ihrer Gründung im Dezember 1995 machte Pagad weltweit Schlagzeilen, als ein Drogendealer mit Benzin übergossen und angezündet wurde. Auch zahlreiche Rohrbombenanschläge sollen auf das Konto der Bürgerwehr gehen. Abdu Salaam Ibrahim und andere Pagadführer haben unter anderem dafür die vergangenen Jahre im Gefängnis verbracht. Die Zeit hinter Gittern bezeichnet Ibrahim heute als das größte Geschenk, das Gott ihm je gemacht hat. Sie habe ihn und seine Gefährten in ihrem Glauben bestärkt.
Ebrahim: "Die meisten unserer Mitglieder hätten doch ihre Familien oder ihre Geschäfte nicht verlassen. Sie haben das getan, weil es ein Bewusstsein Gottes gibt. Einige von uns haben sogar ihr Leben gelassen oder sitzen lebenslänglich im Gefängnis. Sie haben gesehen, dass unsere Gemeinschaft mit Drogen vollgepumpt wurde, dass Menschen vergewaltigt und getötet wurden. Sie haben den Kampf gegen Gangster und Drogendealer aufgenommen, weil sie Gott und seine Schöpfung lieben."
Seit zwei Jahren ist Abdu Salaam Ibrahim wieder auf freien Fuß und Pagad damit zurück in der Öffentlichkeit. Ebrahim wirbt seitdem neue Mitglieder an und organisiert Demonstrationen vor den Häusern von Drogendealer. Die sind bislang friedlich verlaufen. Die Regierung, die Pagad noch vor zehn Jahren als terroristische Gruppe bezeichnet hat, setzt deshalb jetzt auf die Zusammenarbeit mit der Bürgerwehr. Ibrahim stellt eine Kooperation in Aussicht, fordert allerdings den Einsatz des Militärs. Und der Anführer von Pagad kündigt an: wenn die Regierung dieser Forderung nicht nachkommen sollte, werde man zur Selbstjustiz greifen.
Ebrahim: "Wenn die Menschen in den Townships sich wehren, dann ist das ihr göttliches Recht. Die Gangster bedrohen doch ihr Leben, wollen ihre Töchter vergewaltigen. Sie haben deshalb das Recht, sich selbst zu verteidigen. Das ist ein göttliches Recht, das ihnen niemand nehmen kann. Nicht Pagad, nicht die Regierung auch kein Imam oder Rabbi. Dieses Recht wurde ihnen von Gott gegeben."
Ob Pagad wieder Gewalt als Mittel einsetzen wird, um diese Ziele zu erreichen, hängt letztlich allein von der Entscheidung ihres Führers ab - sagt Professor Abdulkader Tayob. Er ist Religionswissenschaftler an der Universität in Kapstadt und beobachtet Ebrahim seit langem. Bevor Ebrahim zu Pagad ging, war er wie so viele andere ein Mitglied von Qibla – eine muslimische Gruppierung, die sich gegen das südafrikanische System gestellt hat und unter anderen auch die ersten freien demokratischen Wahlen 1994 verhindern wollte. Die Mitglieder von Qibla wollten keinen Staat unterstützen, der die Rechte Homosexueller schützt und Abtreibung billigt.
Tayob: "Qibla war eine militante Antiapartheid-Organisation, die sich am Iran ausgerichtet hat. Qibla wollte eine islamische Revolution in Südafrika, so wie im Iran. Pagad war am Anfang noch eine bunte Truppe mit den unterschiedlichsten Tendenzen. Aber die islamischen Elemente dominierten recht bald. Pagad operierte von Moscheen aus und sie nutzten religiöse Slogans."
In Südafrika leben mehr als eine Million Muslime, gut die Hälfte davon wohnt in der Region rund um Kapstadt. Die muslimische Community ist gespalten, wenn es um Pagad geht. Die Bürgerwehr hat viele Anhänger, aber fast genau so viele Gegner. Die allerdings trauen sich nur hinter vorgehaltener Hand über Pagad zu sprechen oder gar Kritik zu üben. Pagad hat in der Vergangenheit nicht nur Gangster und Drogendealer attackiert, sondern auch Polizisten, Richter und muslimische Intellektuelle.
Die Ulama, die Vereinigung der Gelehrten des Islam in Kapstadt, verurteilte solche Aktionen als unislamisch. Pagad habe der Gemeinschaft eine militante Agenda aufgezwungen, heißt es. In den kommenden Monaten könnte sich die Situation noch verschärfen. Durch einen zeitlichen Zusammenfall mehrerer Gerichtsentscheide könnten in den kommenden Monaten mehr als 60 Gangsterbosse auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen werden. Pagadführer Abdu Salaam Ebrahim droht angesichts dieser Lage dem Staat ganz offen.
Ebrahim: "Wenn die Regierung das nicht umsetzt, dann machen wir einfach weiter. Wir können sie nur warnen. Dann werden sich die Menschen erheben und es wird eine Revolution gegen Drogen und Gangster geben. Die brauchen sich gar nicht zu beklagen, schließlich haben wir sie vorher gewarnt. Nach dieser Revolution wird es dann Sicherheit für alle geben. Wir werden die Menschen schützen und die Gesellschaft säubern."
Mahmud: ""Die Jugendlichen hier brechen in Häuser ein, sie stehlen unglaublich viel. Sie sind alle drogenabhängig und finanzieren sich so ihre Sucht. Bonteheuwel ist eine Hochburg der Kriminalität in der Region rund um Kapstadt. Und die Polizei? Ganz ehrlich, ich glaube, die machen ihren Job nicht richtig. Die sind bestechlich. Wenn ich denen 1000 Rand gebe, erzählen sie mir, wo die nächste Razzia stattfinden wird. Einige von denen arbeiten definitiv mit den Drogendealern zusammen."
Die Menschen in den Townships sind verzweifelt angesichts der Situation direkt vor ihren Haustüren. Ihre Kinder lassen sie nicht mehr allein zur Schule laufen, weil sich Gangsterbanden mittlerweile am helllichten Tag auf offener Straße beschießen. Kapstadt ist die Drogenhauptstadt Südafrikas.
Vor allem Tik, ein synthetisches Amphetamin, das in Europa und Nordamerika als Chrystal Meth bekannt ist, wird gehandelt. Den Glauben an die Staatsmacht haben die Menschen in Bonteheuwel und den anderen Townships längst verloren. Viele von ihnen unterstützen oder sind Mitglieder von Pagad. Das steht für People against Gangsterism and Drugs. Chef dieser Bürgerwehr ist Abdus Salaam Ibrahim.
Ebrahim: "Überall im Land nimmt das Drogenproblem zu. Die Menschen brauchen deshalb jemanden, der das ausspricht und der ein Programm dagegen hat. Pagad wird das Drogenproblem in Südafrika lösen – und die Menschen wissen das."
Pagad ist seit Mitte der 90er-Jahre in den Townships rund um Kapstadt aktiv. Am Anfang galten deren Mitglieder, die mehrheitlich Muslime sind noch als besorgte Bürger, die in der Nacht auf Patrouille gingen. Doch das änderte sich schnell, erzählt Professor Abdulkader Tayob von der Universität Kapstadt. Denn bereits wenige Monate nach ihrer Gründung im Dezember 1995 machte Pagad weltweit Schlagzeilen, als ein Drogendealer mit Benzin übergossen und angezündet wurde. Auch zahlreiche Rohrbombenanschläge sollen auf das Konto der Bürgerwehr gehen. Abdu Salaam Ibrahim und andere Pagadführer haben unter anderem dafür die vergangenen Jahre im Gefängnis verbracht. Die Zeit hinter Gittern bezeichnet Ibrahim heute als das größte Geschenk, das Gott ihm je gemacht hat. Sie habe ihn und seine Gefährten in ihrem Glauben bestärkt.
Ebrahim: "Die meisten unserer Mitglieder hätten doch ihre Familien oder ihre Geschäfte nicht verlassen. Sie haben das getan, weil es ein Bewusstsein Gottes gibt. Einige von uns haben sogar ihr Leben gelassen oder sitzen lebenslänglich im Gefängnis. Sie haben gesehen, dass unsere Gemeinschaft mit Drogen vollgepumpt wurde, dass Menschen vergewaltigt und getötet wurden. Sie haben den Kampf gegen Gangster und Drogendealer aufgenommen, weil sie Gott und seine Schöpfung lieben."
Seit zwei Jahren ist Abdu Salaam Ibrahim wieder auf freien Fuß und Pagad damit zurück in der Öffentlichkeit. Ebrahim wirbt seitdem neue Mitglieder an und organisiert Demonstrationen vor den Häusern von Drogendealer. Die sind bislang friedlich verlaufen. Die Regierung, die Pagad noch vor zehn Jahren als terroristische Gruppe bezeichnet hat, setzt deshalb jetzt auf die Zusammenarbeit mit der Bürgerwehr. Ibrahim stellt eine Kooperation in Aussicht, fordert allerdings den Einsatz des Militärs. Und der Anführer von Pagad kündigt an: wenn die Regierung dieser Forderung nicht nachkommen sollte, werde man zur Selbstjustiz greifen.
Ebrahim: "Wenn die Menschen in den Townships sich wehren, dann ist das ihr göttliches Recht. Die Gangster bedrohen doch ihr Leben, wollen ihre Töchter vergewaltigen. Sie haben deshalb das Recht, sich selbst zu verteidigen. Das ist ein göttliches Recht, das ihnen niemand nehmen kann. Nicht Pagad, nicht die Regierung auch kein Imam oder Rabbi. Dieses Recht wurde ihnen von Gott gegeben."
Ob Pagad wieder Gewalt als Mittel einsetzen wird, um diese Ziele zu erreichen, hängt letztlich allein von der Entscheidung ihres Führers ab - sagt Professor Abdulkader Tayob. Er ist Religionswissenschaftler an der Universität in Kapstadt und beobachtet Ebrahim seit langem. Bevor Ebrahim zu Pagad ging, war er wie so viele andere ein Mitglied von Qibla – eine muslimische Gruppierung, die sich gegen das südafrikanische System gestellt hat und unter anderen auch die ersten freien demokratischen Wahlen 1994 verhindern wollte. Die Mitglieder von Qibla wollten keinen Staat unterstützen, der die Rechte Homosexueller schützt und Abtreibung billigt.
Tayob: "Qibla war eine militante Antiapartheid-Organisation, die sich am Iran ausgerichtet hat. Qibla wollte eine islamische Revolution in Südafrika, so wie im Iran. Pagad war am Anfang noch eine bunte Truppe mit den unterschiedlichsten Tendenzen. Aber die islamischen Elemente dominierten recht bald. Pagad operierte von Moscheen aus und sie nutzten religiöse Slogans."
In Südafrika leben mehr als eine Million Muslime, gut die Hälfte davon wohnt in der Region rund um Kapstadt. Die muslimische Community ist gespalten, wenn es um Pagad geht. Die Bürgerwehr hat viele Anhänger, aber fast genau so viele Gegner. Die allerdings trauen sich nur hinter vorgehaltener Hand über Pagad zu sprechen oder gar Kritik zu üben. Pagad hat in der Vergangenheit nicht nur Gangster und Drogendealer attackiert, sondern auch Polizisten, Richter und muslimische Intellektuelle.
Die Ulama, die Vereinigung der Gelehrten des Islam in Kapstadt, verurteilte solche Aktionen als unislamisch. Pagad habe der Gemeinschaft eine militante Agenda aufgezwungen, heißt es. In den kommenden Monaten könnte sich die Situation noch verschärfen. Durch einen zeitlichen Zusammenfall mehrerer Gerichtsentscheide könnten in den kommenden Monaten mehr als 60 Gangsterbosse auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen werden. Pagadführer Abdu Salaam Ebrahim droht angesichts dieser Lage dem Staat ganz offen.
Ebrahim: "Wenn die Regierung das nicht umsetzt, dann machen wir einfach weiter. Wir können sie nur warnen. Dann werden sich die Menschen erheben und es wird eine Revolution gegen Drogen und Gangster geben. Die brauchen sich gar nicht zu beklagen, schließlich haben wir sie vorher gewarnt. Nach dieser Revolution wird es dann Sicherheit für alle geben. Wir werden die Menschen schützen und die Gesellschaft säubern."