Militärhilfe

Keine Waffen an den Irak!

Kurdische Kämpfer und Anhänger der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) schwenken bei Kani Masi im Norden des Irak ihre Waffen.
Kurdische Kämpfer schwenken bei Kani Masi im Norden des Irak ihre Waffen. © dpa / picture alliance / Barrak
Von Ulrich Leidholdt · 30.08.2014
Im Irak haben deutsche Waffen aber auch gar nichts zu suchen, kommentiert Ulrich Leidholdt, bei allem Respekt vor den kurdischen Kämpfern: Die Pflicht zur militärischen Hilfe liege bei denen, die den Schlamassel angerichtet haben, also bei den USA.
Für Obama stand frühzeitig fest: In der arabischen Welt ist die Demokratie auf dem Vormarsch, der Arabische Frühling besiegt den Terrorismus.
Alt-Kanzler Schröder sprach 2003 den meisten Deutschen mit seinem Nein zum Irakkrieg aus dem Herzen. Er hat recht behalten.
Heute erleben wir von Libyen über Syrien bis zum Irak die Folgen – Staatszerfall und Unrecht des Stärkeren: Vertreibung und Terror ungekannter Dimension bedrohen nicht nur die Region, sondern die Welt.
Deutschland solle mehr Verantwortung übernehmen fordert Bundespräsident Gauck. Ja, Deutschland gehen Krisenherde etwas an: Afghanistan, Gaza, Ukraine, Syrien, Irak. Wir erleben die Destabilisierung von Nordafrika bis Vorderasien am rasanten Aufstieg einer perfekt organisierten und motivierten Terrortruppe, die al-Qaida scheinbar zur Laienspielschar degradiert: Der Islamische Staat kontrolliert Syrien und Irak zu je einem Drittel.
Panik und Schockstarre des Westens
Auf das nur vordergründig überraschende Phänomen reagiert der Westen mit Panik oder Schockstarre. Rezepte gegen den Terror unter schwarzer Flagge wirken kurzatmig.
Was heißt das für Deutschland? Was lernen wir aus der Vergangenheit?
Die USA marschierten unter falschen Beweisen im Irak ein. Später zogen sie ruck, zuck ab, ließen ein religiös und ethnisch zerrissenes Volk und ein zerstörtes Land zurück. Von der versprochenen Demokratie keine Spur. Nicht anders Afghanistan. Dort war Deutschland militärisch dabei, weil man nicht außen vor stehen wollte. Deutsche Soldaten in Afghanistan - ein Fehlschlag. Nichts wurde nachhaltig besser. Im Irak profitiert der Islamische Staat von der unter US-Besatzung angeheizten Rivalität zwischen Sunniten und Schiiten, dem Komplett-Austausch der Eliten und der Unterdrückung von Minderheiten.
Wo hochgerüstete Terroristen keine Grenzen kennen und Zulauf haben sind Konzepte gefragt. 200.000 kurdische Peschmerga konnten die Islamisten zunächst aufhalten – ohne sie ständen die schwarzen Krieger bereits in Bagdad. Die Kurden brauchen Unterstützung. Auch militärisch.
Andere sind militärisch in der Pflicht
Keine Frage: Wer den Schlamassel angerichtet hat, ist gefordert, also die USA. Sie müssen für die Hinterlassenschaft der diktatorischen Politik ihrer Marionettenregierung in Bagdad gerade stehen.
Die Türkei ist ebenfalls in der Pflicht. Sie ließ ausländische Dschihadisten nach Syrien und zu den Radikalen vom IS ziehen - und wenn sie überlebten, auch wieder zurück.
Gefordert sind auch Katar und Saudi-Arabien. Sie päppelten Terrorgruppen in Syrien und Irak mit Dollar-Millionen, führten ihren Krieg gegen verhasste Schiiten und deren Sponsor Iran.
Wieso aber sollte Deutschland in diesem Konflikt Verantwortung übernehmen? Militärisch wohlgemerkt. Hier gilt auch heute uneingeschränkt Schröders Nein. Deutsche Waffen haben im Irak aber auch gar nichts zu suchen - bei allem Respekt vor den kurdischen Peschmerga und ihrem Kampf gegen IS. Die Kurden brauchen militärische und Luftunterstützung durch die USA und erhalten sie.
Waffen aus Deutschland - warum? Beispiele zeigen wie schnell vorgeblich Verbündete die gegen Lieferanten und Ausbilder richten und neue Gewaltregime errichten - von den USA benutzte Rebellen in Afghanistan und Nahost haben oft genug die Seiten gewechselt.
Kein naives und fahrlässiges Handeln
Diese Gefahr droht auch im Nordirak. Dort stehen den kurdischen Peschmerga momentan sonst verfeindete Kämpfer der PKK zur Seite. Die USA und Deutschland stufen die PKK als Terrororganisation ein. Für Berlin spielt das plötzlich keine Rolle mehr. Befürworter der Militärhilfe fordern blauäugig Bekenntnisse ein, deutsche Waffen dürften nicht für falsche Zwecke genutzt werden. Wie naiv ist das denn? Grob fahrlässig, wenn Deutschland Waffen in eine Region schickt, von der man offenbar wenig verstanden hat.
Deutsche Waffen, deutsches Geld mischen mit in aller Welt? – Nein: Waffen verbieten sich, schnell können denen, wie man weiß, auch deutsche Soldaten folgen. Finanzielle Unterstützung und Entwicklung ist dagegen Pflicht - nicht nur in diesem Konflikt. Flüchtlingsarbeit, Ausbildung und Wiederaufbau - das können wir. Oder gilt humanitäre Hilfe etwa nur als Unterstützung zweiter Klasse?
Mehr zum Thema