Messe "Biofach"

Teewurst - aber bitte vegan!

Messehostess präsentiert Bioprodukte an einem Messestand auf der "Biofach" - einer Messe für Bioprodukte
Messehostess präsentiert Bioprodukte an einem Messestand auf der "Biofach" - einer Messe für Bioprodukte © Imago / HRSchulz
Von Ernst-Ludwig von Aster · 12.02.2015
Vegane Kost boomt - vor allem junge Städter essen keine tierischen Produkte mehr, weder Käse, noch Milch, noch Eier. Auf Biomessen wie der "Biofach" finden sich mühsam nachgemachte Fleischprodukte ohne Fleisch. Wurst vegan - muss das sein?
Britta Diana Petri lächelt vertrauensvoll. Streckt den Messebesuchern ein Tablett entgegen. Darauf stehen Bio-Plastikbecher, gefüllt mit einem leuchtenden, grünen Getränk. Sieht aus wie Wackelpudding, ist es aber nicht.
"Da haben wir flüssiges Chlorophyll drin, ionisiertes grünes Wasser, wollen Sie mal probieren?"
Ein Probeschluck: Frisch der Geschmack, leicht säuerlich, grasig im Abgang.
"Dann haben wir drin Supergreens, das sind verschiedene Gräser und Kräuter, das ist ein, sehr grünes, sehr klares Getränk."
Garantiert ohne tierische Zusätze. Ohne Ei, Milch, Honig. Wie alles hier auf der veganen Ernährungsmesse.
"Es ist eine vegane Vitalkost: Roh, vegan, glutenfrei und mit sehr vielen Geschmackserlebnissen."
Britta Diana Petri wirkt entspannt im Messetrubel. Lange dunkle Haare, offenes Haar. Offener Blick . Mit 14 wurde sie Vegetarierin, mit 29 Veganerin, kurze Zeit später Rohkostlerin. Heute ist sie 54. Und bildet an der Rainbow- Akademie Ernährungsberater und Köche aus.
"Soll ich mal den veganen Apfelstrudel holen ...?"
Petri holt den Apfelstrudel. Eine Messebesucherin schluckt. Sie hat gerade ein Stückchen probiert. Garantiert teigfrei.
"Ich habe das Fruchtleder probiert. Ja, schmeckt mir sehr gut, ich mach das selber. Und ich bin in den Austausch gegangen, weil mir eine Sache noch nicht so gut gelungen ist, und da konnte ich jetzt viele Informationen bekommen ..."
Das Außenrum hier, das ist kein Teig, das ist nur aus Äpfeln zubereitet, das heißt, wir haben die Äpfel gemixt, haben die Äpfel getrocknet und haben Fruchtleder ..."
Petri stockt. Nein, "Leder", das ist doch zu tierisch für das vegane Zielpublikum.
"Man kann auch sagen, Fruchtvliese oder Fruchtlappen, wenn man nicht Leder sagen möchte ..."
Die Herstellung ist aufwändig. Handarbeit. Die Produkte natürlich teuer.
"Wo du für einen Eimer Mandelpüree 32 Euro fürs Kilo zahlst, oder Cashewkerne,... und für was wir es verkaufen, das ist weniger als der Selbstkostenpreis. Weil wir stehen auch noch alle da und bereiten es frisch zu."
Schmeckt wie Teewurst, ist aber Tofu
Ob V-delicious, Veggieworld, Rohvolution oder Pro-Vego – fast jeden Monat präsentiert sich Diana Petri mit ihrem Rainbow-Team auf einer anderen Messe. Das Publikum kommt, kaut und staunt ...
"Es kommen viele Leute, es kommt auch Publikum, was sonst nicht auf Fachmessen kommt. Wir hatten viele neue Begegnungen. Viele Menschen sind sehr überrascht über das, was wir hier anbieten."
Beim Naturkost-Großhändler "Terra" in Berlin landen die Produkte, die auf den Messen vorgestellt werden und sich durchsetzen. Geschäftsführer Meinrad Schmitt eilt durch große Kühl- und Lagerhallen. LKW rangieren auf dem Hof, entladen eine Palette Bio-Produke nach der anderen.
"Wir arbeiten dann heute Nacht bis 12 Uhr ein Uhr, ... das machen wir nicht gerne, aber das müssen wir machen, damit wir frische Ware in den Läden haben."
Bio boomt – seit Jahren. Vegan aber explodiert. Kochbücher, Restaurants, eine vegane Supermarktkette. 900.000 Menschen in Deutschland verzichten mittlerweile komplett auf tierische Produkte – vor allem unter dem jungen städtischen Publikum ist vegan angesagt.
"Vegan ist halt in den letzten zwei, drei Jahren in aller Munde und da haben wir auch schon immer ein sehr, sehr großes Sortiment."
190 Produkte sind im Angebot. Schmidt bleibt vor einem hohen Regal stehen. Vegane Kost vom Boden bis zur Decke. Das grüne Getränk ist nicht dabei. Noch nicht. Dafür: Chorizo, Paprika-Lyoner, Salami – das fleischlose Angebot für vegane Freunde des Fleischgeschmacks. "Schmeckt wie Teewurst" steht auf einer Verpackung.
"Vegane Produkte wie Teewurst, schmeckt wie Teewurst, ist aber Tofu ..."
Schmitt zuckt mit den Schultern, lächelt und schweigt. Er liefert, was die Kunden kaufen.
Auf der Messe, am Rainbow Stand, steckt die Besucherin einige Rezepte in die Papiertüte.
"Ich habe das als Weiterbildungstag heute bei mir eingeplant, weil ich Ernährungsberaterin bin und das auch gerne weitergeben möchte. Nee, und habe schon viele Informationen, tolle Gespräche hier geführt."
Und nicht immer war sie überzeugt. Wenn "vegan" auf dem Produkt prangte.
"Ich kann nur sagen, einige Zutatenlisten von den angebotenen Produkten sollte man genauer unter die Augen nehmen. Und man sollte, wenn es so ganz klein gedruckt ist, einfach liegen lassen."
Britta Diana Petri nickt zustimmend. Nimmt noch einen Schluck von ihrem Chlorophylldrink. Soja-Teewurst, Seitan-Schnitzel oder Gyros – das ist nicht ihr Geschmack.
"Wir müssen nicht versuchen Essen aus toten Tieren nachzumachen, wir müssen neue Dinge kreieren."
Die Rohkost-Veganerin schüttelt den Kopf. Die vegane Welt ist voller Geschmackswunder. Und voller Widersprüche.
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