#metoo-Debatte bei "Anne Will"

"Bei diesem Thema verbietet sich das"

Eine Fernsehkamera ist im Studio von "Anne Will" aufgebaut.
Wieviel Macht hat die Bildregie? Eine Fernsehkamera im Studio von "Anne Will". © imago / Jürgen Heinrich
Volker Weicker im Gespräch mit Max Oppel · 13.11.2017
Während einer Sexismus-Diskussion bei Anne Will fährt die Kamera genüsslich den Körper von Verona Pooth ab. "Geht's noch?", fragten viele Zuschauer. Auch der Live-Regisseur Volker Weicker hält eine solche Kommentierung durch die Bildregie für unangemessen.
Während bei "Anne Will" über Sexismus diskutiert wird, zoomt die Kamera auf Verona Pooths rosafarbene High Heels und fährt dann von unten nach oben in Slowmotion die Beine der TV-Entertainerin ab. Was sollte das denn, fragten entsetzte Zuschauer in den Sozialen Medien.
Auch Volker Weicker, Professor für Live-Regie an der Kunsthochschule für Medien in Köln und einer der profiliertesten Live-Regisseure im deutschen Fernsehen, kann dieser Bildgestaltung wenig abgewinnen.

"Ich hätte sicherlich verzichtet"

"Ich glaube, dass sich das in der Situation und auch speziell bei dem Thema verbietet, quasi eine solche Einstellung zu machen", sagte Weicker im Deutschlandfunk Kultur. Die Aufgabe der Regie in solchen Polit- und Talkformate sei es, das Gesprochene zu dokumentieren, betont der Regisseur. "Wenn jetzt explizit über Beine gesprochen wird oder Schuhe oder Hände, dann ist es natürlich auch klar, dass man sie zeigt. Aber um damit so suggestiv etwas darzustellen, ich glaube, darauf hätte ich sicherlich verzichtet."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
TV-Live-Regisseur Volker Weicker© imago/Future Images
Bei Talkformaten könne die Regie das gesprochene Wort natürlich mit Zwischenschnitten verstärken, sagt Weicker. Zum Beispiel, wenn andere Talkgäste positiv oder negativ auf einen Diskussionsbeitrag reagierten.

Mit Kommentierungen zurückhalten

Eine eigene Kommentierung durch den Bildregisseur ist Weicker zufolge jedoch nicht angemessen. Da müsse man sich als Regisseur im Zaum haben. "Es gibt sicherlich Momente im Studio, wo mir gewisse Inhalte missfallen oder auch gewisse Argumente", sagt er. "Aber das kann ja nicht dazu führen, dass ich mich aufschwinge, um in einer Diskussionssendung dann jemanden halt gar nicht zu zeigen oder so in der Totalen, dass sich sozusagen seine Intensität verringert."

Inzwischen hat sich die Redaktion von "Anne Will" für den Fauxpas entschuldigt. "Diese Form der Bildführung widerspricht den redaktionellen und bildlichen Grundsätzen der Sendung. Der zuständige Regisseur bedauert den Fehler", äußerte die Pressesprecherin von Anne Will gegenüber mehreren Medien.

(uko)
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