Missbrauchsvorwürfe gegen Peter Nygård

Mit Gewalt, Betrug und Zwang

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Der Hauptsitz des Modelabels Nygard in New York zeigt an der Fassade auch ein Bild seines Gründers Peter Nygard.
Durch den Erfolg seiner Modelabels gehört Peter Nygård zu den reichsten Menschen Kanadas. © AP
Antje Passenheim im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 17.12.2020
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Der finnisch-kanadische Modemacher Peter Nygård soll über Jahrzehnte Frauen unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und erpresst haben. Etwa 60 Frauen erheben schwere Vorwürfe. Nygård droht lebenslange Haft.
Schon vor mehreren Jahrzehnten habe es Vorwürfe von Frauen gegen den Modemacher Peter Nygård gegeben, sagt unsere New-York-Korrespondentin Antje Passenheim. Darum sei es durchaus verwunderlich, dass erst jetzt Anklage gegen den Kanadier erhoben wurde.

Vergewaltigung unter Drogeneinfluss

Im Februar dieses Jahres hatten mehrere Frauen eine Sammelklage gegen den 79-jährigen Nygård eingereicht. Dass die Anklage nun in New York erhoben wird, habe damit zu tun, das Nygårds Firmenzentrale dort sei, so Passenheim. "Die Frauen sagen, sie seien erst 14 oder 15 Jahre alt gewesen, als Nygård sie unter Alkohol und andere Drogen gesetzt hat. Und dass er sie dann vergewaltigt hat."
Nygård soll – mit Mitarbeitern seines Modeunternehmens und anderen Komplizen – rund 30 Jahre lang Frauen und Mädchen zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe "Gewalt, Betrug und Zwang" eingesetzt. Oft habe er Mädchen oder Frauen gesucht, die aus ärmeren Verhältnissen kamen oder schon Missbrauchserfahrungen machen mussten. Er soll sie dann bedroht und auch erpresst haben.
Nygårds Anwalt weist dagegen die Vorwürfe zurück. Es handele sich um einen Hinterhalt seines Nachbarn auf den Bahamas, mit dem er zerstritten sei: "Der Anwalt sagt, dieser Nachbar – auch ein älterer Herr, auch ein Milliardär – habe alles lanciert, um Nygård eins auszuwischen. Doch offenbar ist die Beweislage so, dass die Staatsanwaltschaft jetzt hier in New York Anklage erhoben hat." Auch Nygårds Sohn Kai habe die Anklage gegen seinen Vater begrüßt und dies beim Sender CBS geäußert.

Parallelen zum Fall Jeffrey Epstein

Die Vorwürfe gegen Nygård erinnerten an die gegen Jeffrey Epstein, sagt Passenheim. Der Milliardär Epstein war 2019 wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt worden und beging in der Untersuchungshaft Suizid. "Was wir sagen können – wenn es so war: Hier wie da ist es ein gut vernetzter Mann, ein Milliardär mit viel Geldmacht, der sich einen Ring von Sexsklavinnen hält, der Frauen und Mädchen sorgsam rausfischt aus bestimmten Milieus. Und diese Mädchen wurden mit Geld gelockt und hinterher erpresst. Auch bei Epstein war es so."

Lebenslange Haft möglich

Noch gehe Nygårds Anwalt von einem Freispruch aus, sagt Passenheim. Falls Nygård schuldig gesprochen werde, könne er zu einer lebenslangen Haft verurteilt werden. "Ihm droht jetzt erst einmal der Prozess. Der nächste Gerichtstermin ist für Mitte Januar geplant, und die amerikanischen Behörden haben bereits ein Auslieferungsgesuch an Kanada geschickt."
(mle)
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