Michael Steinberg

Das neue Gesicht der American Academy Berlin

Gebäude der American Academy am Wannsee mit Gartenskulptur im Vordergrund.
Junge Talente aus der Politik, Kultur und Sozialwissenschaften dürfen in der American Academy am Wannsee mit großzügigen Stipendien forschen. Und hier treffen sich die großen Denker aus Politik und Kultur. © picture-alliance / Berliner_Kurier / Schneider Petra
Von Claudia van Laak · 31.03.2016
Die American Academy in Berlin steht für den intellektuellen Austausch zwischen Deutschland und den USA. Nun hat sie mit Michael Steinberg einen neuen Chef. Und der hat große Pläne, um auch ein jüngeres Publikum anzuziehen.
Erstaunlich schüchtern wirkt er, selbst wohlmeinende Fragen treiben Michael Steinberg Schweißperlen auf die Stirn. Vielleicht liegt es daran, dass er im Deutschen noch auf der Suche ist - trotz seiner Vorfahren:
"Ich bin der Sohn von zwei ausgewanderten deutsch-jüdischen Eltern, mein Vater ist in Pforzheim geboren, meine Mutter in Düsseldorf, meine Frau ist auch in Düsseldorf geboren, was ein interessanter Zufall ist."
Michael Steinberg - 59 Jahre alt - wird ab August die American Academy leiten. Eine geistige Luftbrücke ist diese Akademie, ein Ankerplatz für US-Intelligenz in Deutschland. Bekannte Stipendiaten wie Susan Sontag oder Arthur Miller waren in der Villa am Wannsee zu Gast, Michael Steinberg selber schrieb hier an einem Buch über deutsch-jüdische Geschichte und lernte Daniel Barenboim kennen. Später arbeitete der heutige Professor für Geschichte, Musik und German Studies als Dramaturg an der Staatsoper Unter den Linden und der Mailänder Scala.
"Diese Verbindung zwischen dem Universitätsleben und dem Opernleben ist für mich sehr wichtig."
Zurzeit ist Michael Steinberg mit einer Gruppe von Studenten - ein Teil von ihnen Musiker - in Berlin. Beeindruckt von der Willkommenskultur in Deutschland haben sie ein Jazzkonzert gegeben - in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof, jetzt Notunterkunft für mehrere tausend Flüchtlinge.
"Deutschland hat im 20. Jahrhundert die Flüchtlingsfrage produziert und jetzt angefangen, das zu lösen - in diesem Jahrhundert. Das ist als historischer Vergleich unglaublich wichtig."

Wenige Intellektuelle eignen sich als Chef der American Academy

Der künftige Präsident der American Academy möchte die Denkfabrik stärker öffnen. Veranstaltungen in der Mitte der Hauptstadt statt abgeschieden am Wannsee schweben Michael Steinberg genauso vor wie stärkere Kooperationen mit Berliner Universitäten. Ein jüngeres Publikum will er ansprechen und stärker Themen setzen - die Integration von Migranten zum Beispiel.
"Die Aufgabe der Künste in dieser Integrationsarbeit. Die Rolle zum Beispiel der Oper an verschiedenen Orten der Welt. Und es ist mir unglaublich interessant geworden, dass die neue Generation von Opernsängern mehr in Kapstadt geschaffen wird als an anderen Orten der Welt. Da ist unglaublich interessant für die Opernkultur, für die Globalisierung."
Die American Academy tat sich lange schwer, einen neuen Präsidenten zu finden. Nicht viele Intellektuelle passen in das Profil. Zuhause in beiden Kulturen und Sprachen soll er - oder sie - sein. Der kommissarische Präsident der Akademie Gerhard Casper - früherer Präsident der Stanford University:
"Wir haben sehr gesucht und sind sehr erfreut, Michael Steinberg gefunden zu haben. Wir wollten jemanden haben, der aus der Universität kommt. Und wir wollten natürlich jemanden haben, der vor allem in den Geisteswissenschaften wirklich zuhause ist."
Als "Liebe-Hass-Verhältnis" sieht Michael Steinberg die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Ab August soll er sie in Berlin vertiefen. Dass ihm mit seinem Umzug nach Deutschland der US-amerikanische Wahlkampf entgeht, darüber ist er nicht traurig.
"Überhaupt nicht!" (lacht)
Mehr zum Thema