Mission "Sophia"

Gegen Schlepper und für Flüchtlinge

Brücke und Flugdeck der Cavour, Teil der europäischen Militärmission Sophia
Brücke und Flugdeck der Cavour, Teil der europäischen Militärmission Sophia © Karin Bensch
Von Karin Bensch · 19.04.2016
Mit der Militärmission "Sophia" will die EU Menschenschlepper aufspüren. Das Militärschiff "Cavour" nimmt die Suche nun vor der Küste Libyens auf. Doch hier setzt die Länderhoheit eine Grenze.
Flughafen Lampedusa: Der Militärhubschrauber hebt mit lautem Getöse ab und fliegt aufs weite, blaue Meer hinaus. Schon aus der Ferne ist er zu sehen: der Flugzeugträger "Cavour". Ein riesiges, graues Militärschiff. 244 Meter lang. 14 Decks hoch. Mit einer Landebahn für senkrecht startende Düsenjets und Hubschrauber.
Im Bauch des Schiffes – ein Labyrinth aus langen Gängen. Grell beleuchtet, denn Fenster gibt es hier unten nicht. An Bord sind gut 500 Soldaten. Die meisten sind Italiener, denn die "Cavour" gehört zur italienischen Marine. Sie ist das Flaggschiff der europäischen Militärmission "Sophia", die zusammen mit anderen Schiffen, Flugzeugen und Hubschraubern im internationalen Seegebiet zwischen Italien und Libyen patrouilliert.
Mindestens 200.000 Menschen sollen in Libyen sitzen und darauf warten, mit Schlepperbooten über das Mittelmeer nach Italien zu kommen. Der Andrang hat schon in den vergangenen Wochen stark zugenommen, sagt Enrico Credendino, der Chef der Militärmission "Sophia".

Veränderte Fluchtroute über Sudan und Libyen?

Die geschlossene Balkanroute bewirkt offenbar, dass Schlepper die Fluchtwege ändern. Es könnte eine Sogwirkung haben für den Sudan und Libyen. Oder die Flüchtlinge nehmen eine lange Reise über das Meer auf sich: Von Syrien aus über Ägypten nach Italien, sagt Credendino.
Der Andrang wird aber vielleicht aber auf deshalb größer, weil die Schlepper noch schnell versuchen, so viele Menschen wie möglich von Libyen aus loszuschicken, weil sie wissen, dass es dort in absehbarer Zeit eine neue Regierung geben wird, die das Schlepperwesen einschränken könnte, meint Credendino.

13.000 Flüchtlinge gerettet

Im vergangenen halben Jahr hat die Militärmission "Sophia" rund 13.000 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet. Es waren vor allem Afrikaner, die aus Länder südlich der Sahara kamen. Aus Gambia, Nigeria und der Elfenbeinküste. Die meisten flüchten vor Armut, nicht vor Krieg. Doch eigentlich ist die erste Aufgabe der Mission "Sophia" Menschenschlepper aufzuspüren und festzunehmen.
Im vergangenen halben Jahr wurden allerdings nur 68 mutmaßliche Schleuser gefasst. Dass es so wenige sind liegt daran, die Schleuser selbst nicht auf die Flüchtlingsboote gehen. Sie bleiben an Land, da wo sie sicher sind, etwa in Libyen. Um effektiver zu sein, müssen wir in die libyschen Hoheitsgewässer hinein, sagt Admiral Credendino.
Doch um vor der libyschen Küste patrouillieren zu dürfen oder sogar dort an Land zu gehen, braucht die europäische Militärmission die Erlaubnis der neuen libyschen Einheitsregierung, die offiziell noch gar nicht im Amt ist. Und anschließend eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, sagt Credendino.

Gefahr durch bewaffnete Schlepperbanden

Doch ein Einsatz europäischer Soldaten kurz vor der libyschen Küste oder sogar an Land birgt auch Gefahren. Bewaffnete Schlepperbanden oder Terroristen des IS, die sich derzeit in libyschen Hafenstädten breitmachen, könnten die Europäer angreifen. Nun ja, sagt Admiral Credendino nach einer kurzen Pause, wir sind Soldaten, und wir sind kampferprobt genug, um unsere Leute zu schützen.
Doch noch ist es ruhig auf der "Cavour". Am Abend – kurz vor Sonnenuntergang - stehen die Soldaten bereit für die Flaggenparade. Erst wird die italienische Flagge eingeholt und wieder gehisst. Danach die europäische. Sollte das Militärschiff künftig vor der libyschen Küste patrouillieren, könnten solche ruhigen Momente selten werden.
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