Wenn man bedenkt, dass wir sonst Alleinunterhalter sind, ist da alles ruhig und still. Und jetzt, vor so einem großen Publikum, wo richtig applaudiert und angefeuert wird, – das ist auch eine Herausforderung für die Kinder, ihre Ponys dann im Trab zu halten.
Minitraber
Wenn Kinder bei Rennen starten, fahren sie im Sulky hinter Ponys. © Imago / Stephanie Gruttmann
Auf den Spuren der Großen
07:09 Minuten

Oft haben Randsportarten es schwer, Nachwuchs zu gewinnen – auch der Trabrennsport. Initiativen versuchen Kinder deshalb dafür zu begeistern, und zwar mit Ponys. Auf einigen Rennbahnen starten sie zwischen den Rennen der Großen.
Sonntagmittag auf der Trabrennbahn in Sonsbeck am Niederrhein: Eine der ländlichen Rennbahnen, die nur einen Renntag im Jahr haben und wo vielleicht nicht die allerbesten Pferde an den Start gehen, wo aber alle Beteiligten umso leidenschaftlicher bei der Sache sind.
Wenn das Rennen eine Herausforderung ist
Das gilt für einige Hundert Besucher am Geläuf, aber auch für die Akteure, ob Zwei- oder Vierbeiner. Ganz besonders jedoch für die Minitraber und ihre Organisatorin Tanja Müller. Es ist hier schon etwas anderes als auf den großen, aber leeren Bahnen wie in Gelsenkirchen oder Mönchengladbach.
Hinter den Stallungen kriegt man vom Verlauf des Renntages gar nicht so viel mit. Den Bahnsprecher hört man aus der Ferne und das Publikum. Die Minitraber spannen den kleinen Sulky hinter ihr Pony, oftmals mithilfe der Eltern, und gehen das Rennen in Gedanken schon einmal durch.
Pferde bis zu einer Größe von 107 Zentimetern
Minitraber, das sind Pferde bis zu einer Größe von 107 Zentimetern, die von 6- bis 16-Jährigen gefahren werden. Die Idee kommt ursprünglich aus Schweden, auf diese Art Kinder an den Trabrennsport heranzuführen. Das beinhaltet auch, sich an den Regeln der Großen zu orientieren.
„Galopp fahren zum Beispiel. Dass sie nur fünfmal angaloppieren dürfen mit ihren Ponys, sonst werden sie disqualifiziert. Sie dürfen im Rennen nicht rumschreien, sie dürfen nicht allzu viel die Peitsche gebrauchen. Das sollte auch nicht passieren. Sie müssen ordentlich angezogen sein. Das heißt, weißer Kragen, eine bunte Bluse oder eine Windjacke. Weiße Hose, schwarze Stiefeletten und Helm, ganz wichtig, ist Pflicht.“
Mehrere Initiativen organisieren Minitraberrennen
In Deutschland gibt es mehrere Initiativen, die Minitraberrennen organisieren. Allerdings nicht nach einheitlichen Regeln. Hier und da wird schon mal ein Auge zugedrückt, wenn ein Pony in den Galopp übergeht. Ob das den Kindern hilft, im Trabrennsport Fuß zu fassen, sei dahingestellt.
Allein schon, weil viele von ihnen aus Traberfamilien kommen, wie Theodor Arkenau.
Ich bin mit den Pferden groß geworden. Mein Opa hat das schon vor 35 Jahren gemacht. Und dann ist mein Vater mit reingegangen. Und dann bin ich auch mit reingekommen und habe da geholfen, hier noch mal ein Pferd genommen und bin auch als kleiner Mann schon, sechs, sieben Jahre alt, hinterhergelaufen. Dann bist du mal mitgefahren, hast Blut geleckt. Dann gab es das erste Pony, hat meine Mutter sich ein Pony gewünscht. Und dann haben wir den ersten Sulky gekriegt für die Ponys. Haben dann angefangen zu trainieren. Dann hieß es, da sind Ponyrennen, wollen wir mal vorbeigucken?
An sein erstes Rennen erinnert sich der 16-Jährige noch genau.
„Das war in Hamburg-Bahrenfeld, da waren nicht viele Zuschauer da. Ich hatte ein Pony, das ist jetzt bei uns aus dem Rennbetrieb rausgeholt worden. Das war das erste Rennen.“
Der finanzielle Aufwand bei den Minitrabern
Melina Melzer fährt seit 2015 bei den Minitrabern, kommt aus Essen und ist über ihre Mutter und einen Standortwechsel in Kontakt mit der Rennbahn in Gelsenkirchen und dann zu den Minitrabern gekommen. Sie trainiert fünfmal die Woche mit ihren Ponys. Das Hobby bedeutet Aufwand, auch finanziell.
„Ja, eine Box so für ein Shetty, mittlerweile so 180, 200. Dann kommt noch Futter hinzu und auch mal Geschirr, wenn das kaputt geht oder Tierarzt oder Wurmkur. Das ist dann zwar nicht jeden Monat, aber trotzdem, da hängen schon Kosten dran, ja.“
Ponys legen unterschiedliche Distanzen zurück
Kurz vor dem Rennen rückt aber all das in den Hintergrund. Zunächst werden die Ponys noch ein wenig warmgefahren, dann folgt die Parade, also die Vorstellung von Pony und Fahrern und Fahrerinnen.
Anders als bei den Großen starten die Ponys nicht auf einer Linie, sondern legen unterschiedliche Distanzen zwischen 600 und 700 Metern zurück. Damit nimmt man einerseits Rücksicht auf die unterschiedlichen Größen der Pferde, andererseits will man aber auch allen dazu verhelfen, erfolgreich zu sein oder mit hinteren Plätzen umzugehen.
„Der Sieger heute kriegt erst mal 15 Meter Zulage. Das heißt, er muss von seiner jetzigen Distanz 15 Meter weiter hinten starten.“
Jedes Rennen zählt zur Jahreswertung
Die Anzahl der Rennen hängt von den Sponsoren ab. Alle Minitraber sollen einen Pokal, eine Schleife oder wenigstens ein Andenken für die Teilnahme erhalten, so wünscht es sich Tanja Müller. Jedes Rennen ist übrigens Teil einer Jahreswertung.
„Es werden die Punkte gezählt, fürs Pony und für die Fahrer separat. Und am Ende des Jahres werden alle Punkte zusammengezählt - und dann haben wir eine große Championatsfeier. Dass der beste Fahrer, das beste Pony geehrt werden. Dann kommt noch dazu, wer das bestgepflegte Pony hat und einen Fairnesspreis vergeben wir dann auch noch.“
Beim Publikum kommen die Minitraber gut an. In Sonsbeck darf sogar vor Ort auf sie gewettet werden – nicht aber im Internet wie bei den Großen.
Melina Melzer wird Vierte.
„Ich bin damit zufrieden. Sie hat Probleme mit der Kulisse, sie kennt es nicht ganz so und ist nicht das spannendste Pony. Aber sie ist trotzdem gut gelaufen und hat das gut hinbekommen.“
Auch Enttäuschungen gehören dazu
Theodor Arkenaus Pony galoppierte und wurde disqualifiziert.
Trabrennsport, das heißt eben auch, mit Enttäuschungen umzugehen.
„Da ich sie jetzt zum ersten Mal richtig gefahren bin, habe ich wahrscheinlich mehr von ihr gelernt als sie von mir. Man muss mit Niederlagen leben, nächstes Mal wird es dann besser.“