Live aus der MET: „The Rakes‘ Progress“ von Strawinsky

Ein zerstörerischer Traum

Golda Schultz als Anne Trulove and Ben Bliss als Tom Rakewell in Stravinsky's "The Rake's Progress" in der MET New York.
Kleines Glück am Anfang: Anne Trulove (Golda Schultz) in den Armen ihres geliebten Tom Rakewell (Ben Bliss), dem das Kleinbürgerliche zu eng wird und am Ende vor Sehnsucht nach Anne wahnsinnig wird. © MET Opera / Ken Howard
11.06.2022
Igor Strawinsky komponierte 1951 seine einzige abendfüllende Oper: „The Rake’s Progress“. Der Hauptheld Tom Rakewell ist ein Parvenü par excellence. Auf seiner Glückssuche verliert er am Ende zwischen Kneipe, Spielhölle und Bordell seine große Liebe.
Als Igor Strawinsky im Mai 1947 in Chicago eine Ausstellung mit englischer Malerei besucht, weiß er sofort, dass er hier sein Thema für eine neue Oper gefunden hat. Die berühmte Kupferstichserie des englischen Renaissancemalers und Grafikers William Hogarth zieht Strawinsky magisch an. Schon im Mai des darauffolgenden Jahres beginnt er mit seiner Komposition. Es wird seine einzige, abendfüllende Oper werden.

Zu pralles Leben

„The Rake’s Progress“ erzählt die Geschichte von Tom Rakewell, einem Lustlümmel und Emporkömmling, der nach dem Motto „mehr Schein als Sein“ sein schnelles Glück sucht. Dabei setzt Tom Rakewell alles auf eine Karte, er verlässt seine Geliebte für ein ausschweifendes Leben in London und paktiert mit dem Teufel (Nick Shadow).
Eine Frau mit dunklem Bart in großer Robe unterhält sich wütend mit einem Mann, der am Tisch sitzt, die Beine darauf geschlagen hat, Zeitung liest und sehr gelangweilte Blicke zu ihr wirft.
Der Teufel hat Tom Rakewell (Ben Bliss) eingeflüstert, dass er die Bühnenattraktion Baba the Turk (Raehann Bryce-Davis) heiraten soll, an der er aber sehr schnell das Interesse verliert.© MET Opera / Ken Howard
Doch das Leben auf der Überholspur hat seinen Preis. Am Ende, man ahnt es, verliert er alles. Nick Shadow fordert seine Seele, Tom ist ruiniert und landet im Irrenhaus.

Alte Bilder und Alte Musik


Der „Augenmensch“ Strawinsky holte sich für seine Oper Anregungen aus der bildenden Kunst. Der sozialkritische Hogarth-Kupferstich liegt dann auch wie ein Schatten über den Akteuren und der Handlung (das Libretto schrieben W.H. Auden und Chester Kallmann), die durch schnelle, schroffe Situationswechsel gekennzeichnet ist.
Musikalisch arbeitete sich Igor Strawinsky phantasievoll an der Musikgeschichte, insbesondere an der Opera Buffa, ab. Strawinsky gelang ein Meisterwerk, dass es dennoch bis heute auf den Opernbühnen nicht leicht hat. Obwohl man sicher einem Wüstling wie Tom durchaus auch heute noch - hier und da – begegnen kann.

Auf der New Yorker Bühne

Die MET-Inszenierung von „The Rake’s Progress“ ist im London des frühen 18. Jahrhunderts angesiedelt. Ben Bliss singt den Titelhelden, Golda Schlutz ist die Geliebte Anne Trulove, Christian Van Horn ist als Nick Shadow zu erleben. Am Pult steht Susanna Mälkki.
Live aus der Metropolitan Opera New York

Igor Strawinsky
"The Rake's Progress"
Oper in drei Akten und einem Epilog frei nach William Hogarths Kupferstichen gleichen Namens
Libretto: Wystan Hugh Auden und Chester Kallman

Tom Rakewell - Ben Bliss, Tenor
Anne Trulove - Golda Schultz, Sopran
Nick Shadow - Christian Van Horn, Bassbariton
Baba - Alice Coote, Mezzosopran
Vater Trulove - James Creswell, Bassbariton
Sellem - Tony Stevenson, Tenor
Mutter Goose - Eve Gigliotti, Alt  
Wärter des Irrenhauses - Paul Corona, Bass

Chor und Orchester der Metropolitan Opera New York
Leitung: Susanna Mälkki

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