Energie für den Hausgebrauch

Miniwindräder als Zukunftsmodell

07:49 Minuten
Weiße Miniwindräder und Solar Panels auf einem Häuserdach vor blauem Himmel.
Vielleicht die Kombination der Zukunft: Miniwindräder und Solarpanels auf Eigenheimdächern könnten gemeinsam einen Teil des Energiebedarfs abdecken. © Imago / Steuccio79
Von Bastian Brandau · 21.06.2022
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Viele Eigenheimbesitzer und Unternehmen versuchen bereits, einen Teil ihres Stromverbrauchs selbst zu produzieren. Miniwindkraftanlagen könnten eine Lücke schließen, wenn im Winter die Sonne nur spärlich scheint, zeigt ein Beispiel aus Niedersachsen.
Über Fritz Ungers Kopf dreht es sich: ein graues Windrad, ungefähr mit der Dimension einer größeren Satellitenschüssel. Aufgestellt auf einem schmalen Metall-Masten. Der Fuß beschwert mit Betonplatten. Zwei Kabel führen vom Fuß der Anlage zum wenige Meter entfernten Dach und weiter nach unten.
Unger steht auf einem Flachdachhaus in Langenhagen bei Hannover. Er zeigt auf eine Skywind-Anlage mit vier Meter hohen Masten, die sein Büro mit Strom versorgt.
 „Dafür haben wir uns tatsächlich aus ganz praktischen Gründen entschieden", sagt er. "Mehr geht auf dieses Dach nicht drauf. Sonst bekommen wir Probleme. Da drüben, 500 Meter weiter, ist die Landebahn vom Flughafen. Das heißt, wir dürfen nicht höher werden, als das Gebäude eh schon ist. Das ist keineswegs optimal. Hier ginge viel mehr, auch ertragsmäßig.“ 

Auf dem eigenen Dach genehmigungsfrei

Doch das ist eine Idee hinter dem Konzept des 31-jährigen Fritz Unger: Anstatt lange den idealen Standort für eine Windkraftanlage zu suchen, kann man seine Anlagen dort aufbauen, wo es möglich ist. Auf dem eigenen Dach sei das meist genehmigungsfrei, sagt Unger.
Ein Mann mit Bart, der Unternehmer Fritz Unger aus Langenhagen, steht auf einem Dach neben einer kleiner kleinen Windkraftanlage.
Unternehmer Fritz Unger verkauft nicht nur Miniwindräder. Er deckt damit auch rund die Hälfte des Energiebedarfs in seinen eigenen Büroräumen.© Deutschlandradio / Bastian Brandau
Wenig Bürokratie, kein Zeitverlust. Fritz Unger stammt aus der Region Hannover, hat seine erste Firma noch in Schulzeiten gegründet und wurde damals von einer Zeitung als „Daniel Düsentrieb“ bezeichnet.
Einen Vermieter allerdings zu finden, der wie hier im Gewerbepark Langenhagen vor den Toren Hannovers bereit war, auf dem Bürokomplex ein Miniwindrad zu montieren, sei nicht leicht gewesen.

Was man in Normalhaushalten verbraucht

Aber jetzt erzeugt die Konstruktion Strom. Mit wie viel Leistung kann Unger rechnen? „Das ist eine Anlaufsituation, da sind wir so bei bis maximal 50 Watt", sagt er. "Wobei man auch das immer einordnen muss. Die Grundlast von einem normalen Haus sind im Normalfall so zwischen 100 und 200 Watt.“
Wer jetzt einwendet, das seien doch nur 50 oder nur 100 Watt, dem antwortet der junge Unternehmer: „Das ist durchaus das, was man im normalen Haus sowieso braucht.“
Er rechnet vor: Etliche Einfamilienhäuser hätten zwei solcher Anlagen. "Die brächten so viel Leistung, „wie das Haus dann in der Grundlast braucht“. Aber eben auch nicht mehr.

Anlagen in Südamerika und im Himalaya

Die Anlage der Firma Skywind trägt ihren Teil dazu bei, das Büro ein Stockwerk tiefer zu versorgen. Hier stehen nicht nur Computer und Büromöbel, sondern auch Windräder zur Ansicht. An der Wand Fotos von Anlagen auch in Südamerika oder dem Himalaya.
Fritz Unger geht zum Fenster, wo die Kabel von seiner Windkraftanlage vom Dach ins Büro führen. Hinter der Sturmabschaltung kommt der Wechselrichter – und danach geht der Windstrom direkt in die Steckdose.
Bei der Anlage seien das hier um die 500 Kilowattstunden im Jahr, sagt Unger. Das Büro liege so um die 950 Kilowattstunden. "Da muss man jetzt fairerweise dazusagen: Wir sind eine Windkraftfirma. Wir haben nur Laptops, wir sind sehr energieeffizient. Die Strahler, die wir hier sehen, sind allesamt LED-Strahler. Aber für uns ist es tatsächlich die Hälfte des Jahresbedarfs, die wir damit abdecken. Es ist schon ein sehr signifikanter Anteil, vor allem, weil wir natürlich hier in Hannover mittlerweile so bei 48 Cent die Kilowattstunde liegen. Die Anlage steht hier mittlerweile seit Anfang 2014. Die hat jetzt ihre acht Jahre voll."

Für wen lohnt sie eine Minianlage?

Doch für wen lohnt sich die Anschaffung einer kleinen Windkraftanlage auf dem Dach wie von Fritz Unger, mit einer vergleichsweise geringen Maximalleistung von einem Kilowatt? Gleich eine ganze Reihe von Absagen gibt es zu dem Thema bei Fachagenturen und Forschungsinstituten. Zu unbekannt oder unbedeutend, heißt es.
Aber der Bundesverband der Kleinwindkraftanlagen äußert sich, in Person von Joachim Sroka, ebenfalls ein Windkraftunternehmer. Aber seine Anlagen sind deutlich größer – bis zu 50 Meter hoch. Landwirte stellen sie sich auf ihr Gelände. Zu Kleinstwindanlagen auf dem Dach sagt er:

Wir haben zum einen in Haushöhe sehr, sehr starke Verwirbelungen durch Bäume, Sträucher, Nachbarobjekte und auch durch das eigene Haus. Die führen dazu, dass die Windanlage eben nur sehr wenig Energie aus dem Wind ziehen kann, weil der einfach so stark verwirbelt ist, dass man die Anlage eben nicht effektiv nutzen kann.

Joachim Skroka, Bundesverband der Kleinwindkraftanlagen

Gute Ergänzung

Effektiver sei es, solche Miniwindräder auf einen alleinstehenden Mast zu montieren, so Unternehmer Joachim Sroka. Das würde dann wieder einer klassischen Anlage gleichen – und auch eine mögliche Übertragung von Vibrationen auf ein Wohnhaus verhindern.
Aber auch wenn solche Kleinstwindanlage nicht die perfekte Windausbeute liefern, könnten sie eine andere Funktion erfüllen: eine Art Lückenfüller für Besitzer von Fotovoltaikanlagen. Die liefern zwar in der Regel den deutlich günstigeren Strom, aber eben nur solange die Sonne scheint. „Und genau da ist die Kleinwindanlage diejenige, die das Loch stopfen kann, da sie eben auch nachts läuft und insbesondere im Winterhalbjahr, wo die Winde doch deutlich stärker sind“, erläutert Sroka.

"Fang mit Fotovoltaik an"

„Die Kombination mit Fotovoltaik ist definitiv das, was weit über 90 Prozent der Anlagen realisiert haben“, sagt auch der Windkraftunternehmer Fritz Unger. Die Kombi empfehle er auch seinen Kunden, die unschlüssig seien, ob sie auf Sonne oder Wind setzen sollen. Allerdings:

Wenn du noch nichts davon hast, würde ich auch als Windkraftanlagenhersteller immer empfehlen: Fang mit Fotovoltaik an. Das ist die weiterverbreitete Technologie. Die ist einfach noch ein bisschen günstiger. Das ist quasi der Einstieg. Aber die hat natürlich auch ihr Ende. Ich kann nicht einfach eine immer größere PV-Anlage bauen und dann sagen: So, das löst jetzt alle Probleme. Dann habe ich nämlich auf einmal um die Mittagszeit herum, im Hochsommer, wenn es warm ist, wenn es hell ist, eine Riesenmenge Energie.

Fritz Unger, Unternehmer

Diese ins Stromnetz einzuspeisen, lohne sich angesichts der wenigen Cent Vergütung dafür kaum noch“, gibt Unger zu bedenken. Dann lieber eine Windkraftanlage installieren, die den teuer eingekauften Strom ersetzen kann, wenn die Sonne nicht scheint, sagt er.

Für Funkmasten in Somalia

Bald werde seine Firma die zehntausendste Kleinstwindkraftanlage verkaufen, berichtet der Unternehmer. Auf deutschen Einfamilienhäusern, Garagen oder Flachdächern sind sie damit bisher eine Rarität, aber sie versorgen auch schon Berghütten im Himalaya, Funkmasten in Somalia oder Kassenhäuschen auf einer Skipiste in den Anden.
Angefangen hat Unger als Windrad-Tüftler bei „Jugend forscht“, die Gründung seiner ersten Firma lief parallel zum Abitur. Mit 31 Jahren hat er bereits zwei Insolvenzen hinter sich. Nun aber sieht er sich mit seiner Idee, Windkraftanlagen im Set per Post zu verschicken, die andere Fachleute dann vor Ort montieren, gut positioniert. Unger gibt sich optimistisch.

"Wir müssen von den fossilen Energiestoffen weg"

„Es wird definitiv nur noch mehr werden", sagt er. "Und ich glaube, es wird auch schneller mehr werden, als es das jetzt schon tut. Einfach deshalb, weil es immer mehr Menschen werden auf dem Planeten. Und das Zweite natürlich: Weil wir einfach von den fossilen Energiestoffen wegmüssen. Da bleibt uns nicht so viel anderes übrig.“ Man könne es sich eigentlich nicht leisten, vorhandene Energie – sei es Sonne, Wind oder anderes – aus einer gewissen Dekadenz heraus nicht zu nutzen.
Auch den Vermieter seines Bürokomplexes hat er überzeugt. Auf dem Flachdach liefert neben dem Windrad inzwischen auch eine große Fotovoltaikanlage Strom.

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