MeToo in China

Mit Anspielungen gegen Zensur

05:21 Minuten
Ein Profilbild der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai. Sie trägt eine Schirmmütze und hält ihre linke Hand vor das Gesicht.
Die Tennisspielerin Peng Shuai hat dem Politiker Zhang Gaoli einen sexuellen Übergriff vorgeworfen. Nun ist sie aus der Öffentlichkeit verschwunden. © picture alliance / dpa / Photoshot / Bai Xue
Felix Lee im Gespräch mit Gesa Ufer · 05.11.2021
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Die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai erhebt schwere Vorwürfe gegen einen hochrangigen Politiker. Ihr Post war nach kurzer Zeit verschwunden. Trotz Zensur wird weiter über den MeToo-Fall gesprochen - mit ganz eigenen Tricks.
In China erreicht die dortige MeToo-Debatte die regierende Kommunistische Partei. Der Tennisstar Peng Shuai hat dem ehemaligen Vizepremier Zhang Gaoli vorgeworfen, sie zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben, berichtet der Journalist Felix Lee, ehemaliger China-Korrespondent der taz.
Darüber hat Peng über ihren Account auf einer chinesischen Social-Media-Plattform geschrieben. Zhang ist 75 und war Mitglied des ständigen Ausschusses des Politbüros. Er stand in der Vergangenheit weit oben in der Hierarchie von Staat und Partei, so Lee.

Posting verschwand

Nach der Veröffentlichung ist die Zensur sofort tätig geworden. Nach einer halben Stunde wurde das Posting gelöscht, genauso wie die Diskussion darüber. Auch der Name der Sportlerin und das Wort Tennis landeten auf dem Index.
Peng habe sich auch nicht mehr geäußert und sei aus der Öffentlichkeit verschwunden, berichtet der Journalist. Vermutlich sei sie nun, wie bereits andere Prominente zuvor, in Hausarrest. Diese seien, wenn sich die Stimmung beruhigt hatte, wieder zurückgekehrt und hätten anschließend nicht mehr über das Thema gesprochen.

Kreativer Umgang mit Zensur

Trotz der Zensur werde weiterhin über den MeToo-Fall diskutiert. "Das ist typisch. Die chinesischen Nutzer sind an Zensur gewöhnt", erläutert Lee. Die Internetuser seien sehr kreativ, indem sie Abkürzungen, Codewörter oder Anspielungen verwendeten. Auch würde der Name Peng beispielsweise durch den der US-Tennisspielerin Serena Williams ersetzt und der von Zhang durch den eines Premierministers in einer südkoreanischen Seifenoper.
Es gebe viel Kreativität, sagt Lee. Auch würden die anderen Nutzer die Anspielungen leicht verstehen. Doch es sei auch "ein Katz-und-Maus-Spiel, denn die Zensurbehörden sind auch Profi darin, all diese Codewörter und Anspielungen ausfindig zu machen und zu löschen", stellt der Journalist fest. Die Regel sei dabei, "dass der Staat schließlich doch am längeren Hebel sitzt".
Seit drei Jahren ungefähr sei auch die MeToo-Debatte in China präsent. Seitdem habe es mehrere prominente Fälle gegeben. Oft sei die Diskussion darüber von staatlicher Seite geduldet, vor allem wenn es den Interessen der Landesführung passte, berichtet Lee.

Kampagne der Regierung

So habe es vor einigen Monaten den Fall eines chinesisch-kanadischen Popstars gegeben, gegen den eine Frau Vorwürfe erhob. Der Mann wurde umgehend verhaftet und die entstandene Debatte zugelassen. Lee sieht dies im Zusammenhang mit einer Kampagne der Regierung gegen "exzessiven Reichtum von Prominenten".
Anderes sei es, wenn sich Vorwürfe wie nun von Peng gegen Vertreter der KP richteten. Diese passten der Parteiführung nicht, so Lee.
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