Middewinterhorn

Archaische Solisten

Ins Middewinterhorn bläst der Tischler Johann Meinderink am 18.12.1996 in Neuenhaus (Landkreis Grafschaft Bentheim) an der niederländischen Grenze, um die Finsternis in der Zeit zwischen dem 1. Advent und dem 6. Januar symbolisch zu vertreiben. Seine fünf Bläserkollegen im Hintergrund warten, bis er seinen Part beendet hat. Erst dann können sie nacheinander ihre Künste zeigen. Die aus Lärchen, Erlen- oder Birkenholz geschnitzten, etwa 1,40 Meter langen Middewinterhörner lassen sich nicht exakt aufeinander abstimmen und werden deshalb als reine Solo-Instrumente benutzt. In Deutschland gibt es nur noch rund zwölf Männer, die dieses Horn blasen können.
Middewinterhornbläser in Neuenhaus an der niederländischen Grenze © picture alliance / dpa / Ingo Wagner
Von Wolfgang Meyering · 02.01.2015
Es ist ein Klang, der nur in der Zeit zwischen dem ersten Advent und Heilige Drei Könige im Januar zu hören ist: der Klang des Middewinterhorns. Jedes Instrument ist ein Unikat mit einem eigenen Grundton und wird allein gespielt.
"Ganz früher, hat hier schon ein Bauer gewohnt, gar nicht weit entfernt von hier. Der blies auch schon das Middewinterhorn. Er hatte noch eines aus Blech, das er selbst gemacht hatte. Und dann ist das auch aus Holland herübergekommen, denn sein Bruder wohnte gleich in Holland an der Grenze und damit haben die beiden sich früher gegenseitig verständigt."
Bläser kündigen Geburt von Jesu Christi an oder alarmieren
Schon die Germanen sollen mit solchen Hörnern kommuniziert und den Beginn ihres Mondjahres am 21.Dezember begrüßt haben. So steht es in der Broschüre, die mir der Leiter der Middewinterhorngruppe Neuenhaus Veldhausen, Gerrit Jan Völker, mitgebracht hat. Heute wird mit den Middewinterhörnern die Geburt Jesu Christi angekündigt. Aber sie dienten auch schon mal dazu, um bei Feuer und anderen Notfällen die Nachbarn zu alarmieren. Oder um den Schmugglern an der Grenze zu signalisieren, dass die Zöllner im Anmarsch sind. Aber auch wenn sich die Spieler der Middewinterhörner heute zu Gruppen zusammenschließen, so kann man ihre Instrumente doch fast nie zusammen hören.
Völker: "Dieses Instrument wird nur einzeln geblasen und nicht in der Gruppe. Wir sind wohl eine Gruppe, aber jeder bläst einzeln. Denn die Töne sind alle verschieden. Das ist sehr wichtig."
Middewinterhörner sind immer Unikate. Das bedeutet, dass jedes Instrument einen anderen Grundton hat. Daher kann man nicht in der Gruppe zusammenspielen. Und das würde auch gar nicht der Tradition entsprechen. So spielen die einzelnen Mitglieder nacheinander. Bis zu sieben Obertöne kann man auf diesen Naturhörnern spielen.
Präziser Spielplan zeigt Bläsern den Einsatz
Bei den großen Middewinterhornwanderungen beiderseits der Grenze treffen sich die deutschen und niederländischen Gruppen und tausende von Zuschauern und Zuhörern begleiten sie. Und damit die Gruppen sich nicht gegenseitig behindern, gibt es ein System nach dem sie spielen.

Völker: "Genau nach Schema, drei Minuten. Und es sind drei Bläser oder vier Minuten vier Bläser. Die Stunden werden genau in einem Buch angegeben und danach kann man sich richten. Und vor allen Dingen auch die Wanderer. Sie können sich genau danach richten und wissen dann – aha, jetzt bläst dieses Gruppe und jetzt bläst diese Gruppe. Das geht immer nacheinander. Und es kann sein das das Schema so fällt, dass wir nur zweimal in der Stunden blassen müssen."