Menschenrechte und Migration

"Wettlauf von Wegducken und Verantwortungslosigkeit"

Auf einem Lastwagen hocken Kinder neben Gepäck, sie fliehen aus Idlib nach Norden.
Flüchtende syrische Familien in Idlib. Für sie wie auch für die vielen Millionen anderen Flüchtlinge weltweit ist ein Migrationspakt überfällig, sagt Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt. © AFP / Aaref Watad
Heiner Bielefeldt im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 10.12.2018
Weltweit sind eine Viertelmilliarde Menschen auf Wanderung oder Flucht, weil ihre Menschenrechte verletzt werden. Der Klimawandel macht viele heimatlos. Höchste Zeit für einen multilateralen Migrationspakt, sagt der Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die UN-Vollversammlung feiert heute 70. Geburtstag. Zugleich soll an diesem Montag der UN-Migrationspakt in Marokko unterzeichnet werden.
Für den Menschenrechtsexperten Heiner Bielefeldt von der Universität Erlangen-Nürnberg ist ein solcher Pakt überfällig. Rund eine viertel Milliarde Menschen sind laut Bielefeldt weltweit auf Wanderung, weil Menschenrechte wie Religionsfreiheit, das Recht auf Bildung, die körperliche Unversehrtheit oder die gesundheitliche Versorgung in Gefahr seien. Und es würden immer mehr, sagte der ehemalige Leiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Deutschlandfunk Kultur.
"Wir müssen davon ausgehen, dass Migration noch einmal zunehmen wird - allein schon aufgrund von Klimaflüchtlingen: Die Erderwärmung ist ein Thema, das eine menschenrechtliche Gestaltung braucht", betonte er.

Erklärung von 1948: nur "zarte Hinweise" auf Migration

Die Allgemeine Menschenrechtserklärung von 1948 habe zur Migration nur "ein paar zarte Hinweise" gegeben, sagte Bielefeldt. Ein umfassendes Migrationsrecht gebe es dementsprechend nicht.
Einzelne Staaten seien mit der Migration überfordert, betonte er. Doch statt multilaterale Vereinbarungen anzustreben, gebe es "die fatale Tendenz, einfach die Schotten dicht zu machen, sich zurückzuziehen, einen Wettlauf von Abschreckung, von Wegducken, von Verantwortungslosigkeit mitzumachen", kritisierte Bielefeldt.
Der Theologe, Philosoph und Historiker Heiner Bielefeldt
Der Theologe, Philosoph und Historiker Heiner Bielefeldt© imago / epd
Die Staatengemeinschaft werde nur vorankommen, wenn sie ihr Vorgehen koordiniere. Dabei gehe es nicht primär um juristische Verbindlichkeit, sondern um "politisches Commitment". Ein Migrationspakt werde zwar nicht "unmittelbares Recht" schaffen können, könne jedoch rechtsbildend wirken, sagte der Menschenrechtsexperte.

(mkn)
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