Mirjam Pressler: "Dunkles Gold"

Emotionaler Jugendroman über jüdische Geschichte

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Buchcover "Dunkles Gold" von Mirjam Pressler, im Hintergrund Münzen aus dem Jüdischen Schatz von Erfurt in einer Ausstellung
In "Dunkles Gold" von Mirjam Pressler spielt der Jüdische Schatz von Erfurt eine wichtige Rolle. © Verlag Beltz & Gelberg / dpa / Martin Schutt
Von Sylvia Schwab · 27.03.2019
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Mirjam Pressler hinterließ ein riesiges Werk. Nun ist mit "Dunkles Gold" das letzte Jugendbuch der im Januar verstorbenen Schriftstellerin erschienen. Eine sorgfältig erzählte Geschichte um einen mittelalterlichen jüdischen Schatz.
"Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen." Diesen Satz des Philosophen George Santayana stellt Mirjam Pressler ihrem letzten Jugendroman voraus. Sie trägt hier noch einmal all die Themen zusammen, die sie jahrzehntelang in ihren Büchern für junge Menschen reflektiert hat: Vergangenheit und Gegenwart, Judentum und Christentum, Antisemitismus und Toleranz, Abschied und Neuanfang. Und da es sich hier um eine Art Reiseroman handelt, geht es nicht nur um Abenteuer, sondern auch um Sinn und Ziel eines Lebens.

Eine Geschichte um einen Schatz aus dem Mittelalter

Zwei unterschiedliche Handlungsstränge und Zeitebenen bringen Tiefe und Vielseitigkeit in die Geschichte: Die 15-jährige Laura lebt in Erfurt, ihre Mutter eine Wissenschaftlerin und Fachfrau für jüdische Geschichte forscht über den 1998 bei Bauarbeiten gefundenen Schatz, den ein jüdischer Händler und Bankier wahrscheinlich 1349 vergraben hat und der heute in der Alten Synagoge ausgestellt ist.
Da Laura eine begabte Zeichnerin ist, denkt sie sich eine Graphic Novel über das Leben der damaligen Besitzer des Schatzes aus. Dabei hilft ihr Alexej, ein jüdischer Mitschüler, und die beiden verlieben sich. Unkompliziert ist diese Beziehung nicht, Antisemitismus beschäftigt die beiden jungen Leute genauso wie Alexejs Familiengeschichte während der Nazi-Zeit in Russland.
Rachel heißt die Protagonistin der zweiten - von Laura erdachten - Erzählebene. Sie ist die Tochter des jüdischen Händlers Kalman, der sein gesamtes Hab und Gut im Keller seines Hauses vergräbt und mit seinen Kindern vor der Pest und den Judenpogromen nach Polen flieht. Kalman wird auf der gefährlichen Fahrt ermordet, Rachels Bruder Joschua bleibt bei einem Jahrmarkts-Fiedler und die 16-jährige Rachel schlägt sich zu Fuß bis Krakau durch. Dort wird sie von einem jungen Juden vor dem Ertrinken in der Weichsel gerettet und heiratet ihn später.

Zwei junge und nachdenkliche Ich-Erzählerinnen

Mirjam Pressler stellt in den Mittelpunkt ihres klar konstruierten Romans zwei junge Ich-Erzählerinnen, die beide mit nur einem Elternteil aufwachsen und ungewöhnlich reif und nachdenklich sind. Eindrücklich geschildert sind auch alle anderen Romanfiguren - Rachels bärbeißiger Vater, Lauras vorwitzige Mutter oder Alexejs lebenskluge Oma - und eindrücklich sind auch Mirjam Presslers feine und präzise Schilderungen. So zeichnet sie kontrastreiche Bilder der mittelalterlichen jüdischen Welt, der Menschen, Bräuche und Riten. Außerdem verbindet sie die beiden Handlungsstränge durch gemeinsame Motive und ein ähnliches Happy End.
"Dunkles Gold" ist kein modernes Jugendbuch im Sinne von cool oder flott. Sondern ein sorgfältig, souverän und auch emotional erzählter Roman, der viele Aspekte und Ereignisse der jüdischen Geschichte beleuchtet. Ganz offen wirbt Mirjams Pressler für Psalm 15: "Wer seinem nächsten nichts Arges tut ..., der wird wohl bleiben." Worte, die man auch als das Vermächtnis dieser großartigen Schriftstellerin lesen kann und die zeigen, wie aktuell ihr Roman tatsächlich ist.

Mirjam Pressler: "Dunkles Gold"
Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2019
331 Seiten, 17,95 Euro, ab 14 Jahren

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