Mike Tyson: "Iron Ambition"

Vom hilflosen Teenie zur Kampfmaschine

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Der legendäre Moment: Mike Tyson (li.) beißt seinem Gegner Holyfield ein Stück des Ohres ab. © Hintergrund: AFP/epa
Von Thomas Jaedicke · 27.08.2017
Mit neun trank er Schnaps, mit elf prügelte er sich auf der Straße - dann nahm ihn der legendäre Boxtrainer Cus D'Amator unter seine Fittiche. Schließlich wurde Mike Tyson der jüngste Weltmeister der Boxgeschichte. In seinem neuen Buch erinnert er sich.
"Niemand wird dich besiegen können! Du wirst der jüngste Schwergewichtsweltmeister aller Zeiten!" Mike Tyson ist 13 Jahre alt, als er das hört. Der legendäre Boxtrainer Cus D´Amato bläut ihm diese Lektion täglich ein. Was Tyson bis dahin erlebt hat, ist übel: Ohne Vater als Sohn einer alkoholkranken Prostituierten in Brooklyn aufgewachsen, muss er früh lernen, sich zu behaupten. Schon mit neun trinkt er Schnaps.

Schnaps mit neun, Prügeleien mit elf

Mit elf prügelt er sich mit Männern, die beim Würfeln verlieren, aber ihren Einsatz nicht zahlen. "Lügen, klauen und kämpfen war alles, was ich konnte", schreibt Tyson schonungslos offen auch in seinem zweiten Buch "Iron Ambition". Nach seiner 38. Festnahme kommt der schwer verhaltensauffällige Junge in eine staatliche Erziehungseinrichtung aufs Land. Dort, in Catskill im Bundesstaat New York, nimmt ihn wenig später Cus D´Amato in sein Boxcamp auf.
Auch D´Amatos Leben war hart. Als Sohn eines italienischen Einwanderers, der in der Bronx als Kohlenhändler schuftet, um die vielköpfige Familie einigermaßen durchzubringen, muss er den frühen Tod der Mutter verkraften. Sein geliebter Bruder, ein erfolgreicher Boxer, wird von einem irischen Cop erschossen. Ausgestattet mit einem unbeugsamen Willen und getrieben von einem an Besessenheit grenzenden Gerechtigkeitssinn eröffnet er 1936 das Gramercy Gym in Lower Manhattan. "Abgesehen von der billigen Miete", erzählt Tyson, "wählte Cus diesen Ort, weil er wusste, dass er in so einem harten Viertel die besten Kämpfer finden würde."

Emotionale Abhängigkeit

Unter den Fittichen des eigenwilligen Italo-Amerikaners, dem Disziplin über alles andere geht, werden viele Talente zu großen Namen. 1956 coacht D´Amato den 21jährigen Floyd Patterson zum bis dato jüngsten Schwergewichtsweltmeister der Boxgeschichte. Doch dann fliegt der Meistermacher, der wegen Korruption seine Lizenz verliert, aus dem Geschäft. Sehr ausführlich tauchen Mike Tyson und sein Co-Autor Larry Sloman in die mafiose Boxszene der 50er und 60er Jahre ein. Dem Buch tut das nicht wirklich gut; es erschlägt den Leser seitenlang mit Namen und Zahlen.
Sehr stark ist dagegen, wie Mike Tyson seine emotionale Abhängigkeit von seinem Mentor, der ihn später sogar adoptiert, beschreibt. Einerseits kann er unter Cus D´Amatos hartem Regiment zum ersten Mal Selbstbewusstsein entwickeln. Andererseits fällt er den manipulativen Psychotricks seines Übervaters, der durch ihn die Rückkehr ins Boxgeschäft schafft, zum Opfer. Aus dem hilflosen Teenager wird eine gefährliche Kampfmaschine. "Ohne Cus war ich nichts. Ich konnte allein nicht denken." 1986, ein Jahr nach Cus D´Amatos Tod, unterbietet Mike Tyson Floyd Pattersons Rekord und wird mit 20 Schwergewichtsweltmeister. Es folgen Jahre im Drogenrausch und im Gefängnis. Erst spät hat Mike Tyson, wie er im Buch einräumt, gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen.

Mike Tyson/Larry Sloman: "Iron Ambition"
Englisch.
Little, Brown Book Group
465 Seiten, ₤ 14,99

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