Mit 15.000 Stundenkilometern zum Mars

Von Dirk Asendorpf |
Der Mars steht seit Jahren im Mittelpunkt des Interesses der Astronomen und Geologen. Drei Raumsonden kreisen um den Nachbarplaneten der Erde, darunter Europas Sonde Mars Express. Zudem rollen zwei kleine Rover über die Planetenoberfläche. Jetzt wird es wieder spannend: Die US-Raumsonde Phoenix wird auf dem roten Planeten erwartet. Die NASA drückt die Daumen, dass es keine Bruchlandung wird.
275 Millionen Kilometer hat die Marssonde Phoenix seit ihrem Start im August 2007 bereits zurückgelegt. Doch das gefährlichste Stück der Reise sind die letzten 100 Kilometer: Dann muss Phoenix durch die Marsatmosphäre fliegen, abbremsen und landen.

"It will be arriving at 4:36 PM west coast time. It is going to land at that time. The question is: Will it land softly, will it land hard?”"

Phoenix werde exakt um 1:36 Uhr deutscher Zeit landen, erklärt Charles Elachi, Chef des NASA Jet Propulsion Laboratory, das die Marsmission durchführt. Die Frage sei nur, ob die Sonde weich oder hart lande.

Der Humor ist den NASA-Ingenieuren noch nicht vergangen, aber auch die Nervosität steigt. Denn heute Nacht kann das NASA-Team nur zusehen und bangen. Ein direktes Eingreifen ist nicht möglich: Wegen der großen Entfernung brauchen die Funksignale von der Erde zum Mars mehr als 15 Minuten. Phoenix muss also vollautomatisch seine programmierten Landemanöver durchführen.

""Wir treten mit mehr als 15.000 Kilometern pro Stunde in die Atmosphäre des Mars ein. Innerhalb von sechs Minuten muss die Raumsonde stoppen. Zunächst schützt ein Hitzeschild sie vor der enormen Reibungshitze. Später öffnet sich ein Fallschirm, an dem die Sonde weiter Richtung Boden sinkt. Unterhalb von einem Kilometer Höhe verringern Bremsraketen das Tempo. Auf einem Feuerstrahl erreicht Phoenix dann die Marsoberfläche. Die beiden Marsrover, die noch immer im Einsatz sind, waren mit Hilfe von großen Luftkissen gelandet. Das ging bei der viel schwereren Phoenix-Sonde nicht. Die Luftkissen hätten extrem groß sein müssen."

Von zwölf versuchten Landungen auf dem Mars in der Geschichte der Raumfahrt sind nur fünf geglückt. So fiebert das NASA-Team heute Nacht dem erlösenden ersten Funksignal von Phoenix von der Marsoberfläche entgegen. Beim Datentransfer zur Erde ist Europas Raumsonde Mars Express behilflich, die ihre Antennen während der entscheidenden halben Stunde auf Phoenix richtet und alle Daten speichert.

Geht alles gut, erwarten Charles Elachi und seine Kollegen von Phoenix wichtige Informationen über die Bedingungen auf unserem Nachbarplaneten:

"Phoenix landet nahe dem Nordpol am Rande der Eiskappe des Mars. Die Sonde steht fest und untersucht ihren Landeplatz. Ein zweieinhalb Meter langer Greifarm wird Bodenproben nehmen, die an Bord analysiert werden. Kameras machen Fotos der Umgebung und meteorologische Instrumente messen Wetterdaten und die chemische Zusammensetzung der Marsatmosphäre. Die Landemission ist sehr risikoreich. Aber der mögliche wissenschaftliche Nutzen rechtfertigt das Risiko."

Phoenix landet auf Permafrostboden. Ganz dicht unter der Oberfläche gibt es große Mengen Wassereis, wie Radarmessungen aus der Umlaufbahn gezeigt haben. Phoenix soll erstmals das Wasser auf dem Mars genauer untersuchen, betont der NASA-Marsexperte Richard Cook:

"Bei Phoenix und bei der folgenden Mission in zwei Jahren geht es darum, ob auf dem Mars lebensfreundliche Bedingungen herrschen beziehungsweise in der fernen Vergangenheit geherrscht haben. Mit speziellen Instrumenten untersucht Phoenix, ob im Marsboden noch heute Leben existieren könnte. Phoenix kann das viel direkter als die beiden Rover, die noch auf dem Mars tätig sind und die nur sehr indirekte Schlüsse erlauben."

Gelingt die Landung der 450 Millionen Dollar teuren Mission heute Nacht, soll Phoenix mindestens 90 Tage auf dem Mars arbeiten. Wenn die Forscher ganz viel Glück haben, übersteht Phoenix aber auch einen harten polaren Marswinter und bleibt dann bis zu zwei Jahre lang im Einsatz.